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Der Gottbettler: Roman (German Edition)

Der Gottbettler: Roman (German Edition)

Titel: Der Gottbettler: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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befindest dich in einer denkbar schlechten Position für Verhandlungen. Die Lähmung wird noch eine Weile anhalten, und wenn ich möchte, kann ich sie jederzeit erneuern.«
    Der Latrinenputzer wurde blass. Er kämpfte mit aller Macht gegen das Gift in seinen Adern an. Er wollte aufstehen, und als ihm das nicht gelang, versuchte er, auf allen vieren zu Pirmen zu gelangen. Doch er kippte zur Seite auf das gefrorene Erdreich. »Du hast eben dein Todesurteil unterschrieben«, murmelte er.
    Pirmen richtete den Mann auf. »Möchtest du mich etwa totspucken?«, fragte er und lächelte.
    »Sobald ich wieder im Vollbesitz meiner Kräfte bin, werde ich dir die Gedärme aus dem Leib reißen und sie verknoten und …«
    »Selbstverständlich wirst du das. Aber bis es so weit ist, werden wir uns unterhalten.«
    Der Hohe Herr beruhigte sich, als Pirmen einen Becher mit Habanea füllte, ein weißes Pulver einrührte und sagte: »Somit ist dieser Göttertrunk wieder genießbar gemacht. Möchtest du daran riechen? Hm? Je länger das Habanea ruht, desto intensiver sein Geschmack. Manche Menschen würden einen Arm dafür geben, einmal in ihrem Leben etwas Derartiges genießen zu können.«
    »Ich bin nicht käuflich!«, sagte der Hohe Herr, dessen Blick dem Becher folgte, wohin Pirmen ihn auch stellte oder schob. Immer wieder leckte er sich über die Lippen.
    »Das weiß ich, Hoher Herr. Aber vielleicht verstehst du mich besser, wenn ich dir erkläre, warum ich in die Norde gereist bin und nach einem wie dir gesucht habe.«
    »Womöglich höre ich zu, wenn du mir einen Schluck vom Habanea gibst, Herr Lehrling.« Die wenigen Zähne des Mannes klapperten hörbar aufeinander.
    »Ich befürchte, dass dies deiner Konzentrationsfähigkeit abträglich wäre …«
    »Red nicht so einen geschwollenen Scheiß daher!«, schrie der Hohe Herr unvermittelt. »Gib mir endlich was zu trinken!«
    »Du schwächst deine Verhandlungsposition, wenn du derart herumbrüllst.«
    »Ja, ja, Entschuldigung, Magicus, es tut mir leid. Aber ich bin innerlich ausgetrocknet. Ich fühle mich wie ein Schwamm, der seit Tagen kein Wasser mehr gespürt hat.«
    Extreme Stimmungsschwankungen. Selbstüberschätzung. Suchtverhalten. Wie ist es bloß möglich, dass Larex einen Mann wie ihn als Beschützer für den Stummen Jungen haben möchte?
    Pirmen fachte das Feuer weiter an und stellte den Trinkbecher unmittelbar davor hin, so, dass er im Blickfeld des Hohen Herrn war. »Reden wir erst mal über deine Augen, bevor wir zum geselligen Teil unseres Beisammenseins übergehen.«
    »Was soll mit ihnen sein? Sie sind blaugrün.«
    »Und sie haben goldene Einsprengsel.«
    »Wird man in Magicae-Kreisen etwa wegen ein paar Pünktchen in den Augen mit Flüssigkeitsentzug bestraft?«
    »Es gibt da diese Gerüchte …«
    »Red nicht lang um den heißen Brei herum, Herr Lehrling!«
    »Man sagt, dass manche Wesen, die mit dem Gottbettler und seinen Heerscharen in Berührung kamen, ein Stigma erhielten. Eine Kennzeichnung, die sie zeit ihres Lebens behalten – und darüber hinaus.«
    »Was soll der Unsinn? Möchtest du etwa behaupten, dass ich … dass ich …«
    »Bist du dem Gottbettler jemals begegnet? Und überleg dir deine Antwort gut.« Pirmen nahm einen kräftigen Schluck vom Habanea.
    Der Hohe Herr setzte mehrmals an, brachte jedoch kein Wort hervor. Seine Blicke pendelten zwischen dem nun halb leeren Becher und Pirmen hin und her.
    »Nun?«
    »Es ist alles so schrecklich kompliziert.«
    »Geht’s ein wenig genauer?«
    Der Hohe Herr wand sich, seine Lippen zitterten. Auch sein Kopf bewegte sich. Die Wirkung des Gifts ließ allmählich nach. »Es gab da mal eine Zeit, da hatte ich Berührung mit einigen Leuten, die den Gottbettler kannten.«
    »Mit wem?«
    »Meist mit Offizieren. Mit hoch dekorierten Goldfasanen.«
    »Gehörte Metcairn Nife zu deinen Bekanntschaften?«
    »Ich habe ihn ab und zu getroffen, ja.«
    »Du hast an seiner Seite gekämpft?«
    »Ja, bei allen Göttern!«, brach es aus dem Hohen Herrn hervor. »Ich habe für und gegen den Gottbettler das Schwert geschwungen. Ich bin stets dort gewesen, wo man mir am meisten für meine Dienste zahlte.« Er lächelte entrückt. »Du hättest mich sehen sollen, in meiner Uniform, wie ich zwischen meine Feinde gekommen bin und sie niedergemäht habe. Ohne Furcht, voll Kraft …«
    »Ohne Rücksichtnahme, ohne auch nur über Gerechtigkeit und die Richtigkeit deiner Taten nachzudenken.«
    »So war es. So ist es noch

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