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Der Gottbettler: Roman (German Edition)

Der Gottbettler: Roman (German Edition)

Titel: Der Gottbettler: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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vor, nach wie vor lächelnd, und führte einen ansatzlosen Hieb von oben her, so wuchtig, dass es ihm beinahe das Schwert aus der Hand prellte, als er den Schlag mit seiner Klinge abfing. Er wich zurück und erwehrte sich mit Mühe ihrer weiteren Attacken. Pae Loriander drosch mit enormer Kraft auf ihn ein, ohne dass sie sich dafür groß anzustrengen brauchte, wie es schien. Mit welchen Dämonen stand das Weibsbild im Bunde, dass sie eine derartige Serie von Hieben austeilen konnte, ohne auch nur ein klein wenig schneller zu atmen?
    Rudynar Pole täuschte einen Schritt zur Seite an und trat der Gegnerin stattdessen entgegen. Er wehrte ihren Schlag so früh wie möglich ab, nahm den Schwung ihres Hiebs auf, drehte sich um die Achse und stach zu.
    Seine Klinge durchbohrte nur Luft. Pae Loriander war längst nicht mehr dort, wo sie hätte sein sollen, sondern in seinem Rücken. Sie trat ihm in den Hintern, dass er in den Staub stürzte, und lachte.
    Er warf sich zur Seite, und der Stahl seiner Gegnerin schlug neben ihm Funken, wo sie gegen den felsigen Boden prellte. Er rollte weiter und weiter … O ja, der Bauch war ihm wirklich im Weg, und er war bereits völlig außer Atem.
    Weiter, nur weg von diesem Höllenweib! Irgendwie kam Rudynar Pole wieder auf die Beine, stolperte schwindlig davon, orientierte sich entlang des Mauerwerks, stürzte an Magicae vorbei, die entsetzt dastanden und fassungslos den Kampf auf Leben und Tod im Innersten ihres Heiligtums verfolgten. Sie waren bloß Statisten eines Schauspiels, das schon vor einigen Jahren hätte stattfinden sollen, damals, als er seinen Freund, Herrn Attamay, im Stich gelassen hatte.
    Die Klinge zischte über seinen Kopf hinweg. Er hätte schwören können, dass er nun um einige graue Haare kürzer war. In früheren Zeiten hätte er nur noch mit noch mehr Verve gekämpft. Doch angesichts der Kampf- und Fechtkunst seiner Gegnerin war er ratlos. Was auch immer er versuchte, sie kannte die passende Antwort. Sie spielte mit ihm. Eilte mit langen, eleganten Schrittsprüngen hinter ihm her, stach ihm in die Hüfte, ritzte seinen Hals, brachte ihm eine Fleischwunde am linken Unterschenkel bei. Und sie lachte unentwegt. Wie ein kleines Mädchen, das seiner Lieblingspuppe in kindlicher Bosheit nacheinander alle Glieder ausriss.
    »Du beherrschst das Spiel nicht sonderlich gut!« Wieder musste er eine Schnittwunde an der Brust hinnehmen. Dort, wo sein Wams ohnehin schon blutgetränkt war.
    Er umkreiste das Halbrund eines Turms, warf seiner Verfolgerin ein halb gefülltes Wasserfass vor die Beine. Sie lachte und sprang leicht wie eine Feder darüber hinweg, schwang die Waffe, ließ sie kreisen und stoppte sie plötzlich ab, kurz bevor sie seinen Kopf vom Rumpf getrennt hätte. Noch immer verschonte sie ihn. Sie wollte ihre Überlegenheit bis ins Letzte auskosten und ihm seine Hilflosigkeit vor Augen führen.
    Er blieb stehen, ließ das Schwert fallen und stellte sich vor Pae Loriander hin. Sich weiterhin gegen sie verteidigen zu wollen erschien ihm sinnlos. Es zögerte das unausweichliche Ende nur hinaus.
    Sie sah ihn an, und das erste Mal bemerkte er so etwas wie Überraschung in ihrem Blick. »Ich verstehe allmählich«, sagte sie leise. »Die goldenen Augen … Du bist also der Mann, der laut Legende auf den Stummen Jungen aufpassen soll.« Sie seufzte. »Ist es nicht schade, dass du ihm niemals begegnen wirst?«
    »Warum will jedermann mein Schicksal kennen?«, fragte er seufzend – und warf sich auf sie, einen Moment früher und rascher, als sie geglaubt hatte. Hatte sie ihm einen derartigen Kraftakt nicht mehr zugetraut?
    Sie tänzelte seitlich weg, brachte ihr Schwert aber nicht mehr in die notwendige Abwehrhaltung. Sein Messerstich glitt über ihre Klinge, über das Heft, ritzte über die Haut ihrer Hand und drang dann in die linke Ellenbeuge. Rudynar Pole drehte das Messer hin und her, zerfetzte Fleisch und Sehnen.
    Pae Loriander schrie, und auf einmal klang sie wie ein kleines, erschrockenes Mädchen. Es rührte etwas in ihm. Den Instinkt eines Vaters, der er niemals gewesen war. Er wich zurück, statt diesen einen winzigen Vorteil auszunutzen und die Linke endgültig zu erledigen. Er blieb stehen und starrte die Frau an, die völlig fassungslos auf ihren nutzlos gewordenen Arm starrte. Die einfach nicht glauben wollte, dass jemand sie verletzt hatte.
    »Das darf nicht sein!«, jammerte sie. »Sie hat mir versprochen, dass dies niemals geschehen würde! Sie hat

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