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Der Gott von Tarot

Der Gott von Tarot

Titel: Der Gott von Tarot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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ei­ne sehr schwie­ri­ge Fra­ge, denn wie konn­te er den Wert des Ma­te­ri­als, das sei­ner ei­ge­nen Er­fah­rung ent­stamm­te, be­ur­tei­len? Es war wie der Ver­such, einen Test zu ent­wi­ckeln, ob ei­ne Per­son wach war oder träum­te: Er konn­te sich knei­fen – und träu­men, daß er ge­knif­fen wur­de. Wenn er je­des De­tail ei­ner Ani­ma­ti­on be­stim­men konn­te, wür­de je­weils die­ses De­tail au­then­tisch sein; wenn er ei­ner Fehl­in­for­ma­ti­on un­ter­lag, wie konn­te er das Bild kor­ri­gie­ren? Doch nun er­schi­en es ihm als ge­wiß, daß ein Ein­fluß an­de­rer Ge­dan­ken be­stand, denn Bru­der Paul hat­te zu­vor nicht al­le De­tails der Ta­rot­va­ri­an­ten ge­kannt, die er in die­ser Er­schei­nung ken­nen­ge­lernt hat­te. Ei­ni­ge der Vor­stel­lun­gen, die die­se The­rion­ge­stalt ihm prä­sen­tiert hat­te, wa­ren ihm voll­stän­dig neu, doch auch dies konn­ten wie­der­um sei­ne ei­ge­nen un­ter­drück­ten An­schau­un­gen sein, die zum Vor­schein ka­men, und das war um so scho­ckie­ren­der, als er ih­re Exis­tenz zu­vor im­mer ver­neint hat­te. Das schwers­te für einen Men­schen ist wohl, die häß­li­chen Be­stand­tei­le sei­nes Ichs zu ak­zep­tie­ren.
    Da­her soll­te er die­sen Din­gen ge­gen­über­tre­ten. Viel­leicht war es das Bes­te, sich hin­ein­zu­stür­zen in die­se Vi­si­on und die Ant­wort zu er­grei­fen, ehe sie ver­schwand. Si­cher war sie in ei­nem die­ser auf­ge­stell­ten Kel­che ent­hal­ten. Je­den­falls schul­de­te er die­sen Blick sich selbst und sei­ner Missi­on.
    Er un­ter­such­te die Kel­che ein­ge­hen­der. Ei­ner ent­hielt ein Mi­nia­tur­schloß; ein an­de­rer floß über mit Edel­stei­nen, ein an­de­rer ent­hielt einen Kranz, einen Dra­chen, einen Frau­en­kopf, ei­ne Schlan­ge und ei­ne ver­hüll­te Ge­stalt, al­le­samt Sym­bo­le, de­ren Be­deu­tung er wäh­rend sei­ner Stu­di­en beim Hei­li­gen Or­den der Vi­si­on er­fah­ren hat­te. Aber nie­mals zu­vor hat­te er sie so faß­bar wie hier vor­ge­fun­den, und er wuß­te nun auch, daß sich die­se be­leb­ten Sym­bo­le nicht pas­siv zu ei­ner kon­ven­tio­nel­len Ana­ly­se her­ge­ben wür­den.
    Das Schloß hat­te Ähn­lich­keit mit dem, das er auf vor­he­ri­gen Kar­ten schon ge­se­hen hat­te, und war ver­mut­lich das glei­che Ge­bäu­de. Der Sym­bo­lis­mus im Ta­rot­spiel neig­te zur Kon­sis­tenz; ein Fluß war im­mer der Strom des Un­be­wuß­ten, der in dem schlep­pen­den, flie­ßen­den Ge­wand der Ho­he­pries­te­rin ent­sprang, und der Kelch war im­mer ein Ge­fäß der Emo­ti­on oder Re­li­gi­on. Das Schloß stell­te für ihn ein Stich­wort dar, ei­ne ur­sprüng­li­che Ant­wort. Wenn er dort ein­trat?
    Nun, er konn­te es ver­su­chen. Er neig­te da­zu, zu­viel Zeit beim Nach­den­ken zu ver­brin­gen, an­statt zu han­deln.
    Und das Schloß ver­grö­ßer­te sich, brach aus dem Kelch her­aus, wur­de zu ei­nem pracht­vol­len Ge­bäu­de mit we­hen­den Fah­nen auf ho­hen Tür­men und lag auf der Spit­ze ei­nes stei­len Ber­ges. Wun­der­schön!
    Bru­der Paul mach­te sich auf den Weg. The­ri­on be­glei­te­te ihn und summ­te ei­ne Me­lo­die, als sei­en ihm die Vor­gän­ge völ­lig gleich­gül­tig.
    „Das Lied ha­be ich schon ein­mal ge­hört“, sag­te Bru­der Paul, ent­schlos­sen, den Mann nicht so leicht aus der Ver­ant­wor­tung zu ent­las­sen.
    „Das ‚Rät­sel­lied’“, ant­wor­te­te The­ri­on auch prompt. „Ei­ne der wahr­haft fei­nen, un­ter­schwel­lig se­xu­el­len Aus­drucks­for­men des Vol­kes.“
    „Ja, ge­nau. ‚Ich gab mei­ner Liebs­ten ei­ne Kir­sche …’ Aber warum se­xu­ell? Das ist ein ein­deu­ti­ges Lie­bes­lied.“
    „Ha­ha. Die Kir­sche war ih­re Jung­fern­haut, die er durch­bohrt hat. Du hast ein zu klös­ter­li­ches Le­ben ge­führt und nie­mals rich­ti­ge Um­gangs­spra­che ge­lernt.“
    „Oh? Er gab ihr auch ein Hühn­chen oh­ne Kno­chen, einen Ring oh­ne En­de und ein Ba­by, das nicht wein­te.“
    „Das kno­chen­lo­se Hühn­chen war sein kno­chen­lo­ser, nichts­de­sto­we­ni­ger aber stei­fer Pe­nis, der sich durch ih­re ring­för­mi­ge Öff­nung bohr­te und in ent­spre­chen­der

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