Der Gott von Tarot
und der Ball wurde auf einer horizontalen Achse gedreht. Die Farben drehten sich hypnotisierend, und Paul wußte es, doch es war ihm gleichgültig.
„Du bist verwirrt, hungrig, müde und allein“, begann die Wahrsagerin. „Du brauchst Hilfe, aber du weißt nicht, wie und wo du sie suchen sollst.“
Paul nickte. „Programmierung“, sagte er bei einem schwachen Aufblitzen seines Gedächtnisses. „Deprogrammierung … muß fliehen … Drogen …“
Leicht zog sie die Augen zusammen. „Gib mir deine Hand.“
Paul streckte die Hand aus. Sie nahm die Handfläche und studierte die Linien. „Gemischter Typ, unklassifizierbar, aber mit Anzeichen psychischer Gaben“, sagte sie, als läse sie aus einem Buch ab. „Lange Lebenslinie, aber unterbrochen …“ Sie hielt inne und blickte genauer hin. „Aber da ist auch eine schwache Marslinie. Und eine Gabelung am unteren Ende.“ Sie blickte auf, und ihre Augen trafen sich. „Du hast ein langes Leben vor dir, aber bald … gerade jetzt … einen Unfall oder eine sehr schwere Krankheit. Du wirst überleben, aber in veränderter Form. Dein Leben wird niemals wieder das gleiche sein, und du wirst in einem Land leben und sterben, das nicht das deiner Geburt ist.“
„Sehr wahrscheinlich“, stimmte Paul zu.
„Deutliche Kopflinie, die aus dem Jupiterhügel aufsteigt und zum Mondhügel abzweigt. Du hast einen außergewöhnlich starken Intellekt und Ehrgeiz und wirst durch Phantasie und psychische Wahrnehmungsfähigkeit Erfolg haben.“
„Im Moment scheine ich nur zu versagen“, meinte Paul.
„Deine Hände wissen es besser als dein Kopf“, versicherte sie ihm. „Im Augenblick scheinst du im Fluß zu sein, aber du hast ausgezeichnete Kräfte.“ Sie wandte sich wieder der Hand zu. „Die Herzlinie steigt zwischen Jupiter- und Saturnhügel auf. Du hast sowohl die Fähigkeit zu idealistischer als auch zu leidenschaftlicher Liebe … und diese Liebe ist ungewöhnlich stark.“ Wieder sah sie ihm in die Augen. „Übrigens bist du ein höchst anziehender Mann. Ich könnte dir ein Angebot machen …“ Sie zuckte die Achseln und ließ den Schal herabgleiten, um den Busen zu zeigen. Amaranth in einer neuen Rolle spielte wieder mit ihrem Sex-Appeal.
„Ich will einfach nur meine Zukunft wissen“, sagte er.
Sie seufzte. „Schicksalslinie … sehr kurz, steigt nicht an bis zur Mitte der Handfläche, ist dann gut sichtbar und gegabelt. Du hast eine extrem schwierige frühe Lebensphase, wirst aber durch eigene Mühen Erfolg haben, besonders durch deine Phantasie. Die Glückslinie … klar und deutlich über dem Apollohügel. Du wirst Glück haben und in den späteren Lebensjahren Zufriedenheit.“
„Erzählst du mir nur, was ich hören will?“ fragte Paul. „Ich will nicht hören, was ich hören möchte! Ich meine … was meine ich denn eigentlich?“
„Ich sage dir, was mir deine Hand verrät“, beharrte sie. „Willst du eine andere Methode? Das Tarot …?“
„Nein, nicht Tarot!“
„I Ging?“
Paul kannte es nicht, und das in seinem Alter, daher war er mißtrauisch. „Nein.“
„Dann das Ouija?“
Auch damit verband Paul unangenehme Assoziationen; er betrachtete es als Kinderspiel, das man nicht ernst nehmen konnte. „Nein.“
„Dann also Astrologie.“
Verwirrt und verstört stand Paul auf. „Nein, ich will nicht mehr wissen! Ich will nur …“ Aber er konnte nicht weitersprechen, weil er nicht wußte, was er wollte, außer Befreiung von … was denn? Irgendein schreckliches Gefühl …
„Oder Weissagung durch Träume“, schlug sie vor. „Oder die Teeblätter. Oder auf der Stirn … du hast eine sehr ausdrucksvolle Stirn mit guten Saturn- und Jupiterlinien.“
Aber Paul ging schon hinaus, floh vor ihr. Er wußte, es gab Hunderte
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