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Der Grabritter (German Edition)

Der Grabritter (German Edition)

Titel: Der Grabritter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Lierss
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Haeckel aufgrund dieser Vorlage eine rassistische Ideologie. Eine gefährliche Lektüre. Für das Recht des Stärkeren, gemäß Haeckels Veröffentlichungen, musste eine konsequente Selektion stattfinden. Eine Auslese von hoch entwickelten Menschen, die sich wiederum nur mit ihresgleichen fortpflanzen sollten. Für jene, die den hohen Anforderungen nicht gewachsen waren, sah er Euthanasieprogramme vor. So regte er in seinen Werken an, missgebildete Neugeborene, geistig behinderte Menschen, Krebskranke und andere für die Volkswirtschaft unnütze Kreaturen konsequent auszumerzen.
     
    Es waren genau diese krankhaften Theorien, die auch einst Heinrich Himmler übernommen hatte. Er ging dabei nur noch einen Schritt weiter. Haeckels Baum des Lebens , der sich wie eine Anleitung zur Rassenzüchtung las, wurde von Himmlers SS auf brutalste Weise in die Realität umgesetzt. Mit grenzenloser Menschenverachtung hatte er den Aufbau von Massenvernichtungslagern betrieben, um das Land von den Untermenschen zu befreien. Die Ballastexistenzen mussten über Bord geworfen werden.
    Allenfalls als Ersatzteillager für die Oberschicht hätte ein kleiner Teil von ihnen noch eine Daseinsberechtigung. Allein der von ihm angestrebten Herrenrasse sollten alle Ressourcen zur Verfügung stehen.
     
    Kerners Blick ging weiter über die Reihen der Bücher. Alles, was er hier sah, war geschrieben von Menschen ohne Seele. Spencers Suvrival of the Fittest , Hitlers Mein Kampf. Die Reihe setzte sich unendlich fort, und in all diesen Büchern dort steckten Hunderte von Zetteln mit handschriftlichen Anmerkungen. Hier hatte jemand nicht nur etwas nachgeschlagen, nein, diese Bücher studierte jemand voller Hingabe. Kerner schob das letzte Buch, das er herausgezogen hatte, wieder zurück. Es war klar, wer diese Bücher und ihren Inhalt verehrte. Ferruccio Vigiani, … Himmlers Erbe. Er wollte die Bibliothek schon verlassen, als sein Blick auf ein kleines, schwarzes Notizbuch fiel, das dort vor einer Bücherreihe in einem der Regale lag.
    Kerner nahm es in die Hand und schlug es auf. Es gehörte Ferruccio Vigiani. Überall waren Geldbeträge in verschiedenen Währungen notiert, hinter denen sich irgendwelche Kürzel befanden. Es waren teilweise gewaltige Summen, um die es dort ging. Gerade in den letzten Tagen häuften sich die Eintragungen. Kerner fiel ein Datum ins Auge, unter dem etwas Fettgeschriebenes stand: C.N.T. Dahinter eine lange Nummer. Kerner überlegte. Plötzlich fiel es ihm wieder ein. Das Datum stimmte überein mit dem Tag, von dem Graf von Löwenberg ihm erzählt hatte.
     
    An diesem Tag war Ferruccio Vigiani mit seinem Begleiter in der Züricher Bank aufgetaucht und hatte das dort bestehende Konto aufgelöst. Kerner nahm sein Handy aus der Tasche und fotografierte den Eintrag . Dann legte er das Notizbuch wieder, und darauf achtete er diesmal peinlichst, auf exakt die gleiche Stelle im Regal, von der er es genommen hatte. Nicht noch einmal wollte er sich von Ferruccio Vigiani vorführen lassen. Keinen Moment zu früh. Ferruccio kehrte zurück in die Bibliothek, und warf Kerner, der sich gerade zu einem anderen Regal herumgedreht hatte, einen kurzen, finsteren Blick zu. Zielstrebig ging er zu dem Notizbuch und steckte es ein. Einen Augenblick hielt er inne und drehte sich zu Kerner um. »Wie es scheint, interessieren Sie sich nicht nur für Kunst, Mr. Baranow. Sie werden hier jedoch kaum die passende Literatur finden. Ich empfehle Ihnen eine etwas leichtere Kost.« Ohne eine Antwort abzuwarten, verließ der Conte die Bibliothek. Kerner sah ihm nach. Mehr als je zuvor war er entschlossen, diesem Mann das Handwerk zu legen.   
    49
     
    Der Mann, der so lange Wochen auf der Intensivstation der Uniklinik in Bonn mit dem Tode gerungen hatte, öffnete langsam die Augen. Sein Mund war trocken, und in seinem Hals spürte er einen eigenartigen Druck. Er hatte das Gefühl, nahe dem Verdursten zu sein und das Licht um ihn herum erschien ihm ungeheuer grell. Von irgendwoher drangen Schritte und Stimmen an sein Ohr. Immer wieder hörte er einen Namen. Doch dann verstummen alle Geräusche wieder und er fiel zurück in einen tiefen Schlaf.
     
    Kommissar Korte stürzte in das Büro von Dr. Kurz. Dort fand gerade eine Besprechung mit den Leitern der einzelnen Abteilungen statt. Die Sekretärin aus dem Vorzimmer lief hinter Korte her und versuchte, ihn zurückzuholen, aber Korte schüttelte sie einfach ab. Einen Augenblick nach Luft schnappend, blieb

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