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Der Gottbettler: Roman (German Edition)

Der Gottbettler: Roman (German Edition)

Titel: Der Gottbettler: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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geölte Maschinerie, viel zu groß und viel zu gut strukturiert, um es beschädigen oder gar zerstören zu können.
    Natürlich hatte es einen Schwachpunkt, wie Metcairn Nife nur zu gut wusste. Ein winziges Schräubchen, das alles zusammenhielt und, wenn es einmal abgenutzt und ausgedreht war, das Maschinenwerk auf eine Anhäufung nutzloser Metallteile reduzieren würde. Dieser Schwachpunkt war er selbst. Ohne ihn war das Heer des Gottbettlers nichts wert. Also musste er überleben. Sein Leben war mit dem von tausend oder mehr Soldaten gleichzusetzen.
    Er sah das Banner Marmer Dunnes an der Nordwehr. Darauf abgebildet war ein stachelbewehrter Schild, auf dem ein Kopf stak. Der Rechte war wie immer dort zu finden, wo die Feuer am höchsten loderten.
    Die Linke, nicht minder fürchterlich in ihren Taten, näherte sich an der Spitze ihrer besten Leute frontal dem Haupttor. Metcairn Nife meinte, ihren Kampfschrei zu hören und ihr Haar trotz des Regens golden leuchten zu sehen. Auf ihrem mächtigen Streithengst sitzend, drängte sie Parveniden beiseite, ungeduldig und voll Mordlust.
    Die Bogenschützen hatten die Verteidiger auf den Wehranlagen ausgedünnt. Die Linke duckte sich, als ein Pfeilhagel auf sie und ihr Gefolge niederging, dann hatten sie die angekohlten Stützpfähle des Tors erreicht. Veteranen schleuderten Seile über die Pfähle hinweg und schlangen deren Enden an den Sätteln fest.
    Einer der Männer fiel vom Pferd, von vier Pfeilen gespickt, nicht, ohne seinem Gaul zuvor den Befehl zum Angaloppieren gegeben zu haben; eine kleine Heldentat, die zweifelsohne bald an den nächtlichen Lagerfeuern besungen werden würde. Das Tor sowie die beiden Türme links und rechts stürzten in den Schlamm. Für eine Weile war vom Befehlshügel aus nichts zu sehen, und Metcairn Nife ahnte, dass in diesen Sekunden weder Angreifer noch Verteidiger wussten, was rings um sie geschah. Das Chaos aus Lärm und Schmutz und stürzenden, schreienden, verletzten, sterbenden Männern würde all ihre Sinne betäuben und sie jeglicher Orientierung berauben. So lange, bis irgendjemand ein neues Ziel vorgab. Und es würde, wie so oft, die Linke sein, die mit der Spitze ihres Schwerts auf die überlebenden Verteidiger deutete und einen Kriegsschrei ausstieß, um den Angreifern den Weg zu weisen.
    »Pae Loriander soll sich zurücknehmen«, sagte Metcairn Nife zu einem Meldereiter. »Sie soll die Verteidiger binden und auf sich ziehen.«
    »Das wird ihr nicht gefallen, Herr!«, sagte der Mann. Ihm war die Angst anzusehen. Einer wie entfesselt kämpfenden Linken den Befehl zu geben, sich zurückzuhalten, war für den Überbringer der Order nicht ungefährlich.
    »Möchtest du wegen Befehlsverweigerung an Ort und Stelle exekutiert werden?« Metcairn Nife warf einen Blick auf den Henker, der nicht zufällig in Sichtweite herumlungerte. Der vierschrötige Mann hatte im Zuge von Kriegshandlungen immer ausreichend zu tun.
    »Natürlich nicht, Herr!« Der Bote riss an der Kandare seines Pferdes, dass dem armen Tier die Augen hervorquollen. Er jagte davon, den Hügel hinab, vorbei an Bataillonen der Reserve, an Bogenschützen und an Sibyllen, um ins Getümmel einzutauchen und bald nur noch Teil einer gewaltigen Masse von Leibern zu sein.
    Am Horizont fand die Sonne ein Schlupfloch zwischen den dichten Wolkenbänken und warf einzelne goldglänzende Streifen auf Moina hinab. Das Gelb verband sich mit dem Rot brennender Bauten. Rauchwolken standen wie eingefrorene Mahnmale über den Gebäuden, der Wind war fast völlig zum Erliegen gekommen.
    »Wer befehligt die Kavallerie im Westen?«, fragte Metcairn Nife einen seiner Adjutanten.
    »Mert von Stein, Herr.«
    Als ob er es nicht gewusst hätte. »Ich möchte, dass er vorrückt. Die Städter sollen den Eindruck bekommen, dass wir sie von drei Seiten her angreifen.«
    Niemand wagte einen Einspruch, auch wenn dieser Befehl bedeutete, dass sich die Reiter durch sumpfiges Gelände bewegen mussten und von Bogenschützen hinter den Stadtmauern unter Beschuss genommen wurden.
    Die erfahrenen Reiter in der Einheit Mert von Steins waren in ihren Rüstungen viel zu gut geschützt, um Opfer eines Angriffs zu werden, wie auch die mit schweren Decken geschützten Pferde. Doch ihr Anführer hatte sich heute Morgen in seinen fein ziselierten und goldbeschlagenen Brustpanzer gequetscht, der zwar schön anzuschauen war, aber an den Seiten und im Halsbereich Lücken bot. Ein verirrter Pfeil mochte das blutige Ende des

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