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Der Gott von Tarot

Der Gott von Tarot

Titel: Der Gott von Tarot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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Die Er­schei­nun­gen wur­den durch sei­ne ei­ge­nen Ge­dan­ken be­herrscht. Wenn er ein Bild mit sich sel­ber dar­in ma­len woll­te, wer woll­te es ihm ver­bie­ten? Er leg­te die Schwert-Sechs auf.
    Das Bild er­schi­en. Der Fluß des Un­be­wuß­ten war zu ei­nem Strom des Be­wußt­seins ge­schwol­len. Die Brücke war ver­schwun­den; die­se Was­ser wa­ren da­für zu breit. Er konn­te das Schloß nicht mehr se­hen. Na­tür­lich war dies ein an­de­res Bild, auch ei­ne an­de­re Kar­te; die Kelch-Fünf stand für Ver­lust, wäh­rend Schwert-Sechs für ei­ne See­rei­se stand. Er hat­te au­gen­schein­lich die Fünf ver­lo­ren, doch die Sechs ge­won­nen.
    Er er­blick­te ein klei­nes Ge­fährt auf dem Was­ser. Es war ein fla­ches Boot, in dem ei­ne Frau und ein Kind so­wie ein Mann, der das Boot über den Fluß ru­der­te, sa­ßen. „War­te!“ rief Bru­der Paul in plötz­li­cher Angst, doch sich auch des Wort­spiels be­wußt: Wait! {2} war auch der Na­me des Au­tors die­ses Ta­rot­kar­ten­spiels. „Ich will mit!“ Doch sie ach­te­ten nicht auf ihn, weil sie sich au­ßer Hör­wei­te be­fan­den, wenn sie über­haupt re­al exis­tier­ten. Sie stamm­ten in der Tat von ei­ner an­de­ren Welt, die er nicht be­tre­ten konn­te.
    Er dach­te an die ver­schie­de­nen Aus­sprü­che des Hie­rophan­ten und spür­te wie­der den Zorn in sich auf­stei­gen. Er be­leb­te schließ­lich die­se Bil­der; er wür­de sei­ne Ant­wort be­kom­men! Sein Vor­ha­ben be­stand dar­in si­cher­zu­stel­len, ob die­sen Er­schei­nun­gen ir­gend­ein ob­jek­ti­ver Wert zu­kam oder ob sie al­le le­dig­lich ei­ne Rei­he sich ver­fes­ti­gen­der Vi­sio­nen sei­ner Ge­dan­ken dar­stell­ten. Wenn das letz­te­re zu­traf, dann hat­te er die Ant­wort schon ge­fun­den: Es gab kei­nen spe­zi­el­len Gott von Ta­rot. Wenn das ers­te­re zu­traf …
    Aber im Mo­ment ver­such­te er bloß, sei­nen Weg aus der Si­tua­ti­on her­aus­zu­fin­den. Er hat­te das Was­ser le­dig­lich pro­bie­ren wol­len, nicht in ihm er­trin­ken.
    Was­ser – ein aus­ge­zeich­ne­tes Sym­bol. Warum nicht den Be­weis an­tre­ten?
    Er sprang in den Fluß, wo­bei er fast er­war­te­te, auf har­tem Bo­den auf­zu­schla­gen, als er mit dem Bauch in der Rea­li­tät lan­de­te. Doch er tauch­te sau­ber hin­ein; es war nur der Schock des rich­ti­gen Was­sers, der ihn er­schreck­te. Es schäum­te um ihn her und zerr­te an sei­nen Klei­dern. Er hät­te sie vor­her ab­le­gen soll­ten. Aber er hat­te es nicht recht ge­glaubt …
    Wenn Glau­be der Schlüs­sel zu den Er­schei­nun­gen war, wie konn­te die­ses Was­ser dann trotz sei­nes Un­glau­bens echt sein?
    Doch sein Ein­tritt ver­än­der­te be­reits das Bild. Das Was­ser ver­flüch­tig­te sich; der Fluß wur­de klei­ner. Bru­der Paul rich­te­te den Blick auf die Leu­te im Boot, woll­te sich an sie hän­gen, um das Bild vor dem Ver­schwin­den zu be­wah­ren. Wenn er nur mit ih­nen re­den könn­te, die­sen Leu­ten aus dem Hin­ter­grund der Ta­rot­kar­ten, und sie fra­gen könn­te …
    Das Boot zit­ter­te. Der Mann flog hoch in die Luft, brei­te­te Flü­gel aus und glitt auf ei­ne nied­ri­ge Wol­ke, Die Frau al­ter­te rasch, wur­de runz­lig und ha­ger. Das Kind wur­de zu ei­ner auf­fal­lend hüb­schen jun­gen Da­me.
    Als Bru­der Paul sich ih­nen nä­her­te, dreh­ten sie sich zu ihm um. Er blieb in ei­ni­gen Schrit­ten Ab­stand vor ih­nen ste­hen, merk­te, daß er wie­der auf den Fü­ßen stand und sei­ne Klei­der durch­näßt wa­ren. Sein Blick glitt von ei­ner Frau zur an­de­ren, von der jun­gen zur al­ten. Er merk­te, daß dies kein Bild aus den Klei­nen Ar­ka­nen mehr war, son­dern aus den Großen. Das war die Ar­ka­ne Sechs, be­kannt als ‚die Lie­ben­den’.
    Nun, nicht not­wen­di­ger­wei­se. Die Sze­ne um­gab ei­ne ge­wis­se Ver­schwom­men­heit, es ent­stand der Ein­druck ei­nes viel­schich­ti­gen Bil­des.
    Na­tür­lich. Er hat­te kei­ne Kar­te aus den Großen Ar­ka­nen auf­ge­legt, hat­te nicht spe­zi­fisch nach ei­nem ‚großen Ge­heim­nis’ ge­sucht und in­so­fern kei­ne be­stimm­te Sze­ne fest­ge­legt. Das Bild ver­such­te, sich sel­ber aus dem Cha­os zu bil­den. Das durf­te er nicht

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