Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Gotteswahn

Der Gotteswahn

Titel: Der Gotteswahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dawkins
Vom Netzwerk:
Straße mit Macheten überfallen und getötet. Ein Christ wurde in einen Autoreifen gesteckt, mit Benzin übergossen und bei lebendigem Leib verbrannt. In Großbritannien wurden Demonstranten fotografiert, auf deren Transparenten stand: »Schlachtet die, die den Islam beleidigen«, »Tod denen, die sich über den Islam lustig machen«, »Europa, du wirst bezahlen: Die Zerstörung ist schon unterwegs« und »Enthauptet alle, die sagen, der Islam sei eine gewalttätige Religion«. Glücklicherweise waren unsere Politiker zur Stelle und erinnerten uns daran, dass der Islam doch eine Religion des Friedens und der Barmherzigkeit ist.
    Im Gefolge dieser Vorgänge interviewte der Journalist Andrew Mueller den führenden »gemäßigten« Muslim in Großbritannien, Sir Iqbal Sacranie. 17 Dieser mag nach den heutigen Maßstäben des Islam gemäßigt sein, aber nach Muellers Bericht steht er noch heute zu einer Bemerkung, die er machte, als Salman Rushdie wegen eines Romans zum Tode verurteilt wurde: »Der Tod ist vielleicht noch zu milde für ihn.« Mit dieser Aussage steht er in schändlichem Gegensatz zu seinem mutigen Vorgänger als einflussreichster britischer Muslim, dem verstorbenen Dr. Zaki Badawi, der Salman Rushdie in seinem eigenen Haus Unterschlupf gewährte. Sacranie erklärte Mueller, wie besorgt er wegen der dänischen Karikaturen sei. Auch Mueller war besorgt, aber aus einem ganz anderen Grund: »Ich fürchte, die lächerliche, völlig unverhältnismäßige Reaktion auf ein paar nicht besonders lustige Skizzen in einer obskuren skandinavischen Zeitung könnte bestätigen, dass … der Islam und der Westen grundsätzlich unvereinbar sind.« Sacranie dagegen lobte die britischen Zeitungen, weil sie die Karikaturen nicht nachgedruckt hatten, woraufhin Mueller einen im Lande weit verbreiteten Verdacht aussprach: »Die Selbstbeschränkung der britischen Presse entspringt wohl weniger der Sensibilität gegenüber muslimischer Unzufriedenheit als vielmehr dem Wunsch, dass einem nicht die Fensterscheiben eingeworfen werden.«
    Sacranie erklärte: »Die Person des Propheten, Friede sei mit ihm, wird in der muslimischen Welt so tief verehrt, mit einer Liebe und Zuneigung, die man nicht in Worte fassen kann. Sie geht über die Liebe zu den Eltern, den Angehörigen, den Kindern hinaus. Das ist ein Teil des Glaubens. Es gibt im Islam auch das Gebot, den Propheten nicht abzubilden.« Das unterstellt, wie Mueller es formuliert,

    dass die Werte des Islam Vorrang vor allen anderen haben – davon geht jeder Anhänger des Islam aus, genau wie jeder Anhänger einer anderen Religion glaubt, sein Weg sei der einzig Richtige, Wahre und Erleuchtete. Wenn jemand einen Prediger aus dem 7. Jahrhundert mehr lieben will als seine eigene Familie, dann ist das seine Sache, aber kein anderer ist verpflichtet, das ernst zu nehmen.

    Wenn man es jedoch nicht ernst nimmt und nicht den entsprechenden Respekt zollt, wird man physisch bedroht, und das in einem Ausmaß, zu dem sich seit dem Mittelalter keine andere Religion mehr verstiegen hat. Man muss sich fragen, warum solche Gewalt nötig ist. Reicht es nicht, mit Mueller zu sagen: »Wenn einer von euch Clowns irgendwo recht hat, dann wandern die Karikaturisten doch sowieso in die Hölle – reicht das nicht? Wenn ihr euch in der Zwischenzeit über Angriffe auf Muslime aufregen wollt, dann lest mal die Berichte von Amnesty International über Syrien und Saudi-Arabien.«
    Vielen Menschen ist auch aufgefallen, welcher Kontrast zwischen der hysterischen »Verletztheit« der Muslime und der bereitwilligen Veröffentlichung judenfeindlicher Karikaturen in arabischen Medien besteht. In Pakistan wurde bei einer Demonstration gegen die dänischen Karikaturen eine Frau in schwarzer Burka mit einem Transparent fotografiert, auf dem stand: »Gott segne Hitler.«
    Als Reaktion auf dieses ganze hektische Chaos bedauerten anständige liberale Zeitungen die Gewalt und legten symbolische Bekenntnisse zur Meinungsfreiheit ab. Gleichzeitig drückten sie aber »Respekt« und »Mitgefühl« für die »Beleidigung« und »Verletzung« aus, unter denen die Muslime »gelitten« hatten. Wie gesagt: Die »Verletzung« und das »Leiden« bestanden nicht darin, dass irgendein Mensch Gewalt oder echte Schmerzen erlitten hätte: Es waren nur ein paar Linien aus Druckerschwärze in einer Zeitung, von der außerhalb Dänemarks nie jemand etwas gehört hätte, wenn das Chaos nicht mit einer gezielten Kampagne geschürt worden

Weitere Kostenlose Bücher