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Der Gottbettler: Roman (German Edition)

Der Gottbettler: Roman (German Edition)

Titel: Der Gottbettler: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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wird.«
    Pirmen sah sie nun ebenfalls kommen. Vier breitschultrige Männer und eine Frau, die laut fluchend etwa ein Dutzend Schweine vor sich hertrieben und stets darauf achteten, dass die Tiere nicht zur Seite hin ausbrachen. Sie sahen nicht nach vorn, waren vollauf mit den grunzenden Viechern beschäftigt.
    »Wir müssen uns verstecken!«, drängelte Pirmen leise. »Sie dürfen uns unter keinen Umständen sehen.«
    »Ich muss nachdenken.«
    »Worüber, verdammt noch mal?« Pirmen zupfte am Ärmel seines Begleiters. »Diese Kerle sehen nicht so aus, als wären sie auf einen Plausch aus.«
    »Ich könnte eine Sau oder zwei gegen dich eintauschen.«
    »Es ist jetzt keine Zeit für dumme Scherze. Komm schon.«
    »Ich scherze nie.«
    Einer dieser ganz besonderen Blicke traf Pirmen. Er war so intensiv, so grauenvoll, dass der Lehrling zusammenzuckte. Dieser Mann war völlig unberechenbar. Er würde ihn womöglich für einen Laib Brot verraten, wenn er Hunger verspürte. Oder aber mich auffressen …
    »Ich bitte dich, hilf mir!«, drängte er, die Blicke auf die näher kommenden Soldaten gerichtet. »Sieh mich doch als deinen … Freund. Ich wurde ausgeschickt, um allen Wesen des Weltenkreises die Hoffnung wiederzugeben. Mein Lehrmeister Larex meint, dass der Gottbettler dank deiner Hilfe und der des Stummen Jungen besiegt werden könnte. Stell es dir bloß vor: ein Leben ohne Bedrohung durch Krieg, Krankheiten und Elend! Keine Heere mehr, die durchs Land ziehen und alles vernichten, was andere mühevoll aufgebaut haben. Kein …«
    »Du hast ja keine Ahnung, wer oder was der Gottbettler ist und wofür er steht, sonst würdest du nicht einen derartigen Unsinn von dir geben.« Herr Rudynar Pole packte ihn und zerrte ihn von der Straße, ihn und ihr Reittier, das geduldig folgte. Eine kleine Böschung abwärts, ins Unterholz, das selbst der Stute ausreichend Deckung bot.
    Pirmen verbarg sich hinter einem knorrigen Baum, der von Büschen umkränzt war. Sein Herz schlug heftig, er war verwirrt. Was hatte sein Begleiter vor? Wie weit konnte er ihm trauen? Sollte er weglaufen?
    »Denk nicht mal dran«, knurrte der ehemalige Soldat, ohne ihn anzusehen.
    Ist es denn wirklich so offensichtlich, was in mir vorgeht? Pirmen presste die Kiefer fest aufeinander, damit seine Zähne aufhörten zu klappern. Bei ähnlichen Gelegenheiten in der Vergangenheit hatte er stets so rasch wie möglich das Weite gesucht. Doch aus dieser Situation gab es kein Entkommen. Nicht, solange der Hohe Herr an seiner Seite war.
    »Du bleibst hier, bis du von mir hörst«, flüsterte der Mann neben ihm. Er hielt sein Schwert in der Hand. Routiniert rückte er sich den Waffengurt zurecht, prüfte, ob das Messer auch in der Scheide steckte, prüfte den Sitz der schützenden Lederriemen an seinen Unterarmen.
    Über ihnen, vielleicht zehn Schritte entfernt, wurden Schemen sichtbar. Grunzende Schweine, dazu die Beine der Soldaten des Gottbettlers. Sie steckten in schmutzigen, kaum vor der Kälte schützenden Sandalen. Die Männer fluchten in einem Dialekt aus dem Süden Aenas’, den Pirmin nur zu gut kannte. Die einzige Frau beteiligte sich nicht an den Schimpfereien ihrer Begleiter, sie trottete hinterdrein.
    Herr Rudynar Pole verließ die Deckung, kaum, dass die kleine Gruppe sie passiert hatte. In geduckter Haltung und in aller Stille schlich er die Böschung hoch und machte sich an die Verfolgung, das Schwert in der Hand.
    Eine Nebelbank verschluckte die Gestalten. Dann ein gurgelnder Laut, dem bald darauf ein greller Schrei folgte, der aber augenblicklich erstarb. Rüstung klirrte gegen Rüstung, Schwerter prallten aufeinander. Die Schweine grunzten und quiekten. Pirmen sah, wie eine Gestalt auf allen vieren aus dem Nebel kroch, über die Straße und auf ihn zu. Dann fiel sie vornüber und purzelte die Böschung herab. Das Wesen blieb in einer Pfütze liegen, keine fünf Meter von ihm entfernt. Stellex schreckte hoch, wieherte und stieg auf die Vorderläufe. Pirmen hatte größte Mühe, das Tier zu beruhigen.
    Herrn Rudynar Poles Stimme erklang. Er sang, und er lachte, während er offenbar den dritten und den vierten Gegner niedermachte. Das letzte Mitglied der feindlichen Patrouille jedoch schien sein Kriegshandwerk zu verstehen. Ein Veteran wahrscheinlich, dem aufgetragen worden war, gemeinsam mit einigen Frischlingen eine vermeintlich harmlose Aufgabe zu erfüllen. Nun umrundeten er und Herr Rudynar Pole einander, zwei Schattengestalten im Nebel, die

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