Der Gottbettler: Roman (German Edition)
Speichelleckers bedeuten.
Die Schlacht nahm ihren Fortgang. Geduldig wartete Metcairn Nife auf den entscheidenden Moment, da sich die richtige, die passende Lücke für den Sturm auf die Stadt auftat. Seine Adjutanten wurden zunehmend unruhig. Sosehr er sich auch bemühte, unter ihnen jemanden zu finden, der ausreichend strategisches Geschick hatte, um seine Gedanken zu verstehen – da war niemand. Bestenfalls der stets im Hintergrund bleibende Margor entil Dusan mochte zu gefallen. Doch der Bauernbursche aus dem Hinterland Mirces, aus einem Kaff an der Grenze zur Norde stammend, wurde von seinen Kollegen mit Verachtung gestraft.
Wenn du dich gegen diesen Haufen Idioten durchsetzen kannst, die so viel auf Rang und Namen geben, werde ich mich näher mit dir beschäftigen. Doch bis dahin wird noch viel Wasser die Abnam hinabfließen, befürchte ich.
Die Abnam. Jenes schmutzige und nun rot gefärbte Gewässer, an dem er einige Jahre verbracht und sich bei Gerberarbeiten die Hände dunkel gefärbt hatte. Da unten floss sie, manchmal träge, manchmal, an von Felsen begrenzten Katarakten, plötzlich beschleunigt. Wie sehr hatte er diesen Fluss gehasst. Er hatte gemeint, niemals sein Mündungsgebiet an der Cabrischen See zu Gesicht bekommen zu dürfen!
Nun, er hatte sich geirrt. Er war mit dem Heer des Gottbettlers durch die Marschen und Sümpfe im Süden gezogen, hatte dort eine Vielzahl an Ansiedlungen dem Erdboden gleichgemacht und die Sklaven Lirballems von ihrem schrecklichen Schicksal befreit. Zwei Jahre lang hatte das Abschlachten gedauert, bis die eigentlichen Herrscher dieses fruchtbaren Landes, die Bauern und Großgrundbesitzer, klein beigegeben hatten.
Metcairn Nifes schob die Erinnerungen beiseite. Heute saß er am Quell all des Schlechten, das dieses Land einstmals im Griff gehalten hatte. Die hiesigen Fürsten, allesamt fett wie die Maden im Speck, würden die Rechnung für jahrhundertelange Unterdrückung großer Teile der Bevölkerung zahlen müssen. Dank seiner Schwertarbeit würde im Land Lirballem niemand mehr Frondienst leisten.
Ein Meldereiter brachte neue Nachrichten. Im Osten war der Widerstand der Verteidiger gebrochen, die letzten erschöpften Kämpen hatten sich zurückgezogen und mühten sich nun mit der Errichtung einer eng gezogenen Verteidigungslinie rings um das Händlerviertel.
Der richtige Augenblick war gekommen, Metcairn Nife fühlte es. »Die Kavallerie nach vorn!«, befahl er. »Das schwere Gerät. Die Hoboken. Die Älteren. Die übliche Vorgangsweise.« Er drehte sich um und machte sich auf den Weg zum Zelt. Er hatte genug gesehen und gehört. »Ruft mich, wenn alles erledigt ist.«
Er war so schrecklich müde.
Mimar scharrte unruhig mit den Hufen. Die Feuerwand, bloß drei Häuserzeilen entfernt, und der beißende Rauch machten dem Schlachtross zu schaffen.
»Die Häuser der Bürger stehen unseren Leuten zum Plündern offen«, sagte Metcairn Nife zu seiner Linken. »Die Sklaven werden verschont, die erbärmlichen Hütten an der Südseite Moinas nicht angegriffen.«
»Wobei die Grenzen zwischen Leben und Tod fließend verlaufen.« Pae Loriander wirkte ungewohnt nachdenklich. »Gibt es denn diese Grenzen zwischen Gut und Böse? Du weißt ebenso gut wie ich, dass die sogenannten freien Länder den Gottbettler und uns hassen für das, was wir tun.«
»Weil sie nicht verstehen. Noch nicht verstehen. Doch der Zeitpunkt wird kommen.«
»Du glaubst wirklich den Mist, den du redest, nicht wahr?«
»Ja.«
»Dann bist du womöglich der Einzige auf dieser beschissenen Welt.«
Manchmal reicht ein Mensch aus, um alles zum Besseren zu wenden. Ein Mensch – und die Gnade des Gottbettlers. »Wir werden sehen. Solange ich der Heerführer bin, geschehen die Dinge so, wie ich es möchte. Oder bist du damit nicht einverstanden, Linke?«
Pae Loriander spuckte aus. »Natürlich bin ich es. Ich habe nie verhehlt, dass ich dich für den Besten auf deinem Platz halte. Andernfalls hätte ich mich längst um diesen Posten … beworben.«
»Und ich hätte dich längst beseitigen lassen, wäre ich mir deiner Loyalität nicht sicher.« Metcairn Nife grinste die Frau an. »Ich weiß ganz genau, was ich an dir habe.« Er stieg vom Pferd und tat einige Schritte über den aschebedeckten Boden. Er war warm und schlickig.
An der Längsseite einer Hausruine, deren Mauerwerk zur Hälfte niedergerissen war, stapelten sich Leichen, fein säuberlich nach Freund und Feind getrennt. Ein Schwerverletzter
Weitere Kostenlose Bücher