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Der Gott von Tarot

Der Gott von Tarot

Titel: Der Gott von Tarot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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ge­hal­ten, doch er war froh, sich auf die bib­li­sche Are­na zu­rück­zie­hen zu kön­nen. In den ver­gan­ge­nen Jah­ren hat­te er viel in der Bi­bel ge­le­sen und war so­wohl von der Ge­schich­te als auch der Re­li­gi­on fas­zi­niert. Auch reiz­te ihn die Kon­ti­nui­tät der Bi­bel in den Apo­kry­phen und Pseu­do­epi­gra­phia. „Je­den­falls hat ihn der En­gel nicht ge­schla­gen, und er hat von ihm einen Se­gen, den Na­men Is­rael er­zwun­gen, was heißt ‚Prinz Got­tes’, und hat den Stamm Is­rael ge­grün­det.“
    „Und sei­ne Toch­ter Di­na wur­de ver­ge­wal­tigt“, sag­te der Dä­mon mit fröh­li­chem Lä­cheln.
    Die­ses We­sen er­in­ner­te Bru­der Paul sehr stark an The­ri­on. Er blick­te sich um, aber The­ri­on stand im­mer noch dort. Doch als er wei­ter­dach­te, mein­te er, The­ri­on hät­te wohl die Ver­ge­wal­ti­gung nicht ge­fal­len, nicht aus Ver­nunft­grün­den, son­dern weil der se­xu­el­le Akt ihm als männ­li­ches Op­fer an ei­ne un­wür­di­ge Frau galt. Warum die­se Ga­be ei­ner ge­rin­gen Frau auf­zwin­gen? „Ver­ge­wal­ti­gung ist ein zu star­ker Aus­druck“, fuhr Bru­der Paul fort. „Der jun­ge Mann war eh­ren­wert und bat, Di­na of­fi­zi­ell hei­ra­ten zu dür­fen. Er hat so­gar die Be­din­gung ak­zep­tiert, sich be­schnei­den zu las­sen, ob­wohl er ein hoch­ge­bo­re­ner Prinz war.“
    „Ja, das ha­ben sie ver­tuscht“, sag­te der Dä­mon. „Sie ha­ben ver­sucht, dar­aus einen gu­ten Fick zu ma­chen, da­mit sie ihn nicht stei­ni­gen muß­ten we­gen Ver­ge­wal­ti­gung und sie we­gen Nach­gie­big­keit. Ei­ne Men­ge saf­ti­ger De­tails ha­ben sie aus der Hei­li­gen Schrift her­aus­zen­siert.“
    Bru­der Paul woll­te ge­ra­de ei­ne wü­ten­de Ant­wort ge­ben, merk­te aber dann, daß dies le­dig­lich ein wei­te­rer Aspekt des Kamp­fes war. Die Ver­su­chung focht so­wohl mit Ide­en als auch mit Wor­ten, und die Wahr­heit war un­wich­tig. Wenn Ver­zer­rung und Um­gangs­spra­che Bru­der Paul da­zu brach­ten, die Ge­duld zu ver­lie­ren, lä­ge der Sieg beim Dra­chen.
    Al­ler­dings wa­ren die­se Sei­ten­hie­be auf die Au­then­ti­zi­tät der Bi­bel et­was, was Bru­der Paul ins­ge­heim auch schon über­dacht hat­te. Er schätz­te es, die ge­sam­te Be­deu­tung des­sen, was er las, zu er­fas­sen, und vie­les in der Bi­bel blieb auf quä­len­de Wei­se viel­deu­tig. Ja­kobs Be­geg­nung mit dem En­gel des Herrn – das war ein Rät­sel! Warum soll­te ein En­gel mit ei­nem Sterb­li­chen rin­gen wol­len, und warum wür­de so et­was Rei­nes wie ein En­gel je­mals ei­ner Ver­su­chung er­lie­gen? Doch Bru­der Paul wuß­te, er durf­te die Bi­bel nur un­ter äu­ßers­ter Vor­sicht her­aus­for­dern, denn es war ein Do­ku­ment, das Ge­ne­ra­tio­nen von Ge­lehr­ten nicht mit Si­cher­heit in Zwei­fel zie­hen konn­ten. Die ar­chäo­lo­gi­schen Be­wei­se un­ter­stütz­ten dar­über hin­aus noch die Rich­tig­keit der bib­li­schen Aus­sa­gen. Wer war er denn, ein klei­ner No­vi­ze in ei­nem klei­nen Or­den, um sein schwäch­li­ches Ur­teil ge­gen die ge­sam­mel­te Weis­heit und Of­fen­ba­rung der Zei­ten zu set­zen?
    Auch hier muß­te er al­so der Ver­su­chung wi­der­ste­hen. Es war nicht an ihm, ir­gend­ei­nen Aspekt der Schrift in al­ler Öf­fent­lich­keit zu dis­ku­tie­ren. Es war ein Feh­ler ge­we­sen, es hier her­auf­zu­be­schwö­ren. Was er tat, lag in sei­ner Ver­ant­wort­lich­keit; es durf­te nicht durch Be­zü­ge auf die Bi­bel ge­recht­fer­tigt wer­den. Es war ei­ne Per­ver­si­on, die Hei­li­ge Schrift den ei­ge­nen Zwe­cken dien­lich zu ma­chen – wenn dies auch vie­le Spöt­ter aus Ei­gen­nutz ta­ten.
    „Ge­nug da­von“, sag­te Bru­der Paul. „Wenn du mich nicht vor­bei­läßt, muß ich einen He­bel­griff an­wen­den.“
    Der Dä­mon lach­te. Er war grö­ßer als Bru­der Paul und sah kräf­ti­ger aus. Aber wie kräf­tig war er wirk­lich? Ver­su­chung konn­te nicht mit welt­li­chen Ma­ßen ge­mes­sen wer­den.
    Bru­der Paul trat auf das Schloß zu, und na­tür­lich stell­te sich der Dä­mon ihm so­gleich in den Weg. Die­ses Mal ging Bru­der Paul je­doch wei­ter, stieß ge­gen die rech­te

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