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Der Gott von Tarot

Der Gott von Tarot

Titel: Der Gott von Tarot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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Ant­wort kor­rekt ge­we­sen sei. Doch Bru­der Paul such­te nicht nach ei­ner sol­chen Ant­wort. Zu­erst muß­te er die Art der Ge­stalt sel­ber er­grün­den. Da­her stell­te er ei­ne her­aus­for­dern­de, aber nicht wirk­lich kri­ti­sche Fra­ge, ei­ne Test­fra­ge: „Was ist der Sinn der Re­li­gi­on?“
    „Der Sinn der Re­li­gi­on liegt dar­in, die See­len der Men­schen zu be­frie­den und sie ge­sell­schaft­lich und po­li­tisch folg­sam zu ma­chen“, ant­wor­te­te der Hie­rophant.
    Das über­rasch­te Bru­der Paul. Es spie­gel­te mit Si­cher­heit nicht sei­ne ei­ge­ne Mei­nung über Re­li­gi­on wi­der! Be­deu­te­te das, daß die Ge­stalt einen ei­ge­nen Ver­stand be­saß? „Aber was ist mit dem Fort­schritt des mensch­li­chen Geis­tes?“ frag­te er. „Was ge­schieht mit ihm, wenn er die­se Welt ver­läßt?“
    „Geist? An­de­re Welt? Aber­glau­be, der von den po­li­ti­schen Mäch­ten ge­pflegt wird“, ant­wor­te­te der Hie­rophant. „Nie­mand bei Ver­stand wür­de sich mit der Kor­rup­t­heit und Grau­sam­keit der­je­ni­gen ab­fin­den, die an der Macht sind, wenn er glau­ben wür­de, dies sei die ein­zi­ge Welt. Da­her ver­spre­chen sie ihm für spä­ter ein my­thi­sches Le­ben, wo die Nach­tei­le die­ses Le­bens kom­pen­siert wer­den. Nur ein Narr wür­de das glau­ben, was aber zeigt, wie vie­le Nar­ren es gibt. Bar­num hat­te nicht recht: Es wird nicht je­de Mi­nu­te ein Narr ge­bo­ren. Je­de Se­kun­de stimmt eher.“
    „Herr, ha­be Gna­de mit ei­nem Nar­ren“, mur­mel­te Bru­der Paul.
    „Ich hat­te le­dig­lich ge­dacht, Re­li­gi­on sei mehr als nur dies“, er­klär­te Bru­der Paul. „Ein Mensch braucht ei­ni­gen Trost an­ge­sichts des un­ver­meid­li­chen To­des des Kör­pers.“
    „Oh­ne Tod gä­be es kei­ne Re­li­gi­on“, ver­si­cher­te der Ho­he­pries­ter und we­del­te nach­drück­lich mit dem Zep­ter. Es schlug fast auf dem kah­len Schä­del ei­nes Mön­ches auf. Der Hie­rophant run­zel­te ver­är­gert die Stirn, und bei­de Mön­che ver­schwan­den. „Die Re­li­gi­on be­gann mit den Na­tur­geis­tern – dem Wald­brand, Flu­ten, Don­ner, Erd­be­ben und so wei­ter. Pri­mi­ti­ve Stäm­me ver­such­ten sich in der Ma­gie, um die Dä­mo­nen der Um­welt zu be­frie­den, und voll­zo­gen für die Ele­men­te Feu­er, Was­ser, Luft und Er­de Blu­top­fer, in der Hoff­nung, die­se wil­den Kräf­te zu wohl­tä­ti­ge­rem Ver­hal­ten um­stim­men zu kön­nen. Lies das Buch vom Ta­rot, und du fin­dest die­sen Spuk im­mer noch um­her­wan­dern in Ge­stalt der vier Far­ben. For­mel­le Re­li­gio­nen sind le­dig­lich ei­ne Ver­stär­kung die­ser Vor­stel­lun­gen.“
    Bru­der Pauls Er­stau­nen mach­te Zorn Platz. „Das ist ei­ne idio­ti­sche Be­ur­tei­lung der Re­li­gi­on“, sag­te er. „Ihr könnt doch nicht et­wa …“
    „Man hat dich ei­ner Ge­hirn­wä­sche un­ter­zo­gen mit in­tel­lek­tu­el­lem Non­sens, um dich kon­form zu ma­chen“, sag­te der Papst mit vä­ter­li­chem Be­dau­ern. „Man hat dei­ne ge­sam­te Exis­tenz in re­li­gi­öse Pro­ga­gan­da ge­bet­tet. In dein Ge­dächt­nis ist das Bild Cä­sars ein­ge­gra­ben und da­zu die Bot­schaft: ‚Wir ver­trau­en auf Gott’. Dein Be­stre­ben nach Ei­nig­keit un­ter dei­ner To­tem­flag­ge be­sagt: ‚Ei­ne un­teil­ba­re Na­ti­on un­ter Gott’. Warum sagst du nicht ‚Im Ver­trau­en auf Sa­tan’, denn der Sa­tan ist viel kon­stan­ter als Gott. Oder ‚Ei­ne Na­ti­on, die ei­nem al­ber­nen, ok­kul­ten Spuk auf­sitzt, der un­sicht­bar bleibt au­ßer im Macht­hun­ger …’“
    „Stop!“ rief Bru­der Paul. „Die­ses Sa­kri­leg kann ich nicht an­hö­ren!“
    Wis­send nick­te der Ho­he­pries­ter. „Du gibst al­so zu, das Op­fer ei­ner welt­wei­ten re­li­gi­ösen Kon­spi­ra­ti­on zu sein. Dei­ne Ob­jek­ti­vi­tät exis­tiert ge­ra­de so lan­ge, wie die Wahr­heit nicht in Kon­flikt mit den Dog­men dei­nes Kults ge­rät.“
    Bru­der Paul war wü­tend, aber nicht so wü­tend, daß er nicht den wah­ren Kern in die­sen Blas­phe­mi­en er­ken­nen konn­te. Die­se Kar­ten­ge­stalt lock­te ihn, stieß ihn her­um, zwang ihn, so zu rea­gie­ren, wie sie es woll­te.

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