Der Grabritter (German Edition)
nicht mehr abbringen. Sie nahm Kerner an der Hand und zog ihn hinter sich her in die Bibliothek. Dort ging sie zu einem Bücherregal und drückte einen Knopf, der unter einem der Regalbretter versteckt war. Ein Stück der Bücherwand fuhr nach vorne und dann zur Seite weg. Ein begehbarer Waffenschrank wurde sichtbar. Kerner staunte nicht schlecht. Sofort erkannte er, dass sich in dem Schrank unter anderem viele, sehr seltene Sammlerwaffen befanden, die einen enormen Wert hatten. Bice nahm zwei doppelläufige Schrotflinten und zwei Schachtel n Patronen heraus. Dann schloss sie den Schrank wieder.
»Also los Victor, das wollte ich schon lange wieder mal machen.« Sie gingen hinaus zu dem Unterstand, wo das Elektro-Cart stand, und kamen dabei an dem Springbrunnen vorbei. Jupiter und Tacita sahen Kerner an und wedelten mit ihren Ruten. Kurz zwinkerte er ihnen zu. Bice sah zu den Hunden und drehte plötzlich den Kopf. »Womit hast du die beiden bestochen? Das habe ich ja noch nie erlebt. Die haben sich gerade darüber gefreut, dass du kommst. Auf mich haben sie gar nicht reagiert.« Kerner hob die Hände. »Ich habe nichts gemacht. Außerdem glaube ich, du irrst dich. Vielleicht schielen sie ja nur ein bisschen.« Bice verzog das Gesicht. »Von wegen schielen. Na wart‘s ab, ich komm schon noch dahinter.« Beim Unterstand holte Bice das Elektro-Cart heraus und sie packten ihre Sachen darauf. Dann fuhren sie hinaus zu dem Schießstand, der auf der entgegengesetzten Seite des Anwesens lag. Dort angekommen nahm Bice die Gewehre und die Munition. Ein schmaler Weg führte sie hinunter in eine Senke, wo an einer Seite zwei Wurfmaschinen aufgebaut waren. Bice nahm von einem Stapel Tonscheiben eine herunter und legte sie in eines der Katapulte ein. Dann zeigte sie auf einen Punkt, der etwa fünfzig Meter weit weg lag. Sie nahm eines der Gewehre und zeigte Kerner, wie man es lud. Dann steckte sie ihm eine Handvoll Patronen in die Tasche. »Okay, Victor, stell dich auf den Platz da vorne und mach dich bereit. Auf dein Kommando Los!, … . schieße ich die Scheibe ab.« Sie lachte. »Dann musst du nur noch treffen.« Kerner sah auf das Gewehr in seiner Hand. »Also schön«, sagte er schließlich. »Aber wehe, ich höre ein Lachen von hier oben.« Damit ging er zu der Stelle, die ihm Bice gezeigt hatte.
Er stellte sich auf und hielt das Gewehr etwas unbeholfen bereit zum Schuss. »Los!«, rief er laut. Bice schoss die erste Scheibe ab. Kerner feuerte, und die Scheibe flog, ohne auch nur einen Kratzer abzubekommen, in den gegenüberliegenden Hang hinein. »Gleich noch mal!«, rief Bice ihm zu. Wieder legte er das Gewehr an. »Los!« Erneut verfehlte der Schuss meilenweit sein Ziel. Mit gespielter Frustration sah Kerner zu Bice hinüber. Doch sie gab ihm zu verstehen, dass er weitermachen sollte. Kerner schüttelte den Kopf und entfernte die leeren Patronenhülsen aus dem Gewehr. Er lud erneut. Das Ganze ging fast eine halbe Stunde lang so. Bis auf eine einzige Scheibe, an der eine Ecke abgesprungen war, hatte er lediglich Löcher in die Luft geschossen. Wenn er ehrlich war, so kratzte es schon gewaltig an seinem Ego, sich so zu blamieren. Zu gerne hätte er eine kleine Vorstellung gegeben, aber im Moment hielt er es einfach für klüger, sich keine unnötige Blöße zu geben. Verzweifelt bat er Bice um Erlösung und zu seiner großen Erleichterung gab sie schließlich auf und ließ sich ins Gras fallen.
Lachend setzte Kerner sich neben sie. »Wenn wir beide wirklich einmal zusammen sein sollten, dann muss ich einen Leibwächter für dich engagieren. Wie du siehst, tauge ich dazu nicht.« Bice zog Kerners Kopf zu sich herunter und küsste ihn. »Nicht nötig, mein Lieber. Das Geld können wir uns sparen.« Sie stand auf, nahm ihr Gewehr und setzte zwei Patronen ein. Dann nickte sie mit dem Kopf zu den beiden Wurfmaschinen. »Lässt du sie fliegen?«, fragte sie mit einem schalkhaften Ausdruck in den Augen. Kerner stand auf. »Zu Befehl, Contessa.« Während Bice zu dem Platz ging, wo Kerner eben noch gestanden hatte, übernahm er die Wurfmaschinen. Bice stellte sich breitbeinig hin und dann kam auch schon ihr erstes Kommando. Kerner löste den Katapult aus und die Scheibe flog hinaus. Der Schuss aus Bice‘ Zwillingsbüchse donnert durch das kleine Tal, und die Tonscheibe wurde in tausend Teile zerfetzt. Ehrlich erstaunt sah Kerner zu ihr hinüber. Da hörte er schon das nächste Kommando. Er jagte die nächste Scheibe
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