Der Grabritter (German Edition)
anderen hatten bereits das Haupthaus gestürmt, stießen aber nirgendwo mehr auf Gegenwehr. Lediglich die Bediensteten der Vigianis befanden sich noch im Haus und mussten sich im Speisesaal versammel n . Als Sir John und der Richter hineingehen wollten, kam einer der Carabinieri auf sie zu. Er zeigte mit der Hand zu einer Stelle nahe des Unterstandes. Eine Frau und ein Mann standen dort, die von zwei riesigen Doggen bewacht wurden. Um sie herum hielten mehrere der Carabinieri ihre Waffen im Anschlag. Der Richter reagierte sofort. »Halt! Nicht schießen!«
Zusammen mit Sir John ging er hinüber. Bice de Vigiani und ihr Leibwächter Ramon standen regungslos dort. Niemand kam an sie heran. Mit gefletschten Zähnen wurden die b eiden von Jupiter und Tacita bewacht. Der Richter trat zwischen den Carabinieri hindurch. »Sind Sie die Contessa Vigiani?«, fragte er in beruhigend leisem Tonfall. Bice hörte ihn nicht. Starr sah sie in die Richtung, wo das Jagdhaus mittlerweile in hellen Flammen stand, und der Himmel sich rot färbte. Ramon sah den Richter an. »Ja, das ist die Contessa Vigiani. Glauben Sie mir, sie hat nichts mit all dem zu tun, weswegen Sie hier sind.« Der Richter folgte dem Blick von Bice und sah hoch zu dem Punkt, wo die Flammen in den Himmel schossen. Dann drehte er den Kopf wieder zu Ramon. »Ich glaube, das weiß ich bereits. Bitte bringen Sie die Hunde weg und kommen ins Haus. Ich muss die Contessa bitten, mir Zugang zu allem zu gewähren. Es wird Ihnen nichts geschehen.«
Langsam wanderte der Blick von Bice zu dem weißhaarigen Mann, der dort ganz ruhig vor ihr stand. »Wir kommen. Ich werde Ihnen alle Schlüssel aushändigen und Ihnen alles zeigen, und dann, wenn gegen mich und Ramon nichts vorliegt, möchte ich hier weggehen können.« Der Richter sah wieder hinüber zu John Fiz Patric, bevor er langsam weiter sprach. »Ich denke, das geht in Ordnung. Sie dürfen sich vorerst nur nicht außer Landes bewegen. Man hat vielleicht noch Fragen an Sie.« Ramon nickte. Dann leinte er die Hunde an und brachte sie weg.
Gemeinsam gingen Bice und Ramon kurz darauf mit Richter Catani und John Fiz Patric ins Haus. Als sie gerade eintreten wollten, kamen ihnen von drinnen drei Männer entgegen gelaufen. Es waren d ie drei Experten, die das Gemälde im Auftrag des Conte auf seine Echtheit hin untersuchen sollten. Wild gestikulierend liefen sie auf den Richter zu. Aufgeregt ergriff einer von ihnen das Wort. »Gut, dass Sie kommen. Die Carabinieri dort drinnen sagten, Sie seien Richter. Nun Richter, walten Sie Ihres Amtes. Hier sollte ein dreister Betrug an unserem hochverehrten Conte Donatello Vigiani stattfinden. Der Rubens ist eine Fälschung.«
Irritiert sah Richter Catani John Fiz Patric an. Der Großmeister der Grabritter hielt sich den Bauch vor Lachen. Dann erklärte er dem Richter, was es mit dem Bild auf sich hatte. Als Catani begriff, worum es ging, wandte er sich wieder den Experten zu, die mit offenem Mund dem zugehört hatten, was Sir John da gerade erzählt hatte. »Nun meine Herren, da können wir aber wirklich froh sein, dass Sie sich bei Ihren Untersuchungen so viel Zeit gelassen haben. Allerdings sieht es mir ganz so aus, als ob Sie sich hier an einer Straftat beteiligen wollten. Zumindest hier in Italien ist es eine. Inwieweit das zu belangen ist, damit wird sich zu gegebener Zeit ein Gericht befassen.« Richter Catani rief zwei der Carabinieri heran. Unter lautem Protest ließ er kurzerhand die drei verdutzten Kunstexperten abführen.
Müde und abgekämpft kam Kerner mit den Grabrittern zusammen den Berg herunter. Die entgegenkommenden Carabinieri, die vom Richter schon über die Anwesenheit der Männer in ihren schwarzen Kutten informiert worden waren, blieben stehen. Nachdem ihnen Kerner kurz die Vorgänge beim Jagdhaus geschildert hatte, ging die Polizeitruppe weiter, um den Brand zu überwachen. Als die Grabritter schließlich beim Haupthaus ankamen, waren dort die Carabinieri bereits dabei, das ganze Gelände zu untersuchen. Völlig erschöpft setzten sich die Ritter um den großen Springbrunnen herum ins Gras. Kerner und Siegfried von Löwenberg gingen ins Haus. Auch hier waren die Einsatzkräfte damit beschäftigt, Unterlagen und Beweisstücke zusammenzutragen. Die beiden gingen an dem Speisesaal vorbei, in dem die Angestellten befragt wurden. Dann sah Kerner das Licht, das aus dem Kaminzimmer auf den Gang fiel, und ging voran. Als er hereinkam, sah er Bice.
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