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Der Gotteswahn

Der Gotteswahn

Titel: Der Gotteswahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dawkins
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Wissenschaft« berichtet Ihr Wissenschaftskorrespondent (ausgerechnet am Ostersonntag), wie Richard Dawkins dem Erzbischof von York in einer Diskussion über Naturwissenschaft und Religion »schweren intellektuellen Schaden zufügte«. Wir erfahren etwas über »selbstbewusst lächelnde Atheisten« und lesen: »Löwen gegen Christen 10:0«.

    Im weiteren Verlauf kritisiert Stannard den Observer , dass er nicht auch über eine spätere Begegnung zwischen ihm und mir berichtet habe. Diese Veranstaltung, an der auch der Bischof von Birmingham und der angesehene Kosmologe Sir Herman Bondi teilnahmen, fand bei der Royal Society statt und war nicht als Streitgespräch inszeniert, was dazu führte, dass sie viel konstruktiver war. In seiner unausgesprochenen Verurteilung der Streitgesprächssituation kann ich Stannard nur zustimmen. Vor allem beteilige ich mich aus Gründen, die ich in A Devil’s Chaplain dargelegt habe, niemals an Diskussionen mit Kreationisten. [47]
    Obwohl ich also solche Gladiatorenkämpfe nicht mag, habe ich mir offenbar irgendwie den Ruf erworben, der Religion streitsüchtig gegenüberzustehen. Selbst Kollegen, die wie ich überzeugt sind, dass es keinen Gott gibt, dass wir keine Religion brauchen, um moralisch zu sein, und dass wir die Wurzeln von Religion und Moral durchaus mit nicht religiösen Begriffen erklären können, betrachten mich mit leichter Verwirrung. Warum sind Sie so feindselig? Was ist denn so schlimm an der Religion? Richtet sie wirklich so viel Schaden an, dass wir sie aktiv bekämpfen müssen? Warum verfahren wir nicht nach dem Motto »Leben und leben lassen« – wie bei Stier und Skorpion, Kristallenergie und Leylinien? Ist das nicht alles nur harmloser Unsinn?
    Darauf könnte ich zunächst einmal erwidern: Die Feindseligkeit, die ich und andere Atheisten gelegentlich gegenüber der Religion zum Ausdruck bringen, beschränkt sich auf Worte. Ich werde niemanden wegen theologischer Meinungsverschiedenheiten bombardieren, enthaupten, steinigen, auf dem Scheiterhaufen verbrennen oder kreuzigen, und ich werde auch kein Flugzeug in ein Hochhaus lenken. Doch dabei belässt es mein Gesprächspartner in aller Regel nicht. Er sagt dann oft ungefähr Folgendes: »Kennzeichnet Ihre Feindseligkeit Sie nicht als atheistischen Fundamentalisten, der auf seine Weise genauso verbohrt ist wie die Spinner aus dem bibeltreuen Süden der USA?« Diesen Vorwurf des Fundamentalismus muss ich ausräumen, denn er wird bedrückend häufig erhoben.

Fundamentalismus und die Unterwanderung der Naturwissenschaft

    Fundamentalisten wissen, dass sie recht haben: Sie haben die Wahrheit in einem heiligen Buch gelesen und sind sich schon im Voraus sicher, dass nichts sie von ihren Überzeugungen abbringen wird. Die Wahrheit des heiligen Buches ist nicht das Ergebnis eines vernünftigen Denkprozesses, sondern ein Axiom. Das Buch ist wahr, und wenn die Belege ihm zu widersprechen scheinen, muss man nicht das Buch über Bord werfen, sondern die Belege. Wenn ich als Wissenschaftler dagegen an Dinge glaube (beispielsweise an die Evolution), dann nicht deshalb, weil ich ein heiliges Buch gelesen hätte, sondern weil ich die Belege untersucht habe. Das ist wirklich etwas ganz anderes. An Bücher über Evolution glaubt man nicht, weil sie heilig wären, sondern weil sie eine überwältigende Fülle von Belegen beschreiben, die sich gegenseitig stützen. Im Prinzip kann jeder Leser den Weg zurückverfolgen und die Belege selbst überprüfen. Wenn ein wissenschaftliches Buch unrecht hat, findet irgendwann jemand den Fehler, und in nachfolgenden Büchern wird er korrigiert. Dass so etwas bei heiligen Büchern nicht geschieht, liegt auf der Hand.
    Philosophen, vor allem Amateure mit ein wenig philosophischer Bildung, und unter diesen wiederum vor allem jene, die vom »Kulturrelativismus« infiziert sind, legen an dieser Stelle vielfach eine altbekannte falsche Fährte: Danach ist der Glaube des Wissenschaftlers an Belege selbst eine fundamentalistische Glaubensüberzeugung. Mit solchen Behauptungen habe ich mich schon an anderer Stelle auseinandergesetzt, deshalb will ich mich hier nur kurz wiederholen.
    Wir alle glauben in unserem Leben an Belege – ganz gleich, wozu wir uns bekennen, wenn wir unsere Amateurphilosophenkappe aufgesetzt haben. Wenn ich wegen Mordes angeklagt bin und der Staatsanwalt mich klipp und klar fragt, ob es wahr sei, dass ich am Abend des Verbrechens in Chicago war, komme ich mit philosophischen

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