Der Gott von Tarot
planetarischen Ausdruck und Geschenk Gottes. In der Tat versuchen wir herauszufinden, welcher Gott der Baum eigentlich ist.“
„Sie sehen Gott als … physikalisches Objekt? Als einen Baum? Holz?“
„Nicht ganz. Wir müssen hier zusammenhalten, um zu überleben. Und nur durch den Baum können wir das erreichen. So ist der Lebensbaum der Gott von Tarot.“ Er versuchte eines seiner seltenen Lächeln. „Ich sehe, Sie sind verwirrt. Kommen Sie, essen Sie und ruhen sich in meinem Heim aus, und dann versuche ich, es entsprechend dem Vertrag so genau wie möglich zu erklären.“
Bruder Paul nickte, wagte aber nicht etwas zu sagen, um in seinem Unwissen nicht noch mehr Fehler zu begehen. Diese eingeborene planetarische Kultur war viel sonderbarer, als er sie sich vorgestellt hatte.
4
Macht
Es kam, eh die Jahre entstanden,
Zur Erschaffung der Menschen heran:
Die Zeit mit den Thränen zu Händen,
Der Gram mit dem Glase, das rann,
Die Lust mit der Hefe der Qual,
Der Sommer, der Blumen gestreut,
Erinnrung, vom Himmel ein Strahl
Und Wahn, den die Hölle uns beut;
Und es ward die Lust und das Wehe,
Und Abscheu und Liebe zugleich,
Das Leben nachher wie ehe,
Und Tod in jedem Bereich,
Seine Sprache ist Feuer, das sprüht,
Die Lippe folgt seinem Gebot,
Sein Herz ist von Wünschen durchglüht,
Und voraus sieht sein Auge den Tod.
Er webt, und ihn kleidet nur Hohn,
Er sät und erntet nur Kummer,
Sein Leben ist eine Vision,
Ein Wachen von Schlummer zu Schlummer.
Charles Algernon Swinburne,
Atalante in Calydon {1}
Die Hütte von Pfarrer Siltz war ebenso wie die anderen, unterschieden lediglich durch das Symbol von Hammer und Sichel über der groben Balkentür. Sie war klein, aber gemütlich und gut aufgeräumt. Wände und Decke waren mit groben Planken getäfelt, deren Maserung dennoch erstaunlich aussah: das Holz des örtlichen Baums des Lebens. Eine Holzleiter führte an der hinteren Wand in die Dachkammer. Es gab keine Fenster, nur Luftschlitze, um Regen oder Wasser abzuhalten. In der Mitte des Raumes stand, alles andere beherrschend, der Ofen.
„Oh, ein luftabgeschlossener Seitenzugofen“, bemerkte Bruder Paul anerkennend. „Mit Kochplatte und Backofen. Ein sehr kompaktes und leistungsfähiges Gerät.“
„Sie verstehen etwas von Öfen?“ fragte Pfarrer Siltz, plötzlich viel freundlicher.
„ Ich habe eine Hand für Geräte“, antwortete Bruder Paul. „Nicht daß ich mich für einen Experten halte, aber in unserer Ordensstation heizen wir mit Holz, und es war meine Aufgabe, das Brennmaterial aus dem Wald zu holen. Ich bewundere gute Geräte, wenn ich es auch für eine Schande halte, zu vergeuden, was Gott hat wachsen lassen.“ Aber hier verbrannten die Leute das Holz des Baumes, den sie verehrten. Oh, er wurde neugierig auf die Zusammenhänge hier!
Dann kam eine Frau herbei. Sie war mittleren Alters und von angenehmem Äußeren. Er hatte sie vorher nicht bemerkt, weil der Ofen seine Aufmerksamkeit gefesselt hatte – was man als Zeichen für seinen gegenwärtigen verwirrten Zustand nehmen konnte. Ihr Haar war dunkelbraun und so geflochten, daß es der Rinde eines Baumes ähnelte. Nun fiel Bruder Paul wieder ein, daß er bei einigen anderen Frauen, die draußen arbeiteten, ähnliche Haartrachten gesehen hatte. Sonderbar, aber nicht unansehnlich. Noch eine Ehrerbietung gegenüber dem Lebensbaum.
„Meine Frau“, sagte Pfarrer Siltz, und sie nickte. Bruder Paul hatte noch nichts beobachten können, was auf diesem Planeten auf eine Gleichstellung der Frau mit dem Mann hindeutete, doch er hütete sich, zu diesem frühen Zeitpunkt Annahmen aufzustellen. „Mein Sohn ist bei der Arbeit; wir werden ihn heute Abend
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