Der Gottbettler: Roman (German Edition)
Gefallen und zeigte sich dem unbekannten Beobachter.
»Wie schön. Unsere Sache ist also doch noch nicht verloren. Dein Meister wird sich freuen, dass du zurückgekehrt bist. Ich lasse ihn benachrichtigen. Wenn ihr beide eintreten möchtet …«
Das Tor wurde geöffnet und quietschte dabei laut in den Angeln. Der Teil eines Hofs wurde sichtbar, auf dem kniehoch das Unkraut wucherte. Mehrere Magicae standen umher und betrachteten sie neugierig, aber auch misstrauisch.
Sie wirken, als würde sie jemand als Staffage verwenden … Rudynar Pole trat ein, vorsichtig, jeden Schritt abwägend. Er fühlte sich ganz und gar nicht wohl in seiner Haut.
Terca ließ sich von der Menge treiben. An einer Holzbude kaufte sie knusprige getrocknete Makrelen und aß sie mit Hochgenuss. Der Fisch schmeckte weitaus besser als jener, den sie in Poitrea bekommen hatte, und auch an den überall in winzigen Gefäßen kredenzten Tee gewöhnte sie sich allmählich. Die Bewohner von Griam waren freundlich, blieben aber reserviert. Viele von ihnen wirkten abgezehrt. Das Leben auf See, weitab von anderen Zivilisationen, hatte die Leute hart gemacht und sich auf ihre Mentalität ausgewirkt. So hegten sie besonderen Stolz auf ihr ganz besonderes Schicksal. Einen Stolz, der Terca völlig fremd war. Die Griamis hatten sich mit den Lebensumständen auf dem Ozean arrangiert und machten das Beste daraus.
Terca betrat eine Taverne in Hafennähe. Müde Seeleute lungerten am Tresen oder an grob gezimmerten Holztischen herum und umklammerten ihre Becher, als wären sie das Wichtigste auf der Welt. Niemand kümmerte sich um sie. Terca war eine von vielen kruden Gestalten, die sich hierher zurückgezogen hatten, um ein wenig Ruhe vom bunten städtischen Treiben zu finden. Ein Mann in der Uniform der Stadtwache streifte sie mit seinem Blick, ließ dann aber seine Nase wieder in sein Bier hängen. Mehrere Malekuften aus den südlichen Ländern steckten ihre Köpfe am größten Tisch zusammen und unterhielten sich leise. Eines der stiernackigen Wesen wieherte durch seine absurd großen Nüstern, doch seine Kameraden fanden sein Gelächter offenbar eher peinlich. Die Plätze ringsum waren leer. Der ätzende Körpergeruch der Malekuften hielt die Menschen auf Abstand.
Terca setzte sich auf einen der leeren Hocker. Der Schankbursche näherte sich, wischte achtlos über den Tisch, ohne dabei viel von dem Schmutz und den klebrigen, eingetrockneten Weinresten zu entfernen. »Tee?«, fragte er. »Oder Wein?«
»Wie sieht’s mit klarem Wasser aus?«
»Nur wenn du vorher ausreichend Geld auf den Tisch legst.«
Terca kramte eine Silbermünze hervor, eine von etwa hundert, die Balthazar ihr gegeben hatte. Dazu kamen etwa ein Dutzend goldene Mau, glänzend und frisch poliert, aus den Schatztruhen jenes Manns, dem sie nun tunlichst aus dem Weg gehen musste.
Der Bursche nickte, verließ sie und kehrte bald darauf mit einem halben Krug der hier so wertvollen Flüssigkeit und einem Becher zurück. Er schnappte sich wortlos die Münze und machte sich davon.
Sie nippte am Wasser. Es schmeckte fade und abgestanden, und doch war es eine angenehme Abwechslung zu all dem Tee, den sie während der letzten Tage getrunken hatte.
Das also war Griam die Großartige, die Wunderbare. Die Perle der Cabrischen See. Der Ort, an dem sich freiheitsliebende Wesen aus allen Teilen des Weltenrunds versammelten. Reisende Bänkelsänger und Poeten des Festlandes fanden nur die schönsten Worte für diese Insel, für viele junge Leute war sie das Ziel ihrer Sehnsüchte, mochten sie auch noch so weit von hier entfernt leben.
Die Wirklichkeit sah anders aus. Alles hier wirkte völlig normal, von den trutzig wirkenden Türmen der Magicae einmal abgesehen. Glanz und Glorie, überschäumender Reichtum, verschwenderischer Luxus und Dekadenz waren nirgends zu finden. All das, was durch Piraterie in die Kassen der Bürger Griams gespült wurde, wurde augenscheinlich in die Aufrechterhaltung der Stadt investiert. Der Mythos überstrahlte die Wirklichkeit bei Weitem.
Der Malekufte wieherte erneut und hieb mit der Faust auf den groben Tisch, und diesmal schnauften seine Artgenossen zustimmend, verstummten aber sofort, als sie bemerkten, dass sie sich auf einmal im Zentrum der Aufmerksamkeit befanden. Dann beugten sie sich weit nach vorn, sodass sich die Schnauzen mit den weichen rosafarbenen Lippen beinahe berührten, und unterhielten sich weiter, Mund an Mund.
Neue Gäste fielen in die Taverne
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