Der Gottbettler: Roman (German Edition)
deine Begleiter?«
»Wir sind die Sprecher der Steilstadt Poitrea. Wir sind gekommen, um Gnade für deren Bewohner zu erflehen.«
»Wurdet ihr von eurem Rat beauftragt, Verhandlungen zu führen? Habt ihr einen offiziellen Titel, der euch für solche Gespräche ermächtigt?«
Panapin seufzte gekünstelt. »Ihr wisst wohl besser als ich, was in der Oberstadt gerade vor sich geht. Die treuesten Diener Poitreas sind verschwunden.«
»Wahrscheinlich sind sie geflüchtet. Wie es so oft der Fall ist, wenn getreue Diener eines Landes oder einer Stadt ihre Felle davonschwimmen sehen.«
»Mag sein, dass es anderswo derartige Fluchtbestrebungen gegeben hat. Doch die Bürger Poitreas halten stets treu zu ihrer Stadt. Womöglich ist es zu Gewaltausbrüchen gekommen.« Panapin lächelte und hielt die Hände wie abwehrend vor sich. »Die ich allerdings keinesfalls dem Heer des Gottbettlers anlasten möchte. Viele Dinge geschehen in Panik angesichts des nahenden Todes. Wer weiß schon, wozu die Bewohner der Unterstadt fähig sind?«
Ah. Die Schuldigen waren gefunden, eine Lesart formuliert. So oder ähnlich würde es eines Tages in den Stadtannalen Poitreas geschrieben stehen: Im Zuge der Eroberung Poitreas kam es zu Aufständen in der Unterstadt. Ruchlose Verbrecher fielen über standhafte und gesetzestreue Verteidiger her. Es kam zu Massakern in der Oberstadt, die an Grausamkeiten nicht zu überbieten waren … »Also was willst du? Gnade wird jedem gewährt, der sich friedlich verhält. Die Heere des Gottbettlers erobern, aber sie zerstören nicht.«
»Ich habe davon gehört, und ich freue mich zu erfahren, dass diese Gerüchte der Wahrheit entsprechen.« Ein fischiges, knapp bemessenes Lächeln folgte seinen Worten. »Aber ich denke, dass das Volk Poitreas im Umgang mit den Soldaten des Gottbettlers eines Vermittlers bedarf. Jemandes, der die Worte beider Seiten versteht und interpretieren kann.«
»Du hast dabei an dich selbst gedacht?«
»In aller Bescheidenheit, ja. Ich bin viel herumgekommen, habe eine Menge erlebt und gesehen. Ich bin Händler und verstehe es, auf jedermanns Bedürfnisse einzugehen. Die Bewohner der Steilstadt achten mich. Sie sehen mich als einen der ihren. Als Mann, der zu seinem Wort steht und auf das Wohl aller bedacht ist.«
»Das hast du in all deiner Bescheidenheit wunderschön formuliert. Wer sind eigentlich deine Begleiter? Warum sind sie immer noch vermummt?«
»Sie sind Teil des Handels, den ich mit dir abschließen möchte.« Als hätte er etwas Falsches gesagt, fügte Panapin rasch hinzu: »Eines Handels, dessen Ergebnis einzig und allein der Bevölkerung dienen soll, selbstverständlich.«
»Selbstverständlich.«
Er gab ein Zeichen, die Gestalten streiften ihre Übergewänder ab. Manche von ihnen zögerlich, andere mit der Routine langer Jahre.
»Frauen«, sagte Metcairn Nife leise.
»Frauen. Die besten, schönsten, aufregendsten Weiber, die du in weitem Umkreis finden wirst. Manche von ihnen sind erfahrene Liebesdienerinnen, andere waren bis vor Kurzem dem Hochadel Poitreas zugehörig.« Panapin zählte an seinen Fingern ab: »Eine Jungfrau, deren Brüste eben erst erblühen. Eine Dame aus dem Etablissement der Hohen Frau Montera, der die Zähne extrahiert wurden, um edlen Kunden wie dir ein möglichst berauschendes Mundgewitter zu verschaffen. Eine Zwergin, die Dicke Marthé, weithin für ihre Zügellosigkeit bekannt. Dazu ein Geschöpf aus den Gossen der Unterstadt, schmutzig und verdorben, das dankbar ist, wenn du es tüchtig bestrafst. Du siehst, ich habe keine Mühen gescheut, den guten Willen der Bürger Poitreas unter Beweis zu stellen.«
»In der Tat.« Metcairn Nife stand auf und betrachtete die Frauen, eine nach der anderen. Vielen von ihnen stand die Angst im Gesicht geschrieben, bei manchen aber war jeglicher Glanz in den Augen schon vor Jahren erloschen. »Was, wenn mir der Sinn mehr nach Knaben stünde?«
»Dieses Problem ließe sich mit Leichtigkeit lösen, Herr. Auch mein Sohn wäre nur zu gern bereit, dir zu Diensten zu sein.« Panapin hob den Kopf. Er lächelte. »Allerdings würde ich mich sehr wundern, würdest du Schwänze bevorzugen. Meine Kundschafter …«
»Von welchen Kundschaftern redest du?«
»Ein Händler, dessen Beziehungen weithin reichen, ist auch stets über die politischen und militärischen Geschehnisse im Weltenkreis informiert. Also …«
»Du wusstest demnach bereits seit geraumer Zeit, dass wir kommen würden«, unterbrach ihn
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