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Der Gottesschrein

Der Gottesschrein

Titel: Der Gottesschrein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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Tempelbibliothek im Labyrinth unter dem Haram ash-Sharif war?
    Das zerbrochene Templerschwert, das sie letzte Nacht gefunden hat, ist verschwunden …
    Mir wird angst und bange, als sie mit einem warmen Lächeln sagt: »Sehr gern.«
    Der Blick, den sie mir zuwirft, verrät mir, dass sie genau weiß, in welche Gefahr sie sich begibt. Aber sie kann die Einladung des Prinzen unmöglich ausschlagen.
    »Ich lasse dich abholen«, verspricht ihr Uthman.
    Sie nickt.
    »Yared?«, drängt Uthman mich ungeduldig, als hätte er sich nicht eben gerade in aller Seelenruhe mit Alessandra unterhalten.
    »Was wolltest du mir sagen?«, fragt Alessandra leise, als er sich zur offenen Tür umgewandt hat, wo Benyamin bereits auf uns wartet. Ich habe ihn gebeten, mich zu begleiten.
    »Wir reden später. Ich muss jetzt gehen. Das Freitagsgebet in der Al-Aqsa beginnt gleich.«
    Verwirrt huscht ihr Blick vom Tallit über meiner Schulter zu den beiden aufgerollten Gebetsteppichen, die Uthman im Arm hält. Und zu Benyamins verzweifelter Traurigkeit.
    Dann begreift sie.
    Sie will etwas sagen, besinnt sich jedoch und nickt stumm.

    Im Hof wartet Arslan mit den Pferden und der bewaffneten Eskorte, die Uthman und mich zum Haram geleiten soll. Als er mich mit dem Tallit über der Schulter sieht, kommt er zu mir herüber. »Alles in Ordnung?«, sorgt er sich. »Du bist blass, Yared. Und du zitterst.«
    »Es geht mir gut«, erwidere ich mit fester Stimme.
    Arslan berührt mich sanft am Arm. »Ich weiß, was du in diesem Augenblick empfindest, Yared. Wie gottverlassen du dich fühlst. Wie ohnmächtig. Und wie traurig. Wirst du es schaffen?«
    Ich schlucke. Dann nicke ich und würge ein »Ja« hervor.
    Arslan hält mir den Steigbügel und hilft mir in den Sattel. Dann geht er um meinen tänzelnden Hengst herum und ordnet die Falten meines Staatsgewandes aus indischem Goldbrokat.
    »Ich werde dir zur Seite stehen, Yared«, flüstert er so leise, dass ich ihn kaum verstehen kann. Er wirft Uthman, der uns vom Sattel aus beobachtet, einen raschen Seitenblick zu. »Wenn du das Gefühl hast, dass du es doch nicht kannst, dann gib mir ein Zeichen. So blass und zittrig, wie du aussiehst, glaubt dir jeder einen vorgetäuschten Schwächeanfall. Ich bringe dich dann auf dem schnellsten Weg zurück in die Zitadelle.«
    »Danke, Arslan.«
    »Zur Unterwerfung unter den Islam wurde ich mit Gewalt gezwungen, Yared. Zu meinem Treueschwur dir gegenüber nicht. Ich diene dir aus freiem Willen. Ich werde zu dir stehen.« Dann wendet er sich um und befiehlt den Torwachen: »Öffnet das Portal! Der Emir wünscht, die Zitadelle zu verlassen.«
    Das Tor wird aufgeschoben. Ich nehme die Zügel und beobachte Benyamin, der auf dem Sattel eines Esels herumrutscht und, sobald er meinen Blick bemerkt, mit verkniffenen Lippen zur Seite sieht und dabei die schwere Steinkugel auf seiner Brust umklammert.
    Was ich Aron gesagt habe, kann er mir nicht vergeben.
    Und gerade heute hätte ich ihn, seine innige Freundschaft, seine unverbrüchliche Treue und seinen Trost gebraucht – mehr denn je. Aber er lässt mich diesen schweren Weg allein gehen. Nein, ich bin nicht enttäuscht von ihm, denn ich kann ja verstehen, warum er so reagiert, aber sein Verhalten stimmt mich sehr traurig.
    Mit Tränen in den Augen wende ich mich ab und trabe durch das Portal hinaus auf den Weg, der nach links zur Davidstraße hinabführt.
    Uthman folgt mir durch das Tor. Aus den Augenwinkeln sehe ich gerade noch, wie er im letzten Augenblick fluchend seinen Hengst herumreißt und einen der kleinen Jungen umreitet, die dort herumlungern und uns mit glänzenden Augen anstaunen. Dann schließt Uthman auf und reitet so nah neben mir durch die Gasse, dass sich unsere Knie berühren. Arslan und seine bewaffneten Mamelucken halten sich direkt hinter uns.
    »Benyamin und du – habt ihr gestritten?«, fragt Uthman plötzlich.
    »Ja.«
    Er bemerkt die Tränen in meinen Augen. »Ist das das Ende eurer Freundschaft?«
    Ich senke den Blick, um die Tränen wegzublinzeln, und antworte nicht, aber er weiß auch so, was in mir vorgeht.
    Er beugt sich vor und legt mir tröstend eine Hand auf den Arm. »Du bist nicht allein, Yared«, flüstert er. »Du hast einen Vater, der dich sehr schätzt, einen Bruder, der zu dir steht, und in wenigen Wochen, sobald wir nach Al-Kahira zurückgekehrt sind, eine Gemahlin, die dich über alles liebt und sich nichts sehnlicher wünscht, als dir einen Sohn zu schenken.«
    Ich nicke stumm.
    Im

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