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Der Gottbettler: Roman (German Edition)

Der Gottbettler: Roman (German Edition)

Titel: Der Gottbettler: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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heftig getrieben letzte Nacht«, sagte der Bart. »Ich dachte schon, du wolltest das Weib umbringen.«
    »Natürlich nicht«, entgegnete Pirmen mit klopfendem Herzen.
    »Sie hat darum gebettelt, dass du sie in Ruhe lässt.«
    »Das tun sie doch alle, nicht wahr?«
    Bart kniff die Augen zusammen. »Wo ist sie denn hin, kleiner Freund?«
    »Keine Ahnung. Sie hat gewiss schon ihr Tagwerk begonnen. Es gibt viel zu tun im Störrischen Ochsen.«
    »Da hast du recht. Hinter Byela gibt’s nicht mehr viel zu sehen. Nur noch die Nordwände und einige seltsame Tiere. Man ist recht froh, hier etwas Wärme abzubekommen – und die Gesellschaft einer willigen Frau.«
    »Stimmt.«
    Bart rotzte zu Boden und kratzte sich ungeniert zwischen den Beinen. »Wohin soll’s denn gehen, kleiner Mann?«
    »Richtung Süden.« Pirmen gab sich weiterhin wortkarg.
    »Du siehst mir nicht wie ein Händler aus.«
    »Du auch nicht, wenn ich mir diese Bemerkung erlauben darf.«
    »Ah, die Sprache des Städters. Vornehme und wohlgesetzte Worte. Kommst du aus einer der Steilstädte?«
    »Ursprünglich stamme ich aus dem Süden Aenas’«, sagte Pirmen und blieb damit bei der Wahrheit. Er ging zurück in die Box und sammelte seine wenigen Habseligkeiten zusammen. Die grobleinerne Jacke Eilidhs verbarg er vorsorglich unter einem Strohhaufen.
    »Und was führt dich hierher?« Der Bärtige war an die Box getreten und sah über die Tür.
    Der Pirmen des gestrigen Tages hätte zu stottern begonnen und eine Lügengeschichte erzählt. Doch der Pirmen von heute blaffte: »Kümmer dich um deine eigenen Angelegenheiten, Mann!«
    Er stellte sich vor sein Gegenüber hin und verwehrte ihm weitere Blicke auf die Schlafstätte. Noch mochte der Bärtige die dunklen Flecken im trüben Licht des beginnenden Tages für Dreck halten. Doch wenn er die Gelegenheit erhielt, genauer hinzusehen, würde er erkennen, dass es sich um getrocknetes Blut handelte.
    »Schön, schön. Kann ja nicht jedermann so freundlich und umgänglich sein wie der alte Bauhom.« Der Bärtige wich seinem Blick aus, unsicher geworden, und zog sich zurück.
    Gut so. Pirmen hatte keine Lust auf weitere Diskussionen. Er wollte weg von hier, so rasch wie möglich. Richtung Süden, in jene Landesteile, in denen nicht nur einige erbarmungswürdige Viecher vegetierten, sondern auch ein bescheidener Ertrag an Roggen und Weizen eingebracht werden konnte und er ein vernünftiges Essen bekommen würde.
    Er machte sich fertig für den Abmarsch und schloss die Box sorgfältig hinter sich. Die Wintertaube war indes verstummt. »Gute Reise«, sagte der Alte. »Und nimm dich in Acht. Nicht jeder Norde lässt sich so einfach abkanzeln wie ich.«
    »Gute Reise«, wiederholte Pirmen, ohne den Warnungen des anderen besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Gedankenversunken verließ er den Stall und trat in die klirrende Kälte hinaus. Er musste an die gestrige Nacht denken. Es war etwas geschehen, das ihn beunruhigte. Das Erinnerungen geweckt hatte. Doch er konnte es nicht richtig fassen.
    »Du verlässt uns schon? Möchtest du etwa kein Frühstück?«
    »Hm?« Pirmen drehte sich um und erblickte eine Gestalt, die ihren Kopf unter dickem schützendem Tuch verbarg. »Nein danke. Ich möchte heute noch so weit wie möglich kommen.«
    »Wohin führt dich dein Weg?«
    »Östlich und südlich.«
    »Es sind mindestens zwei Tagesritte bis zur nächsten Ortschaft. Die nennt sich Oaya. Dazwischen gibt es bloß Schnee und Wölfe, manchmal auch Wölfe und Schnee. Ich kann deine Vorräte ergänzen und dir einige Ratschläge mit auf den Weg geben. Vielleicht möchtest du auch noch einen Tag hierbleiben«, sagte Eilidh leise, »und die Nacht dazu.«
    »Nein.«
    Sie zögerte. »Was gestern geschehen ist …«
    »Es wird dir bald wieder bessergehen«, log er. Die Frau würde sich niemals wieder erholen.
    »Wer bist du? Was bist du? Ich habe so etwas noch niemals zuvor erlebt.« Eilidh trat ganz nahe an ihn heran und zog das Tuch noch enger um ihren Leib. Sie stank nach verbranntem Fleisch. Pirmen erahnte die Wunden am Halsansatz; sie waren ganz gewiss nicht die einzigen, die ihr als Erinnerung an die gestrige Nacht bleiben würden.
    Du solltest darum beten, so etwas niemals wieder durchmachen zu müssen , dachte Pirmen. Dann hast du eine Chance, Mutter zu werden und deine Kinder aufwachsen zu sehen. Andernfalls … Laut sagte er: »Ich bin ein Magicus-Lehrling vom Oceanicum Griam.«
    »Von Griam.« Eilidh versuchte ein Lächeln, doch

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