Der Gott von Tarot
Rosenkreuzler, Spiritualisten, Moon-Leute, Gnostiker, die vom Flammenden Schwert …“
„Flammendes Schwert? Das ist ein Tarot-Bild. Ich meine, ein Tarot-Kartentyp.“
„Nein. Bitte entschuldigen Sie, wenn ich unangemessen die Umgangssprache benutze. Das ist mein Vorteil gegenüber jenen Glaubensgemeinschaften, das Sie bitte unbeachtet lassen. Das Flammende Schwert ist eine Publikation der christlich-apostolischen Kirche in Zion, deren Dogma lautet, die Erde sei flach und nicht rund.“
„Aber wie konnten sie dann auf einen anderen Planeten auswandern? Sie dürften doch gar nicht glauben, daß andere Planeten überhaupt existieren?“
„Das müssen Sie schon ein Mitglied dieses Kults fragen; vielleicht kann es Ihnen die wahrscheinlichsten Vernunftgründe dazu liefern. Ich fürchte, mir bleibt das verschlossen, aber mir ist es auch durch den Vertrag verboten, in Ihrer Gegenwart den Glauben anderer zu kritisieren. Lassen Sie uns einfach feststellen, daß im Glauben alles möglich ist. Ich bin sicher, Sie werden meine Position verstehen.“
„Das tue ich“, stimmte ihm Bruder Paul zu. Trotz seiner Griesgrämigkeit war der Pfarrer ein aufrichtiger, einsichtiger Mensch und guter Gastgeber. „Ich habe einmal die Definition eines Kindes gehört: ‚Glaube ist Vertrauen in etwas, von dem man weiß, daß es eigentlich nicht so ist.’ Das fiel mir gerade so ein.“ Er verstummte. „Hmm … ich wollte Sie damit nicht beleidigen, aber ich hatte nicht damit gerechnet, auf etwas wie Ihre Kirche zustoßen. Wie lauten Ihre Vorstellungen?“
„Ich bedauere, dies nur vage beantworten zu können. Ich habe beim Baum des Lebens geschworen, nicht zu versuchen, Ihre Gedanken durch Vorurteile von meinem eigenen besonderen Glauben zu vergiften.“
Doch die Haltung des Mannes war deutlich erkennbar! „Wegen des Vertrages?“
„Genau! Ich nehme nicht für mich in Anspruch, mit dem Vertrag übereinzustimmen, doch ich bin durch ihn gebunden. Die Mehrheit meint, eure fortgesetzte Objektivität sei der kritische Punkt. Ich will nur sagen, daß die Leitlinien der Zweiten Kommunistischen Kirche essentiell humanistisch sind und wir nur symbolische Verbindung mit den atheistischen Kommunisten auf der Erde haben. Wir sind theistische Kommunisten.“
„Ach ja“, meinte Bruder Paul abwesend. Gottesfürchtige Kommunisten – und der Pfarrer war offensichtlich dabei ehrlich. Aber das war kaum abnormaler als gottesfürchtige Kapitalisten. „Ich hatte den Eindruck, der Planet Tarot sei eine englischsprachige Kolonie; sind die hier vertretenen Religionen vornehmlich westlicher Prägung?“
„Ja. Ungefähr achtzig Prozent leiten sich aus abendländischchristlichen Ursprüngen ab; der Rest stammt von überallher. In diesem Sinne glauben die meisten hier an eine Gestalt Christus, wie Sie auch; daher hatte ich gesagt, Ihr Orden sei gut für diesen Zweck, wenn ich auch diesen Zweck in Frage stelle. Sie werden wahrscheinlich einen christlichen Gott finden, aber es gibt keine örtliche Kirche, die sie befriedigen müssen. Daher können Sie relativ unabhängig arbeiten. Der Ruf Ihres Ordens ist Ihnen vorausgeeilt; man weiß von den Visionisten, daß sie sich nicht in Glaubensdinge anderer einmischen, aber dennoch ihrem Glauben treu bleiben. Ich glaube, man wird Sie hier begrüßen.“
„Ich habe mir noch nicht klargemacht, daß meine Mission von der örtlichen Zustimmung hier abhängt“, meinte Bruder Paul ein wenig ironisch. „Was wollen sie denn tun, wenn sie mich nicht mögen? Mich zurück zur Erde verfrachten?“ Es gab natürlich für die Kolonisten keine Möglichkeiten, dies zu tun.
„Es gibt hier
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