Der Gottbettler: Roman (German Edition)
im Heer des Gottbettlers, zog es blank und wich zurück, hin zum Tor.
Es quietschte und fiel mit lautem Knall ins Schloss. Rudynar Pole fuhr herum, hieb instinktiv zu, zerteilte Luft. Der Mann, den er hatte treffen wollen, war längst zur Seite hin ausgewichen. Er grinste und blieb auf Abstand, eskortiert von zwei weiteren Soldaten, denen die Kampferfahrung mit wulstigen, breiten Narben im Gesicht geschrieben war.
»Gute Reflexe«, sagte der Riese, »aber nicht gut genug.« Dann ging er seinerseits zum Angriff über. Mit einem Messer in der einen und einem Kurzschwert in der anderen Hand tänzelte er auf Rudynar Pole zu, beweglicher, als es angesichts seiner Körpergröße möglich erschien.
Er stach mit dem Messer zu, ritzte Stoff und Haut am rasch hochgerissenen Arm seines Gegners. Er bewegte sich schnell, viel zu schnell!
Rudynar Pole fühlte Schmerz im Unterschenkel. Womöglich hatte er sich einen Muskel gezerrt. Doch das spielte keine Rolle. Durfte es jedenfalls nicht. Er parierte den folgenden Angriff des Riesen, wich zur Seite aus, blieb in Bewegung. Hatte er ursprünglich Pirmen schützen und decken wollen, achtete er nun nicht mehr auf den Kleinen. Es war schwierig genug, auf den Beinen zu bleiben und die nächsten Augenblicke zu überleben.
»Du möchtest sicherlich wissen, wer dein Gegner ist, Mann«, sagte der andere und zeigte ein weiteres Mal dieses widerlich beeindruckende Lächeln, an dem tatsächlich noch alle Zähne beteiligt waren. »Ich bin Petjar Koske, Weidenmeister aus dem Dorf Nefenmey in der Blume von Oriath. Denk an diesen Namen, wenn dich der Große Gleichmacher mit sich nimmt. Er wird dich mit mehr als hundert Kämpen bekanntmachen, die ich ihm ebenfalls als Zeichen meiner Ehrerbietung geopfert habe.«
Rudynar Pole warf sich nach vorn, schneller, als es ihm eigentlich möglich war, unterlief den Hieb Petjar Koskes, riss ihn von den Beinen, spuckte ihm ins Gesicht, wich gleich wieder zurück und wartete auf die Reaktion des Gegners. Während die Magicae im Hof wie erstarrt dastanden, johlten die anderen Söldner rings um sie vor Begeisterung, weitere Feinde, die auf den Ausgang des Zweikampfs warteten, um den Sieger zu bejubeln, so er Petjar Koske hieß, oder ihn in eine Ecke zu treiben und ihn abzuschlachten, sollte es sich wider Erwarten um Rudynar Pole handeln.
Nicht daran denken. An gar nichts denken, mahnte sich dieser, einfach weitermachen. Alles aus diesem morschen, alten Körper rausholen. Und lächeln, immer nur lächeln …
Petjar Koske sprang auf, mit wutverzerrter Miene. Er brüllte seinen Hass auf den Gegner in die Welt. Er, der stolze und ungeschlagene Krieger, war vor den Augen seiner Kameraden gedemütigt worden!
Rudynar Pole orientierte sich rasch. Neun oder zehn Gegner. Zwei hatten Armbrüste bei sich, einer einen Langbogen, der in der Enge des Hofs aber kaum von Nutzen sein würde. Allesamt wirkten die Frauen und Männer kampferfahren und so, als hätten sie dem Großen Gleichmacher bereits mehr als einmal tief in die Augen geblickt.
Petjar Koske trug seine nächste Attacke voller Wut vor. Hektisch, fast unbeherrscht. Er wollte eine Entscheidung herbeiführen, und zwar so rasch wie möglich. Die Erfahrung lehrte ihn, Rudynar Pole eine möglichst geringe Angriffsfläche zu bieten und diese mit der Messerhand abzudecken, während er mit der anderen zuschlug. Doch er stand dem ehemaligen Linken gegenüber, einem der heimtückischsten und gemeinsten Krieger, die jemals das Waffenhandwerk erlernt hatten. Der hielt sich an keinerlei Regeln. Er tat Dinge, die unvorhersehbar waren.
Er warf sich Petjar Koske entgegen und riskierte eine weitere Verwundung. Die Klinge stach in seinen Wanst, zerfetzte den Stoff, durchdrang die Haut und glitt zur Seite ab, als er sich seinerseits drehte. Er war nun ganz nahe an seinem Gegner. Umklammerte ihn, sodass dieser seine Waffen nicht mehr einsetzen konnte. Rammte ihm den Schädel unters Kinn, missachtete alle Schmerzen, biss in den Hals des Mannes, zerfetzte Haut und Fleisch und Adern, spuckte aus, was in seinem Mund war. Trat Petjar Koske mit angewinkeltem Knie in den Unterleib, sodass dessen Augen so groß wie Hühnereier wurden. Er riss den Mund weit auf, um zu schreien, was ihm aber nicht mehr gelang, weil ein Teil seiner Kehle fehlte.
Rudynar Pole stieß den Sterbenden von sich, und Petjar Koske schlug schwer auf dem Boden auf. Schon war der Mann vergessen. Es gab neun andere, die etwas von ihm wollten. Sollten sie doch
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