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Der Gottbettler: Roman (German Edition)

Der Gottbettler: Roman (German Edition)

Titel: Der Gottbettler: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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glauben, aber leider, leider bin ich an Regeln gebunden.«
    »Du verarschst mich, nicht wahr?«
    »Würde ich das jemals wagen?« Das Grinsen wurde breiter, dann läutete die Frau mit einer Glocke. Zwei Bewaffnete traten hinter sie, beide legten sie die jeweils linke Hand auf den Knauf ihres Schwertes.
    Rudynar Pole tastete nach seiner Waffe. Der Stahl in seiner Hand fühlte sich gut an. Er erinnerte ihn an längst vergangene Zeiten, da er ganz genau gewusst hatte, was richtig und was falsch war. Dieser Unterschied hatte in den letzten Jahren an Bedeutung verloren. Er war froh darüber, es nun wieder zu wissen.
    »Lass das Schwert stecken«, sagte der Krüppel. »Dies ist meine Stadt. Hier braucht es keine Gewalt. Zumindest keine, die mit Waffen ausgeübt wird.«
    Pirmen tat eine Handbewegung, die bedeutungslos wirkte – und doch die beiden Söldner zu Boden schickte. Sie verloren den Halt unter ihren Füßen und schlidderten dahin, die Straße aufwärts, über steinigen Boden, bis sie gegen eine Wand prallten und verdutzt sitzen blieben, unfähig, sich zu bewegen.
    »Ist dir das genug Magie als Beweis?«, fragte der Kleine, »Oder brauchst du eine weitere Kostprobe?«
    Seine nächsten Fingerbewegungen waren gegen die Dicke gerichtet. Ihre Beine schnappten nach oben wie die einer Dirne, und ihr nackter haariger Hintern kam zum Vorschein. Dann verlor sie die Kontrolle über sich selbst, bepinkelte ihren Rock und ihre Sandalen.
    »Bist du nun zufrieden? Oder soll ich dir zeigen, wie man die Glieder einer äußerst fetten Person derart verknotet, dass sie sich niemals mehr wieder befreien kann?«
    »Nein!«, kreischte die Frau mit panischer Stimme. »Nein! Ich glaube dir! Verzeih mir. Ich wollte nicht … Wusste nicht …«
    Pirmen ließ sie stehen und humpelte an Böllern vorbei, die eine künstliche Verengung bildeten, vorbei an den nach wie vor fest gegen den Boden gepressten Wächtern. Rudynar Pole folgte dem Krüppel, hin zum inneren Tor des Oceanicums Griam, in dessen kühlendem Schatten mehrere Frauen mit dem Gildezeichen der Schlächter standen und sich lebhaft unterhielten.
    Er holte auf und schritt dann neben dem sichtlich aufgekratzten Pirmen her. »Ich wusste nicht, dass du über derart beeindruckende Fähigkeiten verfügst«, sagte er.
    »Ich auch nicht.« Die Zähne des Kleinen klapperten laut aufeinander. Er wirkte keinesfalls mehr so selbstsicher wie noch vor wenigen Augenblicken. »Die Kraft kam einfach über mich. Ich wollte sie nutzen, und sie war da. Es ging alles so erschreckend einfach.«
    »Dann wollen wir hoffen, dass du niemals die Kontrolle über deine Magie verlierst.« Rudynar Pole zog seine Jacke enger um seinen Leib. Ihn fröstelte auf einmal, trotz der drückenden Hitze, die über den Dächern des Oceanicums lag.
    Er musste sich immer wieder bewusst machen, dass sie sich auf einer künstlich geschaffenen Insel befanden. Die Geschichte Griams reichte mehrere Jahrhunderte zurück, in eine Zeit, da die Kämpfe zwischen den Ländern, die damals andere Namen getragen hatten, besonders intensiv gewesen waren. Verzweifelte und Vertriebene waren hinaus aufs Meer gesegelt, trotz der Gefahren, die die Cabrische See geboten hatte. Auf ihren Haus- und Fischerbooten, auf Flößen, auf Ruderschiffen und Seglern. Ohne jegliche Hoffnung auf Wiederkehr hatten sie einen Weg ins Nirgendwo gewählt und sich lieber den Unbilden des Meeres ausgeliefert, als an Land von den Feinden abgeschlachtet zu werden. Es waren hauptsächlich Kinder, Greise und Frauen gewesen, die diesen Schritt gewagt hatten.
    »… viele von ihnen starben«, erzählte Pirmen, während er neben Rudynar Pole humpelte, »und manche überlebten, indem sie ihre erbärmlichen Boote aneinanderbanden und größere Flächen schufen, die sich dann mit anderen zu noch beeindruckenderen Siedlungen zusammenschlossen. Zu Inseln, auf denen Elend, Hunger und Durst herrschten – und auf denen es dennoch mehr Freiheit als auf dem Festland gab.«
    Rudynar Pole sah sich um. Die Häuser rings um ihn unterschieden sich kaum von jenen an Land. Sie waren fest gebaut, um den Winterstürmen widerstehen zu können, und sie ruhten auf einem Erdboden, den zig Menschengenerationen festgestampft hatten. Auch andere Wesen hatten Spuren hinterlassen. Erdlöcher wiesen darauf hin, dass sich Angehörige der Kleinen Völker tief ins Innere Griams gegraben hatten. Nur – wie war das möglich?
    »Dieses Oceanicum ist seit etwa hundert Jahren mit dem Meeresboden

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