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Der Gotteswahn

Der Gotteswahn

Titel: Der Gotteswahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dawkins
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zurück? Darauf, dass eine bekannte lesbische Komikerin sich zufällig gerade in New Orleans aufhielt. [41] Nun sollte man meinen, dass ein allmächtiger Gott die Sünder ein ganz klein wenig gezielter ausradieren könnte, beispielsweise mit einem wohlüberlegten Herzinfarkt, statt eine ganze Stadt zu zerstören, nur weil sie zufällig eine lesbische Komikerin beherbergt.
    Im November 2005 sorgten die Bürger von Dover in Pennsylvania in ihrer Schulbehörde für die Abwahl einer ganzen Fraktion von Fundamentalisten, die die Stadt berüchtigt und sogar lächerlich gemacht hatten, weil sie versuchten, die Lehre des »Intelligent Design« im Unterricht durchzusetzen. Als Pat Robertson hörte, dass die Fundamentalisten mit demokratischen Mitteln an der Wahlurne unterlegen waren, ließ er eine ernste Warnung an Dover ergehen:

    Eins möchte ich den guten Bürgern von Dover gern sagen: Wenn in Ihrer Gegend jetzt eine Katastrophe passiert, dann wenden Sie sich bitte nicht an Gott! Sie haben ihn gerade aus Ihrer Stadt verbannt, also fragen Sie nicht, warum er Ihnen nicht geholfen hat, wenn Ihre Probleme anfangen – und ich sage nicht, dass sie anfangen werden. Aber wenn es passiert, dann denken Sie dran, dass Sie Gott aus Ihrer Stadt abgewählt haben. Wenn es so ist, dann bitten Sie ihn nicht um Hilfe, denn dann ist er vielleicht nicht da. 103

    Pat Robertson könnte als harmloser Komödiant durchgehen, wenn er nicht so typisch für all jene wäre, die heute in den Vereinigten Staaten Macht und Einfluss haben.
    Eine Entsprechung zu Noah ist die Geschichte von Sodom und Gomorrha. Hier blieb nur Abrahams Neffe Lot mit seiner Familie verschont, weil er als Einziger rechtschaffen war. Zwei männliche Engel werden nach Sodom geschickt: Sie sollen Lot warnen, damit er die Stadt verlässt, bevor es Feuer und Schwefel regnet. Lot bewirtet die Engel gastfreundlich in seinem Haus, woraufhin sich alle Männer aus Sodom rund um sein Domizil versammeln und verlangen, Lot solle ihnen die Engel ausliefern, damit sie – was sonst? – Sodomie mit ihnen treiben könnten: »Wo sind die Männer, die zu dir gekommen sind diese Nacht? Führe sie heraus zu uns, damit wir uns über sie hermachen.« (1. Mose 19,5). Lot weigert sich, dem Ansinnen nachzukommen, und dieser Edelmut legt die Vermutung nahe, dass Gott nicht ganz Unrecht hatte, als er ihn als den einzigen guten Menschen in Sodom auswählte. Aber Lots Heiligenschein bekommt einen Kratzer, als er die Weigerung mit einem Zugeständnis verknüpft: »Ach, liebe Brüder, tut nicht so übel! Siehe, ich habe zwei Töchter, die wissen noch von keinem Manne; die will ich herausgeben unter euch, und tut mit ihnen, was euch gefällt; aber diesen Männern tut nichts, denn darum sind sie unter den Schatten meines Daches gekommen.« (1. Mose 19,7–8).
    Was immer diese seltsame Geschichte sonst noch bedeuten mag, sie sagt sicher etwas darüber aus, welchen Respekt man in einer zutiefst religiösen Kultur den Frauen entgegenbrachte. Übrigens erweist es sich als unnötig, dass Lot die Jungfräulichkeit seiner Töchter verschachert, denn es gelingt den Engeln, die Rabauken auf wundersame Weise mit Blindheit zu schlagen und sie damit unschädlich zu machen. Dann warnen sie Lot: Er solle sofort mit seinen Angehörigen und dem Vieh seine Zelte abbrechen, weil die Stadt demnächst zerstört werde. Die ganze Familie entkommt, nur Lots unglückselige Ehefrau wird vom Herrn in eine Salzsäule verwandelt, weil sie ein – in unseren Augen eigentlich geringfügiges – Verbrechen begangen hat: Sie hat sich umgesehen und einen Blick auf das Feuerwerk geworfen.
    Im weiteren Verlauf der Geschichte haben Lots Töchter noch einmal einen kurzen Auftritt. Nachdem ihre Mutter zur Salzsäule erstarrt ist, leben sie mit dem Vater in einem Lager im Gebirge. Da es ihnen an männlicher Gesellschaft fehlt, beschließen sie, ihren Vater betrunken zu machen und dann Geschlechtsverkehr mit ihm zu haben. Lot bekommt nichts mit, als seine ältere Tochter zu ihm ins Bett kommt und ihn anschließend wieder verlässt, aber er ist noch nicht zu betrunken, um sie zu schwängern. Am nächsten Abend kommen die Töchter überein, dass jetzt die Jüngere an der Reihe sei. Wieder ist Lot betrunken, merkt nichts und schwängert auch die zweite Tochter (1. Mose 19,31–36). Wenn diese gestörte Familie die beste war, die Sodom in Sachen Moral vorzuweisen hatte, dann empfindet man fast eine gewisse Sympathie mit Gott und seinem Gericht aus

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