Der Grabritter (German Edition)
hervor.
Sie begann zu lachen und reichte sie Kerner. Mit ehrlicher Erleichterung hatte er gerade etwas registriert. Offenbar gab es für die Contessa Grenzen, die sie nicht überschreiten würde. »Nun Contessa, ich würde sagen, dass wir anscheinend die gleiche Sicht auf gewisse Dinge haben. Also, wie geht es jetzt weiter?« Ein hintergründiges Lächeln umspielte plötzlich die Lippen der Contessa. »Wissen Sie, Mr. Baranow, es hat einen bestimmten Grund, warum ich Sie hier in Lecco mit der Jacht abgeholt habe. Der Chauffeur hätte Sie auch mit der Limousine zu unserem Anwesen bringen können. Aber mein Vater wird Sie wahrscheinlich sofort nach Ihrem Eintreffen wegen des Bildes in Beschlag nehmen. Ich möchte Sie jedoch noch ein bisschen besser kennenlernen. Wenn Sie also Lust haben, dann vergessen wir für heute die Geschäfte und ich zeige Ihnen die schönsten Plätze rund um den Lario. So nennen den See nämlich die Leute, die ihn lieben. Ich bin fest davon überzeugt, dass auch Sie ihn heute Abend so nennen werden.« Ein breites Lächeln, das von einem Ohr zum anderen reichte, überzog Kerners Gesicht. Der Ausdruck, der dabei in seine Augen trat, blieb Bice nicht verborgen. Es schien jedoch als sei er ihr nicht unangenehm. Sie rief einen Mann der Besatzung und bat ihn, Kerners Gepäck zu verstauen. Zugleich sah sie auf die große Rolle, die immer noch unter seinem Arm steckte. »Die können Sie aber nicht überall hin mitnehmen. Kommen Sie, wir deponieren sie unter Deck.« Während Bice schon vorausging, zögerte Kerner. Bice blieb stehen und sah sich nach ihm um. »Glauben Sie mir, Mr. Baranow, niemand würde etwas auf diesem Schiff entwenden. Nunzio, einer unserer Männer wird den ganzen Tag an Bord bleiben.
Aber selbst wenn er nicht da wäre, wenn überhaupt niemand an Bord dieses Schiffes wäre … niemand würde es wagen, auch nur einen Fuß an Bord zu setzen. Diese Jacht gehört Conte Donatello Vigiani, meinem Vater. Das alleine wäre Sicherheit genug. Also Mr. Baranow, wollen Sie nun mit mir kommen?« Bice lachte plötzlich. »Schließlich hätten Sie mich im Falle eines Falles noch als Geisel.« Kerner sah auf die Rolle unter seinem Arm und wieder zurück zur Contessa. »Sie haben recht, wer würde ein bemaltes Stück Leinwand nicht ohne Zögern einsetzen, um es gegen eine solche Schönheit eintauschen. Nein, ich glaube ich kann Ihnen vertrauen. Allerdings unter einer Bedingung. Nennen Sie mich nicht mehr Mr. Baranow. Geschäftspartner nennen mich so. Freunde sagen einfach Victor.«
Mit einem prüfenden Blick sah Bice Kerner an. »Mein Vater und auch mein Bruder haben mir beigebracht, sehr vorsichtig zu sein. Aber auch eine gute Menschenkenntnis haben sie mir vermittelt. Auf die konnte ich mich bisher eigentlich recht gut verlassen. Also schön … Victor, du scheinst es wert zu sein, dich ein wenig weiter vordringen zu lassen, als ich es für gewöhnlich zulasse. Das solltest du zu schätzen wissen. Dann heiße ich also ab sofort für dich einfach nur noch Bice und freue mich sehr auf den Tag mit dir.«
Das Gemälde war in einem Wandschrank unter Deck verstaut, und die Bice hatte Fahrt aufgenommen. Kerner trat hinter der Contessa an die Reling der Jacht. Dabei glitten seine Blicke über ihren Körper. Er war vollkommen. Viel mehr noch als bei ihrer ersten Begegnung in Bonn kamen in den Jeans, die sie jetzt trug, und dem eng anliegenden Pullover ihre weiblichen Formen zur Geltung. Kerner musste sich eingestehen, dass er wohl noch nie einen so süßen Hintern gesehen hatte und wie sie ihn zu bewegen hatte, das schien Bice ebenfalls genau zu wissen. Ihre Taille war gertenschlank. Sie musste viel Sport treiben. Als sie sich zu ihm herumdrehte, konnte er, ohne viel Phantasie entwickeln zu müssen, erkennen, dass auch ihr Busen wohl geformt war. Mit einem kleinen Lächeln registrierte Bice Kerners Blicke.
Von Lecco aus fuhren sie vorbei an den steilen Felshängen in Richtung Bellagio. Kerner bewunderte die herrliche, mediterrane Landschaft. Verträumt sah Bice zu dem überall üppig bewachsenen Ufer. »Ich mag diese unberührten Teile des Sees. Die meisten Orte sind von Touristen belagert. Aber hier kann man noch das wahre Gesicht des Lario sehen. Als ob Gott es für einen ganz allein gemacht hätte.« Kerner sah Bice an. »Glaubst du denn an Gott? An einen Gott, der für all das hier und für das ganze Universum verantwortlich ist?« Bice schien etwas verwirrt von der Frage. Sie lachte. „Ich bin
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