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Der Graf von Monte Christo 1

Der Graf von Monte Christo 1

Titel: Der Graf von Monte Christo 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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nichts mehr anziehen wird. Aber wollen Sie nicht eine Erfrischung zu sich nehmen, Herr Abbé?«
    »Doch, geben Sie mir eine Flasche von Ihrem besten Wein, und wir werden dann unsere Unterhaltung fortsetzen.«
    »Wie Ihnen beliebt, Herr Abbé«, antwortete Caderousse, und um nicht diese Gelegenheit zu verlieren, eine der letzten Flaschen von seinem Cahors anzubringen, beeilte er sich, eine im Fußboden des Zimmers angebrachte Falltür zu öff nen.
    Als er nach fünf Minuten wieder erschien, fand er den Abbé auf einem Schemel sitzend, den Ellbogen auf einen langen Tisch ge-stützt, während Margottin, der seinen Frieden mit dem seltsamen Reisenden gemacht hatte, der ganz wider Erwarten hier etwas genie-
    ßen wollte, seinen mageren Hals auf seinen Schenkel streckte und ihn mit schmachtenden Augen ansah.
    »Sie sind allein?« fragte der Abbé den Wirt, als dieser die Flasche und ein Glas vor ihn hinstellte.
    »Nun, lieber Gott, ja, oder doch fast allein, Herr Abbé; denn meine Frau kann mir in nichts helfen, da sie krank ist.«
    »Ah, Sie sind verheiratet!« sagte der Priester interessiert, indem er einen Blick um sich warf, der das armselige Mobiliar zu taxie-ren schien.
    »Sie fi nden, daß ich nicht reich bin, nicht wahr, Herr Abbé?« fragte Caderousse seufzend. »Aber, lieber Gott, es genügt nicht, ehrlich zu sein, um in der Welt vorwärtszukommen.«
    Der Abbé richtete einen durchdringenden Blick auf ihn.
    »Ja, ein ehrlicher Mann, dessen kann ich mich rühmen, Herr«, fuhr der Wirt fort, indem er den Blick des Abbés aushielt, die eine Hand auf die Brust legte und mit dem Kopf nickte, »und das kann heutzutage nicht jeder sagen.«
    »Um so besser, wenn das, dessen Sie sich rühmen, wahr ist«, entgegnete der Abbé; »denn der ehrliche Mann, davon bin ich überzeugt, wird früher oder später belohnt und der schlechte bestraft werden.«
    »Das ist Ihr Beruf, so zu sprechen, Herr Abbé«, sagte Caderousse mit bitterem Ausdruck; »unsereinem aber steht es frei, nicht zu glauben, was Sie sagen.«
    »Sie tun unrecht, so zu sprechen«, erwiderte der Abbé, »denn vielleicht werde ich selbst Ihnen gleich ein Beweis dessen sein, was ich sage.«
    »Was meinen Sie damit?« fragte Caderousse erstaunt.
    »Ich meine, daß ich mich vor allem erst versichern muß, ob Sie derjenige sind, mit dem ich zu tun habe.«
    »Welche Beweise soll ich Ihnen dafür geben?«
    »Haben Sie im Sommer  oder  einen Seemann gekannt, der sich Dantès nannte?«
    »Dantès …! Und ob ich ihn gekannt habe, diesen armen Edmund!
    Er war sogar einer meiner besten Freunde!« rief Caderousse, dessen Gesicht eine Purpurröte bedeckte, während das klare und sichere Auge des Abbés sich auszudehnen schien, um den Mann ganz zu umfassen.
    »Ja, ich glaube in der Tat, daß er sich Edmund nannte.«
    »Ob er sich Edmund nannte, der Kleine! Ich denke doch, so wahr wie ich mich Gaspard Caderousse nenne! Und was ist aus diesem armen Edmund geworden, Herr?« fuhr der Wirt fort. »Haben Sie ihn etwa gekannt? Lebt er noch? Ist er frei? Ist er glücklich?«
    »Er ist als Gefangener gestorben, verzweifelter und elender als die Übeltäter, die im Bagno von Toulon ihre Kugel schleppen.«
    Eine tödliche Blässe folgte der Röte auf Caderousses Gesicht. Er wandte sich ab, und der Abbé sah ihn mit einem Zipfel des roten Tuches, das er um den Kopf trug, eine Träne fortwischen.
    »Armer Junge!« murmelte Caderousse. »Nun, da haben Sie wieder einen Beweis von dem, was ich Ihnen sagte, Herr Abbé, daß der liebe Gott nur gut gegen die Schlechten ist. Oh, daß es noch zwei Tage lang Pulver und Feuer regnete!«
    »Sie liebten den Jungen von ganzem Herzen, wie es scheint?« fragte der Abbé.
    »Ja, ich liebte ihn sehr«, antwortete Caderousse, »obgleich ich mir vorzuwerfen habe, daß ich einen Augenblick sein Glück beneidete.
    Seitdem aber, das schwöre ich Ihnen bei meiner Ehre, habe ich sein unglückliches Schicksal tief beklagt.«
    Sie schwiegen einen Augenblick lang, während der Blick des Abbés sich nicht von dem beweglichen Gesicht des Herbergswirtes ab-wandte.
    »Und Sie haben ihn gekannt, den armen Kleinen?« fuhr Caderousse fort.
    »Ja, ich wurde an sein Sterbebett gerufen, um ihm den letzten Trost der Religion zu spenden«, antwortete der Abbé.
    »Woran ist er denn gestorben?« fragte Caderousse mit erstickter Stimme.
    »Woran stirbt man mit dreißig Jahren in der Gefangenschaft, wenn nicht an der Gefangenschaft selbst?«
    Caderousse

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