Der Gottbettler: Roman (German Edition)
kommen, sie alle. Er würde sie töten, würde sie in Stücke hauen. Niemals mehr wieder weglaufen!, schwor er sich. Keine Angst mehr!
Einer der Kumpanen Petjar Koskes fluchte erschrocken, während er zugleich auf ihn zustürmte. Der Idiot riss den Schwertarm viel zu langsam hoch. Ein Hieb, von oben herab geführt, und das Ding hing nur noch an einem Fetzen am Rumpf, und noch bevor sich der Mann vom Schock erholt hatte, stak auch schon Rudynar Poles Messer in seinem weit aufgerissenen Maul.
Weiter. Der Nächste. Auch er war zu langsam, noch immer im Schock gefangen. Er wusste nicht, ob er den Kampf annehmen oder sich in den Kreis seiner Kumpel zurückziehen sollte, und noch bevor er eine Entscheidung treffen konnte, lag er schon im Staub, mit durchtrennter Kehle.
Rudynar Pole tat den ersten tiefen Atemzug seit seiner bewusst in Kauf genommenen Verletzung. Die anderen Soldaten des Gottbettlers wichen einige Schritte zurück, mit deutlich mehr Respekt als zuvor.
Die Wunde tat verdammt weh. Sie war zwar nicht allzu tief, doch Petjar Koskes Klinge hatte ihm ein Stück Fleisch aus der Brust gerissen. Einerlei. Jammern nutzte nichts. Wenn er hier und jetzt sterben musste, dann sollte es ehrenhaft sein.
Er sah sich nach Pirmen um. Der Kleine lehnte an der Außenmauer, das Gesicht leichenblass, und murmelte irgendetwas vor sich hin.
Der Mann beim Tor war der Nächste. Er stand als Einziger zwischen ihnen und jener Freiheit, die Griams Straßen versprachen.
»Wenn nicht diese hässliche Visage wäre, könnte ich glauben, dir Arschloch schon einmal begegnet zu sein.«
Rudynar Pole zuckte zusammen. Er kannte diese Stimme. Er sah sich um und blinzelte gegen die Sonne, die auf einmal hinter einem der Magischen Türme hervorlugte, als wollte sie ihn verlachen.
Da stand sie. Breitbeinig, lässig auf ihr Schwert gestützt. Das lange blonde Haar umkränzte den Kopf, feurig brennend im Lichterschein. Sie lächelte wie ein Raubtier, das seine Beute gefunden hatte.
»Was für eine Überraschung«, sagte er und versuchte, sich seine Angst nicht anmerken zu lassen.
»Nicht wahr?« Pae Loriander hob die Waffe und betrachtete prüfend die Klinge. »Wie lang ist es her, dass wir uns zuletzt begegnetet sind?«
»Das war in einem anderen Leben.«
»In deinem zweiten, nicht wahr? Nachdem du aus diesem beschissenen Kuhnest abgehauen bist, habe ich mir erzählen lassen, dass du einstmals Metcairn Nifes Linker warst. Dass du einer meiner Vorgänger warst und … sein Freund.«
Rudynar Pole schwieg. Er sah sich um. Suchte nach einem Ausweg. Nach einem Loch, in dem er sich verkriechen konnte.
»Wie fühlt man sich als Verräter und Feigling?« Sie kam näher, Schritt für Schritt. »Wie ist es, wenn man den Feind im Rücken spürt und davonläuft, immer weiter weg, obwohl man weiß, dass man ihm nicht entkommen kann?« Pae Loriander runzelte die Stirn. »Hast du versucht, dein erbärmliches Leben selbst zu beenden? Hat es nicht geklappt, weil du einstmals von den Magicae des Gottbettlers behandelt wurdest? Weil nur die Klinge eines Freundes dich töten kann? Hast du es dennoch versucht? Mit Gift, mit Alkohol? Hast du dich ertränken wollen oder bist irgendwo in die Tiefe gesprungen, um festzustellen, dass du immer noch atmest und dass dir bloß alles scheißweh tut?«
Das verdammte Weibsstück roch betörend gut. »Ich habe mich zurückgezogen, das war alles. Ich hoffte, niemals wieder mit deinesgleichen in Berührung zu kommen.«
»Wie das Leben so spielt …« Sie zuckte mit den Schultern und lächelte ihn an. »Sollen wir die Wirksamkeit des Zaubers der Magicae überprüfen, hier und jetzt? Soll ich dich in Stücke hauen? Oder muss ich dich mitschleppen, hin zu deinem Freund, den Heerführer, damit du ihm die Füße lecken und ihm in den Arsch kriechen kannst?«
Kein Ausweg. Rings um ihn befanden sich Mauern, und die Leute der Linken kesselten ihn zudem ein. Sechs erfahrene Krieger, die den Tod ihrer Kameraden hinnahmen, ohne in Panik davonzulaufen, wie er es gehofft hatte und wie es wohl die meisten Schwerthände getan hätten.
»Ich würde wieder davonrennen, wenn ich könnte«, sagte Rudynar Pole. »Aber es scheint kein Schlupfloch zu geben, durch das ich passe.«
»Nein. Zumal du eine feiste Wampe vor dir herträgst, die es dir unmöglich macht, dich wieder zu verkriechen.«
»Das Leben hat es gut mit mir gemeint.«
»Hat es nicht, Herr Rudynar Pole. Ganz im Gegenteil. Es hat dich weich und schwach gemacht.«
Sie trat
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