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Der Gottesschrein

Der Gottesschrein

Titel: Der Gottesschrein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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Alessandra. »Ein Stein soll an der Stelle auf dem Felsen Morija gelegen haben, wo im salomonischen Tempel einst die Bundeslade stand.«
    »Du bist enttäuscht.«
    »Ich hatte gehofft, dem Mord an Leonardo irgendeinen Sinn abringen zu können. Der aramäische Papyrus wäre ein spektakulärer Fund. Ich hatte gehofft, jener Furcht erregende Engel der Baruch-Apokalypse könne mich zum verschollenen Tempelschatz führen. Und zur Bundeslade, die irgendwann in den Jahrhunderten zwischen König Salomos Regentschaft und der Eroberung Jerusalems durch König Nebukadnezar spurlos verschwand. Die Bibel berichtet nicht, dass die Lade nach Babylon gebracht oder zerstört wurde.« Sie birgt das Gesicht in beiden Händen und schüttelt den Kopf. »Nein, Yared, obwohl der Prophet Jeremia verkündet, dass der Gottesschrein für immer verloren ist, bin ich davon überzeugt, dass er hier in Jerusalem ist.«
    »In den verborgenen Kammern unter den Ruinen des salomonischen Tempels.«
    »Genau.«
    »Du willst also ins Labyrinth zurückkehren, um die Bundeslade zu suchen?«
    Sie wirft Tayeb, der sie gespannt beobachtet, einen kurzen Blick zu und nickt. »Und um herauszufinden, weshalb Mar Abdul Masih letzte Nacht ermordet wurde. Sein Tod ist ebenso sinnlos wie der Mord an Leonardo. Die Baruch-Apokalypse ist nur ein Buch der Peshitta-Bibel. Tristão hätte den Text in jeder syrischen Bibel nachlesen können. Der Text stammt nicht aus der Zeit, als die Babylonier Jerusalem eroberten und die Bundeslade verschwand, sondern aus der Zeit, als Titus den Tempel zerstörte. Und der Papyrus und die Tinte sind nicht älter als dreihundert Jahre.«
    »Bist du sicher?«
    »Die Baruch-Apokalypse ist kein Codex, kein Buch mit Papyrusseiten aus dem ersten Jahrhundert. Und sie ist in hervorragendem Zustand. Kein Riss im Papyrus, keine losen Papyrusfasern, kein fehlender Rollenabschnitt, keine Schimmelflecken, keine abgeblätterte Tinte, die den Text unleserlich macht. Das vergessene Evangelium, das Tayeb und ich gefunden haben, stammte aus dem frühen ersten Jahrhundert – eine Handvoll winziger Papyrusfragmente, die zusammengelegt nicht einmal so groß waren wie eine Buchseite.« Sie deutet auf die Schriftrolle. »Der Baruch-Papyrus ist eine Fälschung der Templer.«
    »Der Templer?«

· Alessandra ·
Kapitel 39
    In Yareds Arbeitszimmer in der Zitadelle
    18. Dhu’l Hijja 848, 21. Nisan 5205
    Karsamstag, 27. März 1445
    Kurz nach Sonnenuntergang

    »Er lag in der Lade der Templer, die aus dem Pariser Tempel in den Vatikan gebracht wurde«, erkläre ich Yared, der mich erstaunt anblickt.
    »Aber wieso hat Mar Abdul Masih den Peshitta-Text zwar übersetzt und kommentiert, ihn dann jedoch bei Joachim versteckt?«, fragt er. »Weshalb geriet er derart in Panik?«
    Tayeb beugt sich ächzend vor und nimmt die Pergamente mit der lateinischen Übersetzung vom Tisch. Dann lässt er sich in die Kissen zurücksinken.
    »Mar Abdul Masih erschrak, als er von der aufgebrochenen Bodenfliese im Felsendom und den Reaktionen des Imams der Al-Aqsa hörte. Das Markuskloster ist keine hundert Schritte von der Synagoge entfernt, in die die Juden geflohen waren. Er fürchtete, Tristão wäre ins Labyrinth des Tempelbergs eingedrungen. Er wollte verhindern, dass die syrische Kirche in die Auseinandersetzungen zwischen Juden und Muslimen verwickelt wird. Deshalb hat er sich an seinen Freund Joachim gewandt. Der griechische Patriarch ist der ranghöchste christliche Würdenträger in Jerusalem. Joachim hat den Papyrus noch in der Nacht in seiner Bibliothek versteckt. Zu Recht, wie sich heute Morgen herausgestellt hat, denn die Bibliothek wurde völlig verwüstet.«
    »Und als der Christusritter die Schriftrolle nicht finden konnte, vermutete er, dass Mar Abdul Masih sie dir gegeben hat, und entführte Elija.«
    »Wie ich will er wissen, was darin steht. Mein Vater hat mir den Text vorgelesen und übersetzt, als ich sieben oder acht war. Nur an einen einzigen Vers kann ich mich nach all den Jahren noch erinnern. Ein Furcht erregender Engel, der mir in jener Nacht im Traum erschien, betrat das Allerheiligste des Tempels und riss den Vorhang herunter. Du weißt schon, den purpurnen Tempelvorhang mit den aufgestickten goldenen Cherubim, der zerriss, als Jesus am Kreuz starb. Es hat mich damals sehr erschreckt, dass die Engel Gottes den Tempel zerstören.«
    »Dieser Vers steht hier, im sechsten Abschnitt. Siehst du?«
    Tayeb richtet sich mühevoll auf und reicht mir die Pergamente,

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