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Der Gottbettler: Roman (German Edition)

Der Gottbettler: Roman (German Edition)

Titel: Der Gottbettler: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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immer. Ein Söldner nimmt, was er bekommen kann.«
    »Natürlich.« Es war müßig, mit diesem verlotterten Kerl über moralische Ansichten zu diskutieren. »Das alles erklärt aber noch immer nicht die goldenen Einschlüsse in deinen Augen. An deiner Stelle würde ich nachdenken, bis mir der Kopf brummt. Das Habanea hält nicht ewig vor. Und meine Geduld auch nicht.«
    Pirmen trank. Der Becher war nur noch zu einem Drittel gefüllt.
    »Ich kannte Metcairn Nife recht gut«, sagte der Hohe Herr mürrisch. »Und auch seinen heutigen Rechten, Marmer Dunne. Ein Drecksack, wie er im Buche steht …«
    »Was war mit den Magicae?«
    »Mit denen hatte ich nichts zu schaffen. Wer möchte schon Kerle in seiner Nähe wissen, die einem wegen eines schlechten Scherzes ein zweites Arschloch zwischen die Beine hexen?«
    O ja … Auch Pirmen kannte einige amüsante Geschichten über seinen Stand; mühsam unterdrückte er ein Grinsen. »Aber du bist dem Gottbettler niemals nahe gekommen? Hast ihn niemals angeblickt?«
    »Nein, du Idiot! Kannst oder willst du mich nicht verstehen?«
    »Dann bist du für mich wertlos.« Pirmen griff nach seiner Waffe. »Ich werde das Habanea allein trinken müssen.«
    »Halt! Warte!«
    »Nanu? Ein neuer, wundersamer Erinnerungsschub?«
    »Du hast von den Sibyllen gehört?«
    »Gerüchteweise …« Pirmen zögerte. »Über sie ist nicht allzu viel bekannt.«
    »Es handelt sich um schreckliche Wesen und – noch schlimmer – ausschließlich um Weiber. Sie umgeben den Gottbettler und betätigen sich als dessen Einflüsterer. Man munkelte schon zu meiner Zeit, dass sie mehr Einfluss auf ihn hätten, als gut ist.«
    »Weiter.«
    Der Hohe Herr streckte die Finger aus und zog sie wieder zusammen, immer wieder, wie um die Zirkulation in seinen Gliedern anzuregen. »Da war diese eine Nacht. Wir hatten einen Sieg gefeiert, über irgendeinen Stammesfürsten, dessen Horden uns den Weg Richtung Nord-Aenas versperren wollten. Ich hatte einen Kampf mit einem Hoboken hinter mir und war froh, überlebt zu haben. Meine Kumpane und ich hatten also ein klein wenig über den Durst getrunken.«
    »Ich verstehe.«
    »Es war eine kurze Nacht. Eine sonderbare Nacht. Auf den Feldern hinter uns tanzten irgendwelche Gestalten – Frauen – im Widerschein der Feuer, die wir überall gelegt hatten. Sie feierten die Sonnenwende, verrenkten ihre schlanken Körper schlangengleich, reizten uns Krieger.«
    »Komm zum Punkt! Deine Liebeseroberungen interessieren mich, ehrlich gesagt, nicht sonderlich.«
    Der Hohe Herr ließ sich nicht irritieren. Er starrte blicklos ins Feuer, von den Erinnerungen an längst vergangene Tage gefangen. Seine Augen – sie strahlten hell. Golden. Voller Kraft.
    Pirmens Herz schlug rascher. Er fühlte neue Zuversicht. Dieses widerwärtige Wesen trug so viel Kraft in sich, dass es ihn fast erschreckte.
    »Ich entfernte mich von meinen Gefährten. Ich meinte, die Stimme einer der Frauen in meinem Kopf zu hören, ohne dass sie einen Umweg über die Ohren nahm. Sie flüsterte mir etwas zu. Sie wollte, dass ich mit ihr tanzte. Dass ich sie berührte. Dass ich Dinge mit ihr tat, die sie bislang nur aus Erzählungen kannte.«
    Der Hohe Herr stellte sich ruckartig auf die Beine. Pirmen zuckte zusammen. Er hatte ihn unterschätzt! Er hatte gedacht, es würde noch einige Minuten dauern, bis die Wirkung des lähmenden Giftes nachließ. Er hielt seine Waffe fest umklammert, bereit zuzuschlagen, sobald der andere auch nur Anstalten machte, sich auf ihn zu stürzen.
    Die Kniegelenke des Hohen Herrn krachten laut, er kümmerte sich nicht weiter um Pirmen. All seine Konzentration galt noch immer dieser Geschichte aus alten Zeiten. Und dem Becher mit dem Habanea, den er aufnahm und in einem Zug leer trank.
    »Sie war unvergleichlich. Ihr Körper war hässlich und wunderschön zugleich. Biegsam, geschmeidig, voll Schuppen und eitrigen Wunden, streichelweich und mit einem Geruch behaftet, der einen normalen Mann zum Erbrechen bringen würde. Doch ich war kein normaler Mann, nicht in diesen Stunden. Die Sibylle hatte mich verzaubert. Und nicht nur das, auch sie fand Gefallen an mir. An einem Wesen, dem sie sonst tunlichst aus dem Weg ging und von dem sie eine geringere Meinung hatte als von einem Hausschwein.«
    »Was für eine seltsame Verbindung …« Mehr wusste Pirmen nicht zu sagen. Er schwebte in Lebensgefahr. Doch die Erzählung des Hohen Herrn machte Bilder im Feuer lebendig. Er sah hochgewachsene, schlanke

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