Der Gott von Tarot
sehen.“ Noch eine sonderbare Betonung; entweder hatte der Pfarrer eine ganze Reihe sonderbarer Eigenschaften, oder Bruder Paul maß den unbedeutenden Nuancen in seiner Miene zuviel Bedeutung bei.
„Ihr Haus ist nach irdischen Maßstäben klein“, sagte Bruder Paul vorsichtig. „Ich fürchte, meine Gegenwart wird sie in Bedrängnis bringen.“
Der Pfarrer klappte eine Bank von der Wand ab. „Wir kommen schon zurecht. Ich bedaure, keine besseren Möglichkeiten zu haben. Aber wir sind eine Frontkolonie.“
„Ich wollte nicht Ihre Möglichkeiten hier kritisieren“, sagte Bruder Paul rasch. „Ich bin nicht wegen der Bequemlichkeit hergekommen, und dies hier würde ich kaum als Mangel bezeichnen. Sie haben ein bewundernswert massiv gebautes Haus.“
Die Frau stieg auf die Leiter und verschwand auf dem Boden. „Für sie ist jetzt Schlafenszeit“, erklärte Siltz. „Sie muß bei Nacht helfen, den Wald zu bewachen; daher muß sie sich nun darauf vorbereiten. Das ist der Grund, warum wir Platz genug für Sie haben.“
„Den Wald bewachen?“ fragte Bruder Paul verdutzt.
Pfarrer Siltz zog einige lange, schmale Streifen Holz hervor und begann sie zu etwas wie einer Decke zu flechten. „Bruder Paul, Holz ist bei uns von allergrößter Bedeutung. Dieses Haus ist daraus erbaut und damit isoliert; wir stellen Möbel daraus her, Waffen, heizen damit. Auf unsere Weise verehren wir so Gott, weil unser Bedarf daran so dringlich ist. Wir bekommen es aus einem entfernt gelegenen Wald und schlagen es mit unseren eigenen Händen unter Bewachung gegen die Raubtiere des Gebirges. Wir wagen es wegen der Animationen nicht, unser Dorf in der Nähe des Waldes zu errichten; zu dieser Jahreszeit suchen sie diese Gegend heim, während sie hier nur selten auftauchen. Die anderen Dörfer auf diesem Planeten befinden sich in ähnlicher Lage, damit sie fern von der Bedrohung sind. Wir treiben nur wenig Handel mit den anderen Siedlungen. Im Winter fällt der Schnee bis zu einer Höhe von acht Metern.“
„Acht Meter!“ wiederholte Bruder Paul ungläubig.
„Und isoliert uns von der minus fünfzig Grad kalten Erdoberfläche. Diejenigen, die ihren Vorrat an Brennholz vor dem Wintereinbruch verfeuern, müssen ihre Möbel und Stützbalken verbrennen oder sterben, und wenn sie soviel verbrennen, daß der Schnee ihr Haus zum Einsturz bringt, müssen sie ebenfalls sterben.“
„Kann man nicht Tunnel durch den Schnee graben, um in das nächste Haus zu gelangen und mit den Nachbarn zu teilen?“
„Wenn die Nachbarn zufällig den gleichen Glauben haben.“ Der Mann runzelte die Stirn. Bruder Paul vermutete eine weitere Komplikation dieser Gesellschaft. Familien mit verschiedener Religion würden ihre Vorräte nicht teilen, selbst wenn es darum ging, Leben zu retten? „Jene, die mehr nehmen als das ihnen zugewiesene Holz, bringen das Leben anderer in Gefahr. Auf diesem Planeten gibt es keine Todesstrafe – außer für Holzdiebstahl. Der Baum des Lebens darf nicht beleidigt werden!“ Das Gesicht des Pfarrers war rot angelaufen; er fing sich jedoch wieder und mäßigte seinen Ton. „Wir befinden uns hier in einer schwierigen Situation; es ist eine gute Welt, aber auch eine rauhe. Wir sind nicht eins im Glauben und können einander kaum vertrauen, geschweige denn, die lächerlichen religiösen Gebräuche des jeweils anderen begreifen. Das ist der Grund, warum Ihre Mission so wichtig ist. Sie sollen entscheiden, welcher Gott der wahre Gott von Tarot ist.“
Bruder Paul begann, diese Verbindung zwischen Gott und Holz zu akzeptieren. Ohne Holz würden diese Menschen nicht überleben, und das wußten sie auch. Aber das reichte nicht als Begründung für
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