Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Gotteswahn

Der Gotteswahn

Titel: Der Gotteswahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dawkins
Vom Netzwerk:
Herrgott uns Adolf Hitler gesandt hat, damit Deutschland für alle Ewigkeit ein Fundament werde.

    In seinem so bemerkenswerten wie erschreckenden Buch Humanity: A Moral History of the Twentieth Century (»Menschenliebe: Eine Ethikgeschichte des 20. Jahrhunderts«) schreibt Jonathan Glover auch über den quasi-religiösen Stalin-Kult und zitiert dabei einen litauischen Autor:

    Ich näherte mich Stalins Porträt, nahm es von der Wand, stellte es auf den Tisch, stützte den Kopf in die Hände, starrte es an und meditierte. Was sollte ich tun? Das Gesicht des Führers war wie immer so ruhig, seine Augen so klarsichtig, sie dringen in die Ferne vor. Es ist, als würde dieser durchdringende Blick mein kleines Zimmer durchschneiden und draußen den ganzen Erdball umspannen. […] Mit jeder Faser, jedem Nerv, jedem Tropfen Blut spüre ich, dass es in diesem Augenblick auf der ganzen Welt nichts anderes gibt als dieses liebe, geliebte Gesicht.

    Solch quasi-religiöse Lobhudelei wirkt umso abstoßender, als sie in Glovers Buch unmittelbar auf den Bericht über Stalins entsetzliche Gräueltaten folgt.
    Stalin war Atheist, Hitler vermutlich nicht; doch selbst wenn auch Hitler Atheist gewesen wäre, ist die Diskussion um die beiden Diktatoren unter dem Strich ganz einfach. Einzelne Atheisten können scheußliche Dinge tun, aber nicht im Namen des Atheismus. Stalin und Hitler begingen entsetzliche Taten, aber der eine im Namen eines dogmatischen, doktrinären Marxismus, der andere im Namen einer krankhaften, unwissenschaftlichen Theorie der Erbgesundheit, die mit halb-wagnerianischen Fantastereien unterlegt war. Religionskriege werden tatsächlich im Namen der Religion geführt, und das ist in der Geschichte entsetzlich oft geschehen. Dass ein Krieg im Namen des Atheismus geführt würde, kann ich mir nicht vorstellen. Was sollte der Grund sein?
    Hinter einem Krieg können viele Motive stecken: wirtschaftliche Habgier, politischer Ehrgeiz, ethnische oder rassische Vorurteile, tief sitzende Vergeltungs- oder Rachegelüste, oder der patriotische Glaube an die Bestimmung der eigenen Nation. Ein noch plausibleres Kriegsmotiv ist der unerschütterliche Glaube, die eigene Religion sei die einzig wahre, insbesondere wenn dieser Glaube durch ein heiliges Buch bestärkt wird, das alle Ketzer und Anhänger konkurrierender Religionen zum Tode verurteilt und ausdrücklich verspricht, die Krieger Gottes würden geradewegs in den Himmel der Märtyrer eingehen. Sam Harris trifft in seinem Buch The End of Faith (»Das Ende des Glaubens«) wie so oft ins Schwarze:

    Religiöser Glaube birgt die Gefahr, dass er ansonsten ganz normalen Menschen gestattet, die Früchte des Wahnsinns zu ernten und sie für heilig zu halten. Da jeder neuen Kindergeneration beigebracht wird, religiöse Vorschriften müssten nicht wie alle anderen Regeln gerechtfertigt werden, ist die Zivilisation immer noch von den Armeen des Absurden belagert. Noch heute bringen wir uns wegen antiker Literatur um. Wer hätte gedacht, dass etwas so Tragisch-Absurdes möglich ist?

    Umgekehrt gefragt: Warum sollte jemand im Namen eines nicht vorhandenen Glaubens in den Krieg ziehen?

8. Was ist denn so schlimm an der Religion? Warum diese Feindseligkeit?
    Die Religion hat die Menschen überzeugt, dass im Himmel ein unsichtbarer Mann wohnt, der alles sieht, was man tut – jeden Tag, jede Minute. Dieser unsichtbare Mann hat eine Liste von zehn Dingen, die man nicht tun soll. Wenn man aber doch eines dieser zehn Dinge tut, dann hat er einen besonderen Ort mit Feuer und Rauch und Flammen und Folter und Angst. Dorthin schickt er einen, damit man für immer dort lebt und leidet und brennt und erstickt und schreit und weint, bis an das Ende der Zeiten … Aber Er liebt dich!
        
    George Carlin

Ich bin von Natur aus kein Mensch, der die Konfrontation sucht. Die Situation der Gegnerschaft ist nach meiner Überzeugung keine gute Voraussetzung, um die Wahrheit zu ergründen, und Einladungen zu formellen Streitgesprächen lehne ich regelmäßig ab. Einmal wurde ich aufgefordert, in Edinburgh mit dem damaligen Erzbischof von York zu diskutieren. Ich fühlte mich geehrt und sagte zu. Nach der Diskussion ließ der religiöse Physiker Russell Stannard in seinem Buch Doing Away with God? (»Kein Platz mehr für Gott?«) einen Brief nachdrucken, den er an die Zeitung Observer geschrieben hatte:

    Unter der Überschrift »Gott belegt schlechten zweiten Platz hinter der Majestät der

Weitere Kostenlose Bücher