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Der Gottbettler: Roman (German Edition)

Der Gottbettler: Roman (German Edition)

Titel: Der Gottbettler: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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dann abgehauen und versuchst nun dein Glück auf eigene Faust, als fahrender Scharlatan, der den Leuten die Münzen aus der Tasche zieht. Aber nicht mit mir, Kleiner!«
    Ein Hieb, überraschend schnell und überraschend gut gezielt, traf Pirmen an der Brust. Die Spitze durchdrang sein Lederwams, das Hemd und das klamme Untergewand und ritzte seine Haut. Er stolperte nach hinten und fiel schwer zu Boden, zu müde und zu schwerfällig, um den Schwung abzufangen. Er wollte sich rasch wieder erheben und Distanz zu seinem Gegenüber schaffen, doch er hatte nicht die Kraft dazu. Stattdessen sank sein Kopf nach hinten, und er starrte in den blaugrauen Himmel, der sich immer mehr verdunkelte. Zwei dicke Schneeflocken fielen langsam auf ihn herab, tanzten unschlüssig umher und schmiegten sich dann an sein Gesicht.
    »Palias Aquerta hilf«, sagte er leise. (Oder bildete er sich bloß ein, den Namen der Geliebten genannt zu haben?)
    So endete also alles. Nun gut, er hatte damit rechnen müssen. Nur mit viel Glück überlebten Magicae die ersten Jahre ihrer Karriere. Ihm war es offenbar nicht vergönnt, diese Einstiegshürde in ein Leben voller Macht und Einfluss zu überwinden.
    Der Schatten des Latrinenputzers fiel über ihn, der hässliche Kerl füllte fast vollends sein Blickfeld. Die Klinge – seine Klinge! – streichelte über Pirmens Hals. »Ist das etwa Pferdescheiße in deinem Gesicht, Herr Lehrling?« Er lachte. »Es ist lange her, dass ich einen Mann getroffen habe, der noch übler roch als ich.«
    »Ich braue dir ein Gesöff, das du dein Lebtag nicht vergessen wirst«, krächzte Pirmen. »Das Beste, das jemals deine Kehle hinabgeflossen ist.«
    »Oder aber ich töte dich, nehme all dein Zeugs an mich und kaufe mir davon in der nächsten Ortschaft was zu saufen. Was mir das Risiko ersparen würde, von einem Mistkerl wie dir vergiftet zu werden.«
    Feuchtigkeit rann über Pirmens Hals. Die Wunde an seiner Brust blutete heftig. Der Schmerz hingegen war auszuhalten. Die Kälte hatte seinen Körper fast völlig taub werden lassen. »Das Beste, das du jemals getrunken hast«, versuchte er es noch einmal. »Habanea schmeckt wie flüssiges Gold.« Zu viel Poesie, du Depp! Du musst so sprechen, dass es dieser ungehobelte Bauer versteht! »Wie die Möse der besten Hure, die du jemals geleckt hast.«
    »Oho!« Der Latrinenputzer grinste. »Wenn du wüsstest, wo ich schon überall meine Zunge drin hatte, würdest du niemals derart vollmundige Versprechungen abgeben.«
    »Überleg doch mal. Du riskierst gar nichts – und könntest alles gewinnen. Den Rausch deines Lebens und die Möglichkeit, den nächsten Morgen zu sehen. Denn ich glaube nicht, dass du es allein schaffen wirst. Ebenso wenig wie ich. Wir sind aufeinander angewiesen und müssen uns gegenseitig helfen.«
    »Glaubst du denn, es interessiert mich, ob ich morgen noch mal die Augen öffne? Ich habe lange genug diesen Scheiß mitgemacht, den man Leben nennt.«
    »Du bist … warst ein Hoher Herr. Du hattest einmal Überzeugungen. Ansichten, die dich zu etwas Besserem machten, als es die meisten von uns sind.«
    »Das stimmt. Doch diese Zeit ist lange vorbei.«
    »Erinnere dich daran! Hätte dein früheres Ich einen Menschen getötet, einfach so, um seine Habseligkeiten zu stehlen?«
    »Selbstverständlich. Auch als Hoher Herr war ich bloß ein Dieb und ein Mörder. Andererseits … Du kannst gut mit Worten umgehen, Kleiner. Ich bin fast davon überzeugt, dass du es ernst meinst. Außerdem habe ich von diesem Habanea gehört. Es wird aus einem Kräutersud gebraut, nicht wahr? Die Herstellung des Getränks gilt als hohe Fertigkeit, die man bloß Magiern und einigen wenigen Eingeweihten zutraut. Verdammt, ist meine Kehle trocken!«
    Eine Hand packte nach Pirmens Wams. Er wurde hochgehoben und auf die Beine gestellt mit einer Kraft, die er dieser widerlichen Gestalt niemals zugetraut hätte.
    »Du gehst Holz sammeln. Ich sattle indes dein Pferd ab und überprüfe den Inhalt der Satteltaschen. Missfällt mir, was ich sehe, bist du tot. Hast du keine Kräuter bei dir, bist du tot. Machst du eine falsche Bewegung oder furzt du zu laut, bist du tot. Solltest du glauben, mich überlisten zu können, bist du …«
    »Schon gut«, unterbrach ihn Pirmen. »Ich habe verstanden, was du mir sagen möchtest.«
    »Gut, Kleiner. Und denk nicht mal dran, zu weit wegzugehen. Du würdest nicht weit kommen. Entweder erfrierst du, oder du machst Bekanntschaft mit hungrigen Wölfen

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