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Der Gottesschrein

Der Gottesschrein

Titel: Der Gottesschrein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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Templer.«
    »Es ist ein Geheimcode«, beantworte ich Yareds fragenden Blick. »Ein Rätsel, das uns eine im Papyrus verborgene Botschaft entschlüsseln kann.«

· Yared ·
Kapitel 40
    In Yareds Arbeitszimmer in der Zitadelle
    18. Dhu’l Hijja 848, 21. Nisan 5205
    Karsamstag, 27. März 1445
    Während der Abenddämmerung

    »Eine verborgene Botschaft?«
    »Eine Schatzkarte, die in der Baruch-Apokalypse verschlüsselt ist.« Das Schatzsucherfieber hat sie wieder gepackt – die Symptome sind ganz unverkennbar: ein beschleunigter Herzschlag, eine erregte Rötung des Gesichts, funkelnde Augen und unruhig zitternde Hände. Eine davon liegt auf der Innenseite meines Oberschenkels, oberhalb meines Knies. Ein warmes, erregendes Gefühl durchströmt meinen Körper, und der plötzliche Blutmangel im Gehirn macht sich bemerkbar. Es fällt mir schwer, ihre Hand zu ignorieren, die noch einige Fingerbreit höher geglitten ist, ihre leuchtenden Augen, ihre Lippen, ihren Atem, ihre Wärme, ihren Duft, um mich auf ihre Worte zu konzentrieren.
    »Die Templer haben im Tempelberg gegraben. An der Felswand neben dem Eingang zur Tempelbibliothek habe ich vorletzte Nacht ein Graffito mit dem Motto der Templer gefunden. Sie waren dort.« Sie spürt meine Erregung und nimmt ihre Hand weg. »Entschuldige!«, wispert sie.
    Ich muss tief durchatmen. »Deine hohe Meinung über meine Fähigkeit, mich selbst zu beherrschen, ehrt mich. Ich hoffe, du bist nicht enttäuscht, da sich nun herausgestellt hat, dass ich deinen Erwartungen nicht gerecht werde.«
    Sie senkt den Blick und schüttelt den Kopf. Dann blickt sie wieder auf und sieht mir in die Augen.
    »Glaubst du, die Templer haben die Bundeslade gefunden?« Ich schlucke trocken, und meine Stimme klingt immer noch ein wenig heiser.
    Sie streicht sich eine Strähne ihres Haares aus der Stirn. »Ich weiß es nicht«, gesteht sie. »Jedenfalls haben sie die Lade, aus welchen Gründen auch immer, nie geborgen. Denn es gibt keine Berichte über eine goldene Truhe, die sie in einer feierlichen Zeremonie in Rom oder Avignon dem Papst überreichten. Und keine Zeugenaussagen während der Inquisitionsprozesse über einen geheimnisvollen Schrein, den sie wie in Wolfram von Eschenbachs Gralsroman in einer ihrer Festungen in Jerusalem, Akko, Limassol oder Paris bewachten. Der Baphomet, den die Templer den französischen Inquisitoren zufolge angebetet haben sollen, war ein silbernes Reliquiar mit einem prunkvoll verzierten Totenschädel – kein goldener Schrein. Die Bundeslade befand sich also vermutlich noch immer im Labyrinth unter dem Tempelberg, als Sultan Salah ad-Din damals vor den Toren erschien.«
    »Nach seinem Sieg in der Schlacht von Hattin im Juli 1187 hat Sultan Salah ad-Din die überlebenden Templer hinrichten lassen«, meldet Tayeb sich zu Wort. Er spricht langsam und undeutlich. Im Opiumrausch fällt es ihm schwer, sich zu konzentrieren. »Den Großmeister, ich glaube, er hieß Gérard de Ridefort, ließ er in den Kerker von Dimashq werfen. Dann ist er mit seinem Heer nach Süden gezogen und hat in nur drei Monaten die Festungen der Kreuzfahrer zerstört und das Heilige Land erobert.
    Im Oktober richtete er sich auf eine längere Belagerung von Jerusalem ein. Nach dem blutigen Massaker, das die Christen des ersten Kreuzzugs in Al-Quds angerichtet hatten, wollte er keinen Christen am Leben lassen. Balian von Ibelin, der Jerusalem verteidigte, drohte Salah ad-Din, alle Muslime in der Stadt hinzurichten und die heiligen Stätten des Islam niederzubrennen, wenn der Sultan nicht auf eine blutige Vergeltung verzichtete. Der lenkte schließlich ein und gewährte den Christen freien Abzug gegen Lösegeld.«
    »Die wenigen Templer, die nicht in der Schlacht von Hattin gefallen waren, wollten die Bundeslade bergen, damit sie nicht den Muslimen in die Hände fiel«, spinnt Alessandra den Faden weiter. »Vielleicht stürzte dabei der Gang ein, in dem ich das zerbrochene Schwert gefunden habe. Es blieb keine Zeit für eine Bergung des Schreins. Während Balian mit Salah ad-Din verhandelte, versiegelten die Templer das Labyrinth. Die Schatzkarte wurde in der Baruch-Apokalypse verschlüsselt. Im Abendland konnten nur wenige Gelehrte die aramäische Schrift der Peshitta lesen. Die verborgene Schatzkarte war also sicher.
    Der letzte Großmeister hat den Papyrus 1307 mit nach Paris genommen. König Philippe wollte mit ihm über einen neuen Kreuzzug zur Befreiung von Jerusalem verhandeln. Aus diesem Grund

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