Der Gottbettler: Roman (German Edition)
wie Dämonen wirkten. Sie schnauften und prusteten, und mit jedem Schlagwechsel klangen die beiden Gegner erschöpfter. Die Laute, die sie von sich gaben, hatten kaum noch etwas Menschliches an sich.
Nachdem sie sich mehrmals umrundet, Schläge ausgetauscht und Schwächen in der Verteidigung des anderen gesucht hatten, stürzten sie sich aufeinander, wie auf Kommando, beide wild entschlossen, eine Entscheidung herbeizuführen. Der Kleinere – Herr Rudynar Pole? – zog sich kurz vor dem Zusammenprall zurück. Sein Gegner hielt die Waffe hoch erhoben, duckte sich kurz vor dem vermeintlichen Zusammenprall nach unten weg und zielte nach den Beinen des Widersachers, in einer fast graziösen Bewegung, die auf ausgezeichnete Körperbeherrschung schließen ließ. Doch der Hohe Herr ließ sich nicht täuschen. Leichten Fußes, fast tänzelnd, ließ er den Angriff ins Leere rennen, gab dem Feind einen Tritt hinterher, brachte ihn damit endgültig aus dem Gleichgewicht. Noch bevor sich der Mann von der Überraschung erholen, ausweichen oder eine weitere Attacke starten konnte, wurde er von einem fürchterlichen Hieb in den Rücken gefällt.
Pirmen hörte, wie das Schwert Rudynar Poles am Metall eines schützenden Brustreifens entlangstreifte. Es fand die Lücke und schnitt in Fleisch, traf auf Widerstand und blieb irgendwo, irgendwie stecken, wahrscheinlich in einem Knochen. Ein letzter Schrei, mehr ein Stöhnen, kurz und abgehackt. Dann herrschte Stille.
Pirmen wartete mit laut klopfendem Herzen. So lange, bis er es nicht mehr aushielt und hoch zur Straße kroch, stets bereit, Fersengeld zu geben und diesen grässlichen Ort so weit wie möglich hinter sich zu lassen. Zögerlich ging er auf die einzige noch stehende Gestalt zu, auf einen Schatten, dessen Umrisse sich jedoch immer deutlicher aus dem Nebel schälten.
Herr Rudynar Pole stand da, keuchend und über einen Toten gebeugt. Das Haar hing ihm wirr ins Gesicht. Eine Wunde zeigte sich unter seinem rechten Auge. Ein Kratzer, nicht mehr, doch heftig blutend. Der Bart färbte sich allmählich rot, das Blut tropfte von seiner Spitze schwer zu Boden. Platsch. Platsch. Platsch.
Der Säufer lächelte ihn an. Er zog sein Schwert mit einem satten Schmatzen aus dem Leib des Gegners und summte eine Melodie. Ein weitverbreitetes Lied, das Mütter ihren Kindern vorsangen, um sie zum Schlafen zu bringen.
»Ein weiterer Bluttag«, sagte Herr Rudynar Pole schließlich. »Ich dachte, ich hätte diese Zeiten hinter mir.« Er drehte den Toten mit einem Fußtritt zur Seite. »Die Uniform sollte mir stehen. Und du holst dir die der Frau, kleiner Herr.«
»Ich soll das Gewand einer Toten tragen?«
»Das Weib hat sicherlich nichts mehr dagegen. Doch sollte sie dennoch meckern, sag mir Bescheid, dann schlag ich sie gern noch mal tot. Jetzt hilf mir! Wir müssen die Leichen so rasch wie möglich von der Straße schaffen.«
Pirmen gehorchte und half. Er schleppte leblose, blutige Körper zur Seite und schleuderte sie gemeinsam mit seinem Begleiter in den Graben, einen nach dem anderen.
Er hatte oft genug Leichen gesehen. In Griam waren sie während des dritten und vierten Lehrjahrs Bestandteil seiner Ausbildung gewesen, und er hatte gelernt, sie nach allen Regeln der Kunst aufzuschneiden, um die Organe zu betrachten und deren Funktionen zu verstehen, und danach hatte er die leblosen Körper wieder kunstvoll zusammengeflickt. Doch an diesem Tag war alles anders. Diese Leiber waren noch warm, und es hingen Fetzen von Leben an ihnen, wie Pirmen mit seinen sensiblen Sinnen wahrnahm. Ihre Geister berührten ihn. Sie waren verwirrt, voller Angst und Wut. Und sie wollten nicht dort sein, wo sie sich soeben aufhielten.
»Mach schon!«, fuhr Herr Rudynar Pole ihn an und winkte in Richtung der Söldnerin. »Heb dir deine Gefühlsduseleien für später auf. Wenn du überleben und nach Griam gelangen möchtest, tust du gefälligst, was ich dir sage!«
Pirmen gehorchte. Auch Larex hatte ihn stets herumgescheucht. Er war es gewohnt, auf Befehl hin Dinge zu tun, die ihm zutiefst widerstrebten. Er stieg zur Toten hinab. Zwei Schweine ließen eben ihre Rüssel über den Leib der Frauen wandern. Eines der Tiere quiekte zornig. Es hatte vom Blut am Rücken der Frau geleckt und Geschmack daran gefunden. Immer wieder schnappte es zu, um ihr das Gewand vom Leib zu reißen und an ihr Fleisch zu gelangen.
Pirmen scheuchte die Tiere weg. Das alles hier war völlig falsch! Das Blut, die zerrissenen und
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