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Der Gotteswahn

Der Gotteswahn

Titel: Der Gotteswahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dawkins
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außen feindselig zu sein, auch ohne Religion vorhanden wäre. Ein kleines Beispiel dafür sind die Fans konkurrierender Fußballmannschaften. Aber selbst zwischen Fußballanhängern verlaufen manchmal religiöse Grenzen, etwa bei den Glasgow Rangers und Celtic Glasgow. Weitere wichtige Trennungszeichen sind Sprachen (beispielsweise in Belgien) und Stammeszugehörigkeiten (besonders in Afrika). Aber die Religion verstärkt und verschärft das Übel in mindestens dreifacher Hinsicht:

    •   Durch die Etikettierung von Kindern. Von frühester Kindheit an spricht man von »katholischen Kindern« oder »protestantischen Kindern« usw. obwohl sie sicher noch viel zu jung sind und sich selbst nicht überlegen konnten, was sie von der Religion halten (auf diese Form der Kindesmisshandlung werde ich im neunten Kapitel zurückkommen).
    •   Konfessionelle Schulen. Kinder werden – wiederum häufig bereits in sehr jungen Jahren – zusammen mit Angehörigen der gleichen religiösen Gruppe und getrennt von den Kindern der Anhänger anderer Religionen unterrichtet. Man kann ohne Übertreibung sagen, dass die Probleme in Nordirland nach einer Abschaffung der Konfessionsschulen im Laufe einer Generation verschwinden würden.
    •   Tabuisierung von »Mischehen«. Dieses Tabu schreibt die überkommenen Feindseligkeiten und Rachegelüste fort, weil es die Vermischung verfeindeter Gruppen verhindert. Wären Ehen zwischen ihnen erlaubt, würden die Feindseligkeiten sich auf ganz natürliche Weise abschwächen.

    Das nordirische Dorf Glenarm ist der Sitz der Earls of Antrim. Bei einer Gelegenheit, für die es noch heute Zeitzeugen gibt, tat der damalige Earl das Undenkbare: Er heiratete eine Katholikin. Sofort wurden überall in Glenarm als Zeichen der Trauer die Fensterläden verschlossen. Ebenso verbreitet ist die Abscheu vor »Mischehen« bei strenggläubigen Juden. In dem bereits beschriebenen Experiment nannten mehrere israelische Kinder die entsetzlichen Gefahren der »Assimilation« als wichtigste Rechtfertigung für Josuas Schlacht von Jericho. Wenn Angehörige verschiedener Religionen tatsächlich heiraten, sprechen beide Seiten mit bösen Vorahnungen von der »Mischehe«, und häufig gibt es langwierige Konflikte darüber, wie man die Kinder erziehen soll. Als ich klein war und noch begeistert die Ansichten der Anglikanischen Kirche vertrat, war ich wie vor den Kopf geschlagen, als ich hörte, bei einer Heirat zwischen einem katholischen und einem anglikanischen Partner müssten die Kinder stets katholisch erzogen werden. Warum ein Geistlicher einer beliebigen Konfession auf dieser Bedingung bestand, konnte ich ohne weiteres begreifen. Was ich nicht verstand (und bis heute nicht verstehe), war die Asymmetrie. Warum schlugen die anglikanischen Priester nicht mit der umgekehrten Regel zurück? Ich vermute, sie waren einfach weniger gnadenlos. Mein alter Kaplan und Betjemans »Our Padre« waren einfach zu nett.
    In der Soziologie gibt es statistische Untersuchungen zur religiösen Homogamie (Eheschließung zwischen Angehörigen der gleichen Religion) und Heterogamie (Eheschließung zwischen Angehörigen verschiedener Religionen). Norval D. Glenn von der University of Texas in Austin sammelte eine Reihe solcher Studien bis zum Jahr 1978 und analysierte sie in ihrer Gesamtheit. 112 Nach seinen Feststellungen besteht im Christentum ein deutlicher Trend zu religiöser Homogamie (Protestanten heiraten Protestanten, Katholiken heiraten Katholiken, und dies geht über den normalen Effekt nach dem Motto »der Junge von nebenan« hinaus). Noch ausgeprägter ist der Trend unter Juden. Insgesamt füllten 6021 verheiratete Personen den Fragebogen aus; davon bezeichneten sich 140 als Juden, und von diesen wiederum hatten 85,7 Prozent auch Juden geheiratet. Das ist ein wesentlich größerer Anteil, als man es bei einer Zufallsverteilung der homogamen Ehen erwarten würde. Natürlich ist diese Erkenntnis für niemanden etwas Neues. Unter strenggläubigen Juden sind Ehen mit Andersgläubigen verpönt; sehr deutlich wird das Tabu in jüdischen Witzen über Mütter, die ihre Söhne warnen, sich nicht von blonden Schicksen ködern zu lassen. Von drei amerikanischen Rabbinern stammen die folgenden typischen Aussagen:

    •   »Ich lehne es ab, interreligiöse Trauungen vorzunehmen.«
    •   »Ich traue nur dann, wenn die Paare ihre Absicht bekunden, die Kinder als Juden zu erziehen.«
    •   »Ich traue, wenn die Paare bereit sind, sich

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