Der Graf und die Diebin
schwarz verschmiert.
„Was denkt diese Person eigentlich?“, grunzte er und wischte sich die Finger an der Hose ab. „Bin ich ihr Laufbursche? Verdammt noch mal!“
„Ich finde auch, dass es eine Zumutung ist“, sagte Nadine mit Empörung. „Sie tut gerade so, als sei sie hier zu Hause.“
René warf die Büchse auf den hölzernen Tisch, erhob sich widerwillig und schüttelte die Eisenspäne von der Kleidung. Dann wandte er sich grinsend an die kleine Nadine, die mit vor Empörung rosigen Wangen vor ihm stand. Er griff mit seiner breiten Hand behutsam unter ihr Kinn und hob ihr Gesicht ein wenig an.
„Lauf mir nicht weg, meine Kleine“, sagte er mit seiner tiefen, etwas brummigen Stimme. „Wir beide sollten uns einmal wieder miteinander beschäftigen, meinst du nicht?“
Nadine löste sich mit einer leichten Bewegung von ihm und trat zwei Schritte zurück. „Oh nein, Monsieur“, gab sie energisch zurück. „Ich glaube, dass Ihr viel besser bei den Bauernmädchen aufgehoben seid, mit denen Ihr Euch so gern und bereitwillig vergnügt.“
„Komm schon, Nadine“, knurrte er ärgerlich und versuchte sie um die Taille zu fassen. „Du warst doch früher nicht so zurückhaltend. Haben wir nicht aufregende Nächte miteinander gehabt, wir zwei?“
„Das ist vorbei“, sagte sie kühl.
„Dickköpfige Person“, polterte er. „Und wenn ich dir sage, dass die Geschichten mit den Bauernmädeln mir gar nichts bedeuten? Dass ich die ganze Zeit nur an dich gedacht habe?“
Nadine spürte, dass ihr Herz heftig klopfte. Aber sie ließ sich nichts anmerken. „Ich bin nun einmal eine, die nicht gerne teilt, Monsieur“, gab sie zurück. „Vielleicht liegt es daran, dass unsere Nächte damals ein wenig – zu schön waren.“
„Das hört sich doch schon besser an, mein süßes scheues Reh.“ Er grinste vergnügt, und jetzt gelang es ihm endlich, ihr die Hand um die Taille zu legen.
Doch als er versuchte sie zu küssen, wich sie ihm geschickt aus. „Um dieses Reh zu fangen, muss der Herr Jäger viel Geduld an den Tag legen“, meinte sie verschmitzt. „Und er sollte sich nicht allzu sehr mit anderem Wildbret zerstreuen.“
„Verstanden“, murmelte er und küsste ihre Schulter. „Du wirst sehen, wie beständig dein Jäger sein Ziel ab jetzt verfolgen wird. Lauf mir nicht weg. Ich bin gleich wieder da.“
Lächelnd sah Nadine ihm nach, als er davonging, und sie überlegte, ob sie ihm schon am heutigen Abend nachgeben sollte. Oh, dieser gutmütige, tapsige Bär hatte keine Ahnung, dass er selbst das Wild war, das gezähmt werden sollte. Es würde sein Schaden nicht sein, denn die kleine Nadine war bis über beide Ohren in ihren Bären verliebt. Marguerite de Fador hatte sich von ihrer Dienerin auskleiden lassen und ein dünnes seidenes Nachtkleid angelegt. Es war eines dieser sündhaft teuren Kleider, deren Stoff so fein war, dass man hindurchsehen konnte. Danach hatte sie genüsslich den heißen Kakao getrunken und Mutmaßungen darüber angestellt, für wen er wohl zubereitet worden war.
Die Qualität war ausgezeichnet – falls das Zeug für die kleine Jeanne gedacht war, dann hatte sie das Herz der Dienerschaft erobert.
Ein Klopfen kündigte an, dass der rothaarige Bär ihrer Aufforderung nachkam. Sie gab der Kammerzofe einen Wink die Tür zu öffnen und zog die Bettdecke ein wenig höher hinauf. Gerade so weit, dass die dunklen Spitzen ihrer Brüste, die durch den Stoff hindurch zu sehen waren, nicht bedeckt wurden.
René hatte sich die Hände gewaschen und eine Jacke übergezogen, sein Gesicht war gerötet und drückte Unzufriedenheit aus. Er hatte anderes im Sinn, als hier Rede und Antwort zu stehen. Als er jedoch einen neugierigen Blick auf Marguerite geworfen hatte, stockte ihm der Atem. Sie hatte das blonde Haar gelöst, das nun ihr Gesicht weich umrahmte, Arme und Hals waren entblößt, und ihr Busen schien von einem durchsichtigen Schleier kaum verhüllt. Ihr Lächeln erweckte in seiner Fantasie eine Reihe von Vorstellungen, die er rasch wieder zurückdrängte, denn er hielt sie für unpassend.
Er blieb vor ihrem Bett stehen und hüstelte verlegen. Sie schien jedoch keineswegs daran zu denken, ihre verführerische Blöße zu bedecken. Stattdessen hob sie die Arme über den Kopf und verschränkte die Hände im Nacken. „Es war ganz unverzeihlich von mir, Euch zu so später Stunde noch rufen zu lassen“, erklärte sie scheinbar zerknirscht. „Ich bin aus Paris gewöhnt, bis in die
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