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Der Graf von Monte Christo 1

Der Graf von Monte Christo 1

Titel: Der Graf von Monte Christo 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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    Carlini beschwor seinen Hauptmann, zu seinen Gunsten eine Ausnahme zu machen und Rita zu schonen. Er stellte ihm vor, daß ihr Vater reich sei und ein gutes Lösegeld zahlen werde.
    Cucumetto schien den Bitten seines Freundes nachzugeben und beauftragte ihn, einen Hirten zu suchen, den man zu dem Vater Ritas nach Frosinone schicken könne.
    Carlini trat fröhlich an das junge Mädchen heran, sagte ihr, daß sie gerettet sei, und veranlaßte sie, an ihren Vater einen Brief zu schreiben. Sie berichtete darin, was ihr zugestoßen war, und teilte mit, daß ihr Lösegeld auf dreihundert Piaster festgesetzt sei.
    Man gab dem Vater eine Frist von zwölf Stunden, das heißt bis zum andern Morgen um neun Uhr.
    Als der Brief geschrieben war, eilte Carlini sofort damit in die Ebene, um einen Boten zu suchen.
    Er fand einen jungen Hirten, der seine Herde in die Hürde trieb.
    Die Hirten sind die Boten der Räuber, da sie zwischen Stadt und Gebirge, zwischen dem wilden und dem geordneten Leben stehen.
    Der junge Hirte machte sich sofort auf den Weg. Er hatte versprochen, noch vor Ablauf einer Stunde in Frosinone zu sein.
    Carlini kehrte zurück, um seiner Geliebten diese gute Nachricht mitzuteilen.
    Er fand die Bande in der Lichtung, wo die Räuber die Vorräte verzehrten, die sie von den Landleuten als Tribut erhoben; unter dieser lustigen Versammlung suchte er Cucumetto und Rita vergebens.
    Er fragte, wo sie wären; die Banditen antworteten mit einem schal-lenden Gelächter. Kalter Schweiß trat auf Carlinis Stirn, und er fühl-te, wie sein Herz sich in Todesangst zusammenkrampfte.
    Er wiederholte seine Frage. Einer der Räuber füllte sein Glas mit Orvietowein und reichte es ihm, indem er sagte:
    »Auf das Wohl des tapferen Cucumetto und der schönen Rita!«
    In diesem Augenblick glaubte Carlini den Schrei einer Frau zu hören.
    Er nahm das Glas, schlug es auf dem Gesicht des Räubers entzwei und stürzte in die Richtung, woher der Schrei gekommen war.
    Nach hundert Schritten fand er hinter einem Dickicht Rita ohnmächtig in den Armen Cucumettos.
    Die beiden Banditen sahen sich einen Augenblick an.
    Rita lag zwischen den beiden.
    Der Mond beschien die Szene.
    »Nun«, sagte Cucumetto, »hast du den Auftrag, der dir erteilt war, ausgeführt?«
    »Jawohl, Hauptmann«, antwortete Carlini, »und morgen vor neun Uhr wird der Vater Ritas mit dem Geld hier sein.«
    »Sehr gut. Inzwischen werden wir eine fröhliche Nacht feiern.
    Dieses Mädchen ist reizend, und du hast wahrhaftig einen guten Geschmack, Carlini. Da ich kein Egoist bin, so wollen wir zu den Kameraden zurückkehren und darum losen, wem sie jetzt gehören soll.«
    »Du bist also entschlossen, sie dem allgemeinen Gesetz zu überlassen?« fragte Carlini.
    »Und warum sollte zu ihren Gunsten eine Ausnahme gemacht werden?«
    »Ich hatte geglaubt, daß du auf meine Bitte …«
    »Und was bist du mehr als die andern?«
    »Das ist richtig.«
    »Aber sei unbesorgt«, fuhr Cucumetto lachend fort, »etwas früher oder später kommt die Reihe auch an dich.«
    Carlini preßte die Zähne zusammen, als ob er sie zerbrechen wollte.
    »Nun«, sagte Cucumetto, indem er einen Schritt nach dem Platz zu tat, wo die Bande lagerte, »kommst du?«
    »Ich folge dir …«
    Cucumetto entfernte sich, ohne Carlini aus den Augen zu verlieren, denn er fürchtete jedenfalls, daß er von hinten auf ihn schießen wür-de. Aber nichts an dem Räuber deutete eine feindliche Absicht an.
    Er stand mit gekreuzten Armen neben der noch immer ohnmächtigen Rita.
    Einen Augenblick hatte Cucumetto den Gedanken, daß der junge Mann sie aufnehmen und mit ihr fl iehen würde. Aber ihm lag jetzt wenig daran, er hatte von Rita gehabt, was er wollte; und was das Geld anbetraf, so waren dreihundert Piaster, unter die Bande verteilt, so wenig, daß er sich nicht viel daraus machte.
    Er setzte also seinen Weg zur Lichtung fort; aber zu seinem großen Erstaunen kam Carlini fast ebenso früh dort an wie er selbst.
    »Losen, losen!« schrien sämtliche Räuber, als sie den Hauptmann bemerkten.
    Die Augen aller dieser Männer glänzten vor Trunkenheit und Lüsternheit, während die Flammen einen roten Schein über sie warfen, der sie wie Teufel erscheinen ließ.
    Was sie verlangten, war ihr Recht; der Hauptmann gab denn auch mit dem Kopf ein Zeichen, daß er ihrem Verlangen willfahre. Man warf sämtliche Namen in einen Hut, den Carlinis so gut wie die der anderen, und der jüngste der Bande zog aus dem Hut einen

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