Der Grabritter (German Edition)
Der Mann zog die dicke Brille vom Gesicht und wischte sich mit einem Taschentuch den Schweiß von der Stirn. Breitbeinig stand er dort in der Tür. Der Mann, der schon so viel Leid um sich herum verbreitet hatte: Marquart. Lachend feuerte er die singenden Männer an. Dann ging er zu ihnen hinüber.
Derb stießen die Soldaten die Kinder zu Boden. Marquart stellte sich hin und blickte auf sie herunter. Mit dem Finger zeigte er auf sie und zählte dann zwischen ihnen ab. Auf einem der beiden Mädchen blieb sein Finger schließlich stehen. Johlend packten zwei Soldaten das andere Kind und schleppten es zu einer der Hütten. Wieder begannen die Soldaten, das Lied zu singen. Marquart nahm das Mädchen, das vor ihm auf dem Boden lag, an der Hand und schleifte es mit sich zu seiner Behausung. Wie bei einem Festzug begleiteten ihn die Soldaten, die jetzt ausnahmslos bei dem Geschehen versammelt waren. Einzig die beiden Wachen vor dem General Headquater blieben stehen. Ihre Köpfe reckten sich neugierig in Richtung der anderen. Hinter ihnen ging die Tür der großen Hütte auf. Ein bulliger Mann in sauberer Uniform trat heraus. In seinem Gesicht war eine große Narbe. Er ging bis zu den Wachen und sah ebenfalls lachend in die Richtung des Schauspiels, das sich dort bot.
Die Gesichter von Siegfried von Löwenberg und Lord Griffin waren zu Stein geworden. Kerner sah die beiden an. »Das können wir nicht zulassen. Egal wie es für uns ausgeht, wir müssen jetzt da rein.« Er hatte einen Plan. Kurz steckten sie ihre Köpfe zusammen, dann standen sie auf. Immer noch hatten alle im Camp nur Augen für das Treiben um den Sänger . In einer Reihe gingen die drei hinunter ins Lager. Erst als sie nur noch ungefähr zwanzig Meter vom General entfernt waren, bemerkte man sie. Einige der Rebellen fingen an zu schreien und zeigten in ihre Richtung. Kerner ging jetzt in der Mitte, die Panzerfaust im Anschlag. Sie war genau auf den General gerichtet . Zu den Seiten hatten Graf Siegfried und Lord Griffin jeder eine der Wachen mit ihren Armbrüsten ins Visier genommen.
Es wurde still im Lager. Der Gesang verstummte. Unbeirrt gingen die Drei einfach immer weiter auf den General zu. Als die Wachen ihre Maschinengewehre hochreißen wollten, brüllte der General etwas, das die drei nicht verstehen konnten. Die Mündungen der Gewehre sanken wieder nach unten. Weiter und weiter gingen sie. Als nur noch wenige Meter zwischen dem Mann mit der schweren Gesichtsnarbe und ihnen lagen, blieben sie stehen. Die Panzerfaust in Kerners Händen zeigte auf die Brust des Anführers. Das Gesicht des Generals zeigte keine Regung. Aus den Augenwinkeln heraus sah Kerner, dass Marquart die Hand des kleinen Mädchens langsam losließ. Wie vom Donner gerührt stand er da. Er starrte ihn und die beiden Grabritter an. Sein Mund stand weit offen, und die kalten Fischaugen traten aus ihren Höhlen. Kerner sah den General an. Dann zeigte er auf Marquart. »Den wollen wir, und die beiden Mädchen. Dann gehen wir wieder. Wenn nicht, dann sind Sie ein toter General. Haben Sie das verstanden?« Der General blickte lange in Kerners Augen. Dann sah er auf seine beiden B egleiter und schließlich auf die Panzerfaust, die genau auf ihn gerichtet war. Ein Lächeln legte sich auf sein Gesicht.
»Natürlich verstehe ich Sie. Ich spreche Ihre Sprache sehr gut, ich habe in Cambridge studiert. Also, ich muss sagen, Sie haben sehr viel Mut, hierher zu kommen und so etwas von mir zu verlangen. Wissen Sie denn auch schon, wie Sie hier wieder wegkommen?« Die Panzerfaust in Kerners Händen wandert hoch zum Kopf des Generals . »Ja, mit Ihnen. Sie begleiten uns bis zu einer Stelle, wo wir Sie nicht mehr brauchen. Dort werden wir Sie freilassen. Darauf haben Sie mein Wort.« Verächtlich spuckte der General aus. »Ihr Wort, was soll das schon bedeuten?« Kerner trat langsam noch einen Schritt auf das Narbengesicht zu. »Ich kann es auch anders ausdrücken. Tun Sie es nicht, dann jage ich diese Panzerfaust in Sie hinein und nicht einmal ein Spürhund könnte dann noch ein Stück von Ihnen finden. Auch darauf haben Sie mein Wort. Sie dürfen sich also frei entscheiden, worauf Sie bauen wollen.« Wieder lächelte der General . Dann drehte er sich um und winkte Marquart zu sich. Immer noch ungläubig auf die Grabritter starrend, schüttelte der den Kopf. »Nein, auf keinen Fall werde ich mit denen da mitgehen«, rief er herüber. Der General brüllte seinen Leuten einen Befehl
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