Der Gotteswahn
versteht. Es geht um die Arche Noah. Die Arche Noah! – wo die Kinder doch so atemberaubende Tatsachen lernen könnten wie die, dass Afrika und Südamerika früher einmal verbunden waren und dann mit der Geschwindigkeit, mit der Fingernägel wachsen, auseinandergerissen wurden.
Lesen wir doch noch ein wenig mehr von Layfield (dem Fachleiter für Naturwissenschaften) über die Sintflut als schnelle Erklärung aus jüngerer Zeit für Phänomene, die sich nach den wirklichen geologischen Befunden nur im Laufe vieler hundert Millionen Jahre abspielen konnten:
Im Rahmen unserer großen geophysikalischen Lehre müssen wir einräumen, dass es in historischer Zeit eine weltweite Überschwemmung gab, wie sie in 1. Mose 6–10 skizziert wird. Wenn der biblische Bericht stimmt und die aufgeführten Stammbäume (z. B. 1. Mose 5; 1. Chronik 1; Matthäus 1 und Lukas 3) einigermaßen vollständig sind, können wir berechnen, dass diese weltweite Katastrophe in einer relativ jungen Vergangenheit stattgefunden hat. Ihre Auswirkungen sind überall im Übermaß zu erkennen. Den wichtigsten Beleg findet man in den von Fossilien durchsetzten Sedimentgesteinen, den umfangreichen Reserven an Kohlenwasserstoff-Brennstoffen (Kohle, Öl und Gas) und den »Legenden« über eine große Flut, die es weltweit in den verschiedensten Bevölkerungsgruppen gibt. Dass es möglich ist, eine Arche voller repräsentativer Lebewesen ein Jahr lang zu erhalten, bis das Wasser ausreichend weit zurückgegangen ist, wurde unter anderem von John Woodmorrappe stichhaltig nachgewiesen.
In gewisser Weise ist das sogar noch schlimmer als die zuvor zitierten Äußerungen von Nichtswissem wie Nigel McQuoid oder Bischof Wayne Malcolm. Denn Layfield hat eine naturwissenschaftliche Ausbildung. Eine weitere erstaunliche Passage lautet:
Wie wir bereits zu Beginn festgestellt haben, sehen Christen aus sehr guten Gründen in den Schriften des Alten und Neuen Testaments einen verlässlichen Leitfaden für das, was wir glauben sollen. Es sind nicht nur religiöse Schriften. Sie liefern uns einen wahren Bericht über die Erdgeschichte, den wir nur zu unserem eigenen Schaden ignorieren.
Die Behauptung, die Bibel liefere einen wörtlich wahren Bericht über die Erdgeschichte, würde jeden angesehenen Theologen aufheulen lassen. Gemeinsam mit meinem Freund Richard Harries, dem Bischof von Oxford, schrieb ich einen Brief an Tony Blair, den wir von acht Bischöfen und neun führenden Naturwissenschaftlern unterzeichnen ließen. 161 Unter den Wissenschaftlern waren der Präsident der Royal Society (der zuvor Tony Blairs wichtigster Berater in naturwissenschaftlichen Fragen gewesen war), die Sekretäre für Biologie und Physik der Royal Society, der Astronomer Royal (der heute Präsident der Royal Society ist), der Direktor des Natural History Museum und Sir David Attenborough, vielleicht der angesehenste Mann in England überhaupt. Unter den Theologen waren ein katholischer und sieben anglikanische Bischöfe, also führende religiöse Persönlichkeiten aus ganz England. Als Antwort kam nur ein oberflächliches, nichtssagendes Schreiben aus dem Büro des Premierministers, in dem auf die guten Prüfungsergebnisse der Schule und positive Berichte der offiziellen Schulaufsichtsbehörde OFSTED verwiesen wurde. Indes, wenn die OFSTED-Inspektoren positiv über eine Schule berichten, deren naturwissenschaftlicher Fachleiter den Schülern beibringt, das ganze Universum habe erst nach der Domestikation des Rindes begonnen, könnte ja auch die Schulaufsicht vielleicht einen klitzekleinen Mangel haben – doch auf diese Idee kam Mr. Blair offensichtlich nicht.
Der vielleicht beunruhigendste Teil von Stephen Layfields Vortrag ist der letzte Absatz mit der Überschrift »Was ist zu tun?« Darin beschreibt er, welche Taktik Lehrer anwenden sollen, wenn sie fundamentalistisch-christliche Lehren im naturwissenschaftlichen Unterricht behandeln wollen. Er fordert die Lehrer beispielsweise auf,
stets darauf zu achten, ob eine Evolutions-/Alterde-Lehre (Millionen oder Milliarden Jahre) in einem Lehrbuch, bei einer Examensfrage oder von einem Besucher ausdrücklich erwähnt oder unausgesprochen nahegelegt wird, und dann höflich auf die Angreifbarkeit dieser Aussage hinzuweisen. Wenn möglich, müssen wir für die gleichen Befunde die (stets bessere) Alternative einer biblischen Erklärung anbieten. Einige Beispiele aus Physik, Chemie und Biologie werden wir zu gegebener Zeit
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