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Der Gott von Tarot

Der Gott von Tarot

Titel: Der Gott von Tarot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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Die ver­hüll­te Ge­stalt hör­te ihn und be­gann sich um­zu­dre­hen. Das Ge­sicht wur­de deut­lich sicht­bar. Aber es war kein Ge­sicht, nur ei­ne glat­te Haut­flä­che, wie das Ge­sicht ei­ner un­fer­ti­gen Schau­fens­ter­grup­pe.



 
6
Wahl
     
    Der Mensch scheint von Ge­heim­nis­sen fas­zi­niert zu sein. Ge­heim­nis­se und Ge­heim­ge­sell­schaf­ten hat es in der Ge­schich­te im­mer zahl­reich ge­ge­ben; ei­ni­ge wa­ren mit ei­ner gan­zen Klas­se von Men­schen ver­bun­den, zum Bei­spiel mit den In­itia­ti­ons­ri­ten für jun­ge Men­schen, an­de­re hat­ten mit der Re­li­gi­on zu tun wie auch mit den Mys­te­ri­en­kults der hel­le­ni­schen Welt. An­de­re wie­der­um hin­gen mit spe­zi­el­len In­ter­es­sen zu­sam­men wie ab­wei­chen­den Se­xu­al­prak­ti­ken, Bru­der­schaf­ten oder dem Ok­kul­ten. Die Ar­ka­nen des Ta­rot­spiels re­flek­tie­ren die­ses In­ter­es­se; das Wort ‚Ar­ka­num’ be­deu­tet Ge­heim­nis. Die Großen Ar­ka­nen sind die großen Ge­heim­nis­se, die Klei­nen die klei­ne­ren. Da­her über­rasch­te es nicht, wenn das Ta­rot­spiel Ge­gen­stand erns­ter For­schung durch ei­ni­ge Ge­heim­ge­sell­schaf­ten ge­we­sen ist. Die be­deu­tends­te Un­ter­su­chung wur­de durch den Her­me­ti­schen Or­den der Gol­de­nen Däm­me­rung durch­ge­führt, der 1887 als Zweig der Eng­li­schen Ro­sen­kreu­zer ge­grün­det wur­de, die sel­ber zwan­zig Jah­re zu­vor aus der Frei­mau­re­rei her­vor­ge­gan­gen wa­ren, die wie­der­um von den Stein­met­zen oder der Bauhüt­te ab­stamm­ten. Die Gol­de­ne Däm­me­rung hat­te 144 Mit­glie­der – in­ner­halb des ar­ka­ni­schen Kon­tex­tes ei­ne be­deut­sa­me Zahl – und wur­de zur Er­lan­gung von in­itia­to­ri­schem Wis­sen und Kräf­ten so­wie von Prak­ti­ken ze­re­mo­ni­el­ler Ma­gie ge­grün­det. Vie­le Per­sön­lich­kei­ten des täg­li­chen Le­bens wa­ren Mit­glie­der, wie Bram Sto­ker (der Au­tor des Ro­mans Dra­cu­la ) und Sax Roh­mer (Schöp­fer des Fu Man Chu ) . Ei­ner der Groß­meis­ter war der pro­mi­nen­te Dich­ter Wil­liam But­ler Yeats. Er führ­te den Vor­sitz bei vie­len Sit­zun­gen, an­ge­tan mit ei­nem schwar­zen Kilt, ei­ner schwar­zen Mas­ke und mit ei­nem gol­de­nen Dolch im Gür­tel. Heu­te je­doch kennt man die Gol­de­ne Däm­me­rung nur noch we­gen ih­rer Wir­kung auf das Ta­rot­spiel. Ar­thur Ed­ward Wai­te, Schöp­fer des be­kann­ten Ri­der-Wai­te-Spiels, war Mit­glied, eben­so Paul Fos­ter Ca­se, ein be­deu­ten­der Ta­rot­wis­sen­schaft­ler, wie auch Ali­sta­ir Crow­ley – von dem man sag­te, er sei der ver­derb­tes­te Mensch der Welt –, der das Thoth-Ta­rot-Spiel un­ter dem Na­men The­ri­on ent­wi­ckel­te. Crow­ley war ein hoch­in­tel­li­gen­ter und ge­bil­de­ter Mensch, Au­tor ei­ner Rei­he klu­ger Bü­cher, doch er kann­te star­ke Lei­den­schaf­ten, gab sich Dro­gen wie Ko­kain und He­ro­in hin, prak­ti­zier­te die Schwar­ze Ma­gie (bei ei­nem Fall starb ein Mensch, und Crow­ley saß meh­re­re Mo­na­te in ei­ner Ner­ven­heil­an­stalt; man hat­te den Sa­tan her­bei­ge­ru­fen) und be­saß ho­mo­se­xu­el­le Nei­gun­gen, die ihn da­zu brach­ten, daß er Frau­en de­mü­tig­te. Er kauf­te sich in Ita­li­en einen Land­sitz mit Na­men Ab­tei von The­le­ma, wo er sei­nen dunklen Ge­schäf­ten nach­ging, und die­ser wur­de bald be­rüch­tigt. Doch trotz al­ler Feh­ler des Schöp­fers blieb Crow­leys Thoth-Ta­rot-Spiel wohl das schöns­te und wich­tigs­te al­ler Kar­tenent­wür­fe und ist es wohl wert, von je­dem, der sich da­für in­ter­es­siert, stu­diert zu wer­den.
     
    Das Bild um ihn her zuck­te und wur­de ver­schwom­men. Bru­der Paul zö­ger­te, doch er er­kann­te so­gleich das Pro­blem: Sein Be­tre­ten der Er­schei­nung ver­än­der­te das Bild. Viel­leicht war es dem le­gen­dären chi­ne­si­schen Künst­ler – wie war doch gleich sein Na­me – ge­lun­gen, sei­ne ei­ge­nen rea­lis­ti­schen Ge­mäl­de zu be­tre­ten, um aus der Welt zu ver­schwin­den, doch nur we­ni­ge an­de­re hat­ten einen sol­chen Sta­tus er­reicht! Bru­der Paul konn­te nur zu­schau­en, nicht teil­neh­men.
    Aber warum nicht !

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