Der Gottbettler: Roman (German Edition)
Sie wurde hin- und hergeschwungen. Das Zeichen für den Angriff.
»Ich zähle bis zehn«, sagte Pae Loriander. »Jeder weiß, was er zu tun hat. Drei. Vier.«
Die Linke erwähnte ihn nicht. Es war keine Zeit für weitere Erklärungen. Sie erwartete wohl, dass er sich ihr anschloss und möglichst wenig im Weg war.
»Sieben. Acht.«
Er zog das Schwert der Hoffnung. Die Klinge summte leise. Sie ahnte, dass sie Blut schmecken würde.
»Neun. Zehn.«
Die Frauen und Männer des kleinen Trupps kletterten an den Seilen nach oben, in atemberaubender Geschwindigkeit und mit einem Geschick, über das Metcairn Nife nicht verfügte und nie verfügen würde. Schon erreichten sie die Knüpfungen an der Unterseite des Hauses des Weinhändlers. Einige freihängende Rebwurzeln tasteten in die Tiefe, nach Erdreich suchend, in das sie sich bohren konnten. Die meisten von ihnen waren mit dem Holz des Hauses verwachsen. Sie würden das Gebäude eines Tages sprengen.
Pae Loriander schwang sich auf einen Steg, der zum Haus führte, und Metcairn Nife folgte ihr. Er sah grimmige Gesichter rings um sich. Leute, die den Feind nicht fürchteten. Die mithilfe von geringen Dosen des Sanderkrauts immun gegen das Gefühl der Angst gemacht worden waren.
Sie erreichten den Hauseingang. Zwei Wachen dösten gegen die Wand gelehnt vor sich hin. Eine Bohle knarrte. Irgendjemand ihres Trupps hatte eine unbedachte Bewegung gemacht, und es stand zu befürchten, dass er selbst, Metcairn Nife, dieser unvorsichtige Idiot gewesen war.
Eine der Wachen schrak hoch. Griff nach seiner Waffe, einem Kurzschwert. Noch bevor er einen Laut von sich geben konnte, bohrte sich ihm ein Messer in den Mund, von Pae Loriander geschleudert. Mit weit aufgerissenen Augen stand er da, im schwachen Fackellicht, und versuchte sich zu bewegen, griff nach dem Heft der Waffe, gurgelte, zitterte, fuchtelte wild um sich, wusste nicht, was er tun sollte.
Der andere Mann erwachte. Er war schnell, viel schneller als erwartet. Schon stellte er sich in Position, um den Zugang zum Haus zu verteidigen. Und er schrie. Laut, schrill, mit aller Kraft.
Die Linke stieß einen Fluch aus, Metcairn Nife drängte sie harsch beiseite. Er hatte einen Fehler begangen, also stand er in der Verantwortung. Heerführer hin, Heerführer her. Er stürzte auf den Verteidiger zu, schlug das Schwert der Hoffnung gegen die Waffe seines Gegners, um ihren Gesang kennenzulernen. Er war grauenvoll. Der Stahl dieses … Dings war von erbärmlicher Qualität. Der Mann, der sie hielt, hätte etwas Besseres verdient.
Er wich dem Hieb des anderen aus, fintierte, hieb gegen dessen Beine, brachte ihm eine Wunde am rechten Unterschenkel bei. Der Mann grunzte, mehr erschrocken denn schmerzerfüllt. Er drängte weiter vor, mit einer Verve, die ungewöhnlich war für einen Söldner. Metcairn Nife fühlte die kühle Zielgerichtetheit seines Gegners, aber auch die Angst angesichts der Überlegenheit der Gegner, dass sein Ende unmittelbar bevorstand. Doch er kämpfte weiter, um seinen Kameraden im Inneren des Hauses Zeit zu erkaufen.
Metcairn Nife ließ zu, dass Vidal ein Quäntchen mehr Macht über ihn erlangte. Er setzte mehrere spielerisch wirkende Hiebe, die mit dem Gewicht seiner Waffe nicht vereinbar schienen, und tat dann das Unvermeidliche. Bevor das Schwert der Hoffnung seine Arbeit beenden wollte, übernahm Metcairn Nife wieder die Kontrolle. Er prellte seinem Gegner das Kurzschwert aus der Hand und hieb ihm dann mit der Breitseite gegen den Körper, sodass er vom Steg purzelte und in die Tiefe stürzte. Wenn er Glück hatte, würde er vom Netz aufgefangen werden und überleben. Sollte es so sein, würde Metcairn Nife dem tapferen Mann anbieten, die Seiten zu wechseln. Wenn er durch die weiten Maschen rutschte und in den Abgrund stürzte – nun, dann hatte ihn ein gerechtes Schicksal ereilt. Er hatte während des Dienstes geschlafen.
Metcairn Nife erlöste den zweiten Wächter von seinem Leid, indem er ihm den Kopf vom Rumpf schlug. Dann trat er die Tür ein, sprengte sie dabei aus dem Rahmen. Ein Gegner im Inneren des Hauses wurde darunter begraben, einige andere stürmten Metcairn Nife entgegen.
Schweiß und Blut. Das war, was er herbei ersehnt hatte, und nun, da er mittendrin im Kampf war, wünschte er sich zurück in sein Zelt, in die ruhige Beschaulichkeit. Nicht aus Angst, sondern aus Entsetzen. Die Klinge Vidals begann zu leuchten. Das Schwert sang die schon so oft gehörte Melodie des Todes, und der
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