Der Gott von Tarot
Beispiel. Das Tarot-Äquivalent zur Kartenfarbe Herz. Geschieht das bewußt?“
Jeder am Tisch lächelte. „Natürlich“, stimmte der Dekan zu. „Jede Sekte hier hat ihre eigenen Tarot-Karten oder zumindest eine Variante. Das ist Teil unseres gemeinsamen Respektes vor dem Baum des Lebens. Wir sind nicht der Meinung, daß dies mit unserem jeweiligen Glauben in Konflikt gerät; es verstärkt ihn sogar und bietet uns allen eines der wenigen gemeinsamen Bande, die uns zur Verfügung stehen.“
Bruder Paul nickte. „Es scheint, die Tarot-Symbolik war immer schon mit diesem Planeten verbunden, mit Visionen aus den Karten …“
„Keine Visionen“, korrigierte ihn der Dekan, „sondern Erscheinungen. Sie sind berührbar, manchmal gefährliche Manifestationen.“
„Aber keine physischen“, sagte Bruder Paul in der Erwartung, die Behauptungen von Pfarrer Siltz abklären zu können.
„Aber sicher physische! Daher verlangen wir ja auch Ihren Schutz bei der Untersuchung. Hat der Kommunist Sie nicht informiert?“
„Doch, ich blieb aber skeptisch. Ich sehe wirklich nicht, wie …“
Der Dekan zog ein Kartenspiel heraus. „Erlauben Sie mir, es zu demonstrieren, wenn meine Begleiter von den anderen Glaubensrichtungen nichts dagegen einzuwenden haben.“ Er blickte sie reihum an, doch keiner widersprach. „Wir befinden uns im Moment in einem Sturm. Es kann möglich sein, daß …“ Er nahm eine Karte heraus und konzentrierte sich.
Zweifelnd beobachtete ihn Bruder Paul. Wenn der Mann irgend etwas Physisches aus der Luft gestalten wollte …
Auf dem Tisch erschien eine Gestalt, bildete sich wie aus einer Wolke, verschwommen, doch klarer werdend. Es war ein Stift oder ein Eßstäbchen …
„Stab-As!“ rief Bruder Paul aus.
Dekan Brown gab keine Antwort. Er konzentrierte sich auf seine Erscheinung. Still war Pfarrer Siltz zurückgekehrt und nahm die Bemerkung auf. „Nun glauben Sie doch sicher, der Lemure habe ohne Substanz eine Form gebildet, ein Spiegelbild aus der Karte, die er vor sich hat. Aber Sie werden sehen.“
Siltz streckte die Hand aus und nahm den kleinen Stab zwischen Daumen und Zeigefinger. Seine Hand fuhr nicht hindurch, wie es bei einem bloßen Bild der Fall gewesen wäre; der Stab bewegte sich genauso wie es ein realer getan hätte. „Nun berühre ich Sie damit“, sagte Siltz. Er stieß das eine Ende in Bruder Pauls Handrücken.
Er warfest. Bruder Paul spürte den Druck und dann ein brennendes Gefühl. Er zog ruckartig die Hand beiseite. „Er ist heiß!“ Bei diesen Worten flammte der Stab an dem Ende auf wie ein gezündetes Streichholz. Siltz ließ ihn auf den Tisch fallen, wo er weiterbrannte. „Feuer – die Realität hinter dem Symbol, die Kraft der Natur“, sagte er. „Bitte etwas Wasser …“
Der Repräsentant des Islam zog aus seinem Spiel eine Karte. Er konzentrierte sich. Es bildeten sich zwei verzierte Goldkelche. Dekan Brown griff nach einem und goß den Inhalt über den brennenden Stab. Ein Zischen, und eine Dampfwolke stob auf.
Wollten sie ihn mit Zaubertricks verdummen? Bruder Paul kannte sich bei Taschenspielertricks aus; seine Finger waren ebenfalls ungewöhnlich geschickt. „Darf ich?“ fragte er und griff nach dem anderen Kelch.
Zu seiner Überraschung hatte niemand etwas dagegen. Er berührte den Kelch und hielt ihn ebenfalls für echt. Er hob ihn hoch, und er war schwer. Ungewöhnlich schwer; nur reines Gold konnte dieses Gewicht haben. Er tauchte einen Finger in die Flüssigkeit und schmeckte: Wasser. Er sprengte ein paar Tropfen auf seine Verbrennung, und es schien zu helfen. Dies war ein fester, berührbarer, echter Kelch und es war physikalisch gesehen auch echtes Wasser. Wasser, die Realität hinter dem
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