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Der Gott von Tarot

Der Gott von Tarot

Titel: Der Gott von Tarot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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fried­lie­ben­den Men­schen und kei­nen Krie­ger; warum soll­te er ein Le­be­we­sen mit dem bru­ta­len Schwert an­grei­fen? Doch dies war kein le­ben­di­ges We­sen, son­dern ein her­bei­ge­zau­ber­tes Sym­bol. Aber die Fra­ge lenk­te ihn ab.
    Der Dra­che der Ver­su­chung kam bis auf zwei Me­ter Ent­fer­nung her­bei. Ver­ächt­lich blick­te er Bru­der Paul an. Er hat­te große gel­be Au­gen, und sein Blick war recht ein­drucks­voll. Die ro­te Schnau­ze war mit großen, haa­ri­gen grün­blau­en War­zen be­deckt, und aus der Stirn rag­ten ver­knö­cher­te graue Hör­ner. Die Stoß­zäh­ne wa­ren ge­bo­gen und schleim­be­deckt. Bru­der Paul frag­te sich ab­we­send, ob das We­sen wohl in ei­nem von The­ri­ons schlei­mi­gen Kel­chen her­um­gen­ascht hat­te, ehe es hier­her­kam.
    Die ge­zähn­te Zun­ge zuck­te her­aus und stieß wie ein Pfeil nach Bru­der Paul, hielt aber kurz vor dem Ziel in­ne. Lang­sam flapp­ten die klei­nen Flü­gel vor und zu­rück, und zwi­schen den ge­fe­der­ten Rip­pen kräu­sel­te sich die le­dri­ge Haut. Bru­der Paul konn­te sich nicht er­in­nern, je­mals et­was Häß­li­che­res ge­se­hen zu ha­ben.
    „Was’n los?“ frag­te der Dra­che. „Ein Hühn­chen?“
    Bru­der Paul spür­te Wut in sich auf­stei­gen. Was für ein Recht hat­te die­ses wi­der­li­che We­sen, ihm Spitz­na­men zu ge­ben? Er um­klam­mer­te sein Schwert und trat einen Schritt vor.
    Und blieb ste­hen. Das war die Ver­su­chung – der Trieb, aus nich­ti­gem Grund Ge­walt an­zu­wen­den. Das Mons­ter hat­te ihn al­so ein Hühn­chen ge­nannt; aber warum soll­te er auf einen so al­ten Scherz so rea­gie­ren? Das war die nie­ders­te Ebe­ne so­zia­ler In­ter­ak­ti­on und Ge­walt die Zu­flucht der Un­fä­hi­gen. „Ich möch­te bloß das Schloß be­su­chen, denn ich ver­mu­te, die von mir be­nö­tig­te In­for­ma­ti­on liegt dort drin­nen. Wenn du bit­te freund­lich zur Sei­te tre­ten wür­dest. Denn zwi­schen uns braucht es kei­nen Streit zu ge­ben.“
    „Die Ver­su­chung tritt nie­mals bei­sei­te!“ schnaub­te die Krea­tur. Sie konn­te sehr gut zur glei­chen Zeit spre­chen und schnau­ben. „Zu­erst mußt du mich be­sie­gen, ehe du auf dei­ner Missi­on fort­fah­ren kannst, du Hühn­chen!“
    „Aber ich will dich nicht um­brin­gen. Ich wer­de zu­frie­den sein, an dir vor­bei­zu­ge­hen.“
    „Du kannst mich doch gar nicht um­brin­gen! Ich bin von Ewig­keit. Du kannst auch nicht an mir vor­bei­ge­hen. Ei­gent­lich kannst du auch gar nicht ge­gen mich kämp­fen; du bist von Na­tur aus ein Feig­ling. Warum ver­läßt du nicht die Sze­ne an­statt hier die Luft zu ver­pes­ten?“
    Als hät­te er das nicht schon ver­sucht! „Ich wür­de gern, wenn ich nicht mei­ne Missi­on hät­te. Da­nach aber wer­de ich ge­hen. Nun geh bit­te bei­sei­te.“ Bru­der Paul schritt vor­wärts.
    Der Dra­che blieb ste­hen. „Man kann die Ver­su­chung nicht bluf­fen!“ knurr­te er.
    Bru­der Paul wei­ger­te sich, oh­ne wei­te­re Pro­vo­ka­ti­on mit dem Schwert zu­zu­schla­gen. Wenn er auch wuß­te, der Dra­che war bloß ein Sym­bol, so war doch die Ähn­lich­keit zu ei­nem le­ben­di­gen, in­tel­li­gen­ten (wenn auch häß­li­chen) We­sen zu stark.
    Er schritt zur Sei­te – und wie­der stand der Dra­che vor ihm. Wun­der­ba­rer­wei­se war er ge­sprun­gen, um ihm den Weg zu ver­sper­ren, Paul wech­sel­te die Rich­tung – und wie­der ver­sperr­te er ihm den Weg.
    So lief das al­so. Das We­sen ver­such­te, ihn zum Zu­schla­gen zu be­we­gen. Und wenn er den ers­ten Streich tat, war er der Ver­su­chung er­le­gen.
    Die­ses Mal ging Bru­der Paul di­rekt auf den Dra­chen zu. Und sprang vor der war­zi­gen Schnau­ze fort.
    The­ri­on war ein we­nig ab­seits ste­hen­ge­blie­ben und be­ob­ach­te­te mit mor­bi­dem In­ter­es­se die Sze­ne. „Er hat mich nicht ge­bis­sen“, mein­te Bru­der Paul über­rascht.
    „Die Ver­su­chung greift nicht phy­sisch an“, er­klär­te The­ri­on. „Sie bie­tet le­dig­lich ei­ne reiz­vol­le­re Al­ter­na­ti­ve an. Aber sie muß be­siegt wer­den.“
    Bru­der Paul konn­te nichts Reiz­vol­les an dem Dra­chen ent­de­cken. Er ver­such­te wie­der, ihn zu um­ge­hen, und

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