Der Gott von Tarot
Bruder Paul.
Er hatte sogar eine Vorliebe für heftige Stürme; sie verdeutlichten ihm die Kraft der Natur.
Aber der Mann war schon zurück ins Haus gegangen. „Es ist nicht nur Wasser“, rief er von innen. „Großfuß lauert in Regen und Schnee!“
Großfuß? Paul kannte Legenden von der Erde über den Yeti, Sasquatch, den entsetzlichen Schneemenschen, den Skunkaffen und Bugbear; man konnte ihn sogar einen Fan von Großfuß nennen. Mit der kulturellen und technologischen Rezession auf der Erde, verursacht durch die Entvölkerung, waren diese Geschichten an Anzahl und Eindringlichkeit gewachsen. Er glaubte, daß die meisten Berichte über riesige, menschenartige Monster lediglich übertriebene Wahrnehmungen abgerissener, vielleicht schlechter Menschen waren. Ein zerzauster, zerlumpter, schmutziger und verzweifelter Mensch konnte jedermann in Schrecken versetzen, besonders wenn man ihn in der Dämmerung auf seiner Suche nach Nahrung erblickte. Ob nonhumane Monster existierten – wer konnte das schon sagen? Aber Bruder Paul hoffte darauf, denn es würde die Erde gewiß noch interessanter machen.
Pfarrer Siltz tauchte mit einem Armvoll Brettern wieder auf. Rasch baute er zwei Hälften aus Holz zusammen, eine jede von einem Meter Durchmesser und von bösartig wirkenden Spitzen umgeben. Sonderbare Becher! Hatte dies auf symbolische Weise mit dem Sturm zu tun? Wasser, die Kelche des Tarot?
„Man setzt sich den Rahmen auf die Schultern und schnallt ihn unter den Armen fest“, erklärte Siltz. „Wenn der Sturm eine Pause macht, bewegen Sie sich damit und werden geschützt sein. Lassen Sie nicht den Feind hinein; er könnte sie forttragen. Wenn Großfuß kommt, vertreiben Sie ihn … es … mit den Spitzen.“ Siltz mußte sich offensichtlich bewußt klarmachen, daß das Monster nichtmenschlich war. „Und denken Sie daran, ich werde bei Ihnen sein.“ Und dann legte der Pfarrer seinen eigenen Schutzmantel an.
Der schirmartige Becher senkte sich um Bruder Pauls Schultern. Er konnte kaum noch etwas sehen. Er wollte bei seinem Gastgeber bleiben, doch das war lächerlich.
Pfarrer Siltz geleitete ihn über den weichen Boden an dem nun verlassenen Holzstoß vorbei (nur zwei Wachen mit Dreizacks standen dort) auf ein größeres Gebäude oben auf einem kleinen Hügel zu. Trotz der behindernden Umhüllungen kamen sie rasch voran.
Es donnerte nur noch wenige Male, überflüssige Erinnerungen an die Heftigkeit des Sturmes. Die Wasserwand befand sich nun einen Kilometer weit entfernt und peitschte die Oberfläche des Sees mit solcher Gewalt, daß dort augenscheinlich kein Horizont mehr zu sehen war, nur noch Gischt. Wegen der Behinderung durch den Holzbecher konnte Bruder Paul ohnehin nicht viel sehen. So blickte er also auf seine Füße und die seines Begleiters und ging weiter in dem Gefühl, eine Tonne auf Beinen zu sein, während seine Gedanken sich mit Großfuß beschäftigten. Konnte es hier auf dem Planeten Tarot ein ähnliches Wesen geben? Oder war das nur Aberglauben der Pioniere? Bei all diesen bruchstückhaften religiösen Kulten wäre es keine Überraschung, einen starken Glauben an das Übernatürliche vorzufinden. Aber wenn es wirklich …
Ein plötzlicher, letzter Donnerschlag riß ihn fast um. Noch niemals hatte er einen derartigen Schock verspürt. Er war taub und benommen und starrte zu Boden, spürte, wie sich sein Haar sträubte, und nahm ein sonderbares Kitzeln am ganzen Körper wahr. Das Haar war elektrisch aufgeladen und er selber auch! Sicher würden noch mehr Blitze kommen, und das gefiel ihm nicht. Es hatte genau gestimmt, was man über die rauhen Bedingungen auf diesem Planeten gesagt hatte. Keine
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