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Der Graf von Monte Christo 1

Der Graf von Monte Christo 1

Titel: Der Graf von Monte Christo 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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machen oder es der Zukunft anheimstellen sollte, ihm neue Beweise in die Hand zu geben.
    Die drei Herren frühstückten zusammen. Sie sprachen von der kurz bevorstehenden Hinrichtung. Der Graf forderte die beiden Freunde auf, mit ihm zu kommen und sich die Hinrichtung anzusehen. Die beiden jungen Männer nahmen an. Nach dem Frühstück entfernte sich der Graf, um seinem Bedienten Bescheid zu sagen.
    Nach einem Augenblick kam er wieder zurück.
    »Hier bin ich, meine Herren«, sprach er, »und gehöre nun ganz Ihnen; die Aufträge sind besorgt; der Wagen fährt nach der Piazza del Popolo, und wir wollen, wenn es Ihnen beliebt, über den Korso gehen. Nehmen Sie doch einige von diesen Zigarren, Herr von Morcerf«, fügte er hinzu, indem er einen seltsamen Nachdruck auf diesen Namen legte, den er zum erstenmal aussprach.
    »Oh, mit großen Freuden«, rief Albert, »denn die Zigarren, die man hier in Italien bekommt, sind schlecht genug. Wenn Sie nach Paris kommen, werde ich mich revanchieren.«
    »Ich sage nicht nein, denn ich habe die Absicht, gelegentlich einmal nach Paris zu reisen, und werde dann, da Sie es mir erlauben, an Ihre Tür klopfen. Nun, meine Herren, wir haben keine Zeit zu verlieren, es ist halb ein Uhr; gehen wir.«
    Alle drei gingen die Treppe hinab. Als sie an den Palazzo Rospoli gekommen waren, richtete Franz seine Blicke auf die Fenster.
    »Welche sind Ihre Fenster?« fragte er den Grafen in unbefange-nem Ton.
    »Die drei letzten«, antwortete der Graf.
    Franz wandte seine Augen rasch nach diesen drei Fenstern; die zwei Seitenfenster waren mit gelben Damastvorhängen behängt, das mittlere mit weißem Damast mit einem roten Kreuz. Der Mann im Mantel hatte dem Trasteveriner Wort gehalten; es war nun außer Zweifel, der Mann im Mantel war der Graf. Die Herren stiegen in den zweiten Stock des Palazzo und nahmen ihre Plätze ein.
    Franz richtete seine ganze Aufmerksamkeit auf das Schauspiel, das die Piazza del Popolo darbot, und auf das furchtbare Werkzeug, das in dieser Stunde den Hauptschmuck ausmachte. Es war das erstemal, daß Franz eine Guillotine sah.
    Zwei Männer, die auf einem Brett saßen, worauf der Delinquent gelegt wird, nahmen das Frühstück ein und aßen, soviel Franz sehen konnte, Brot und Würste; der eine von ihnen hob das Brett auf, nahm eine Flasche Wein hervor, trank daraus und reichte die Flasche seinem Kameraden; diese zwei Männer waren die Gehilfen des Henkers. Bei ihrem bloßen Anblick schon fühlte Franz, wie ihm der Schweiß auf die Stirn trat.
    Die Verurteilten, die den Abend zuvor aus dem Neuen Gefängnis in die kleine Kirche Santa Maria del Popolo geführt worden waren, hatten jeder unter dem Beistand zweier Priester die Nacht in einer eng vergitterten Kapelle zugebracht, vor der Wachen aufgestellt worden waren. Eine doppelte Reihe von Karabinieri erstreckte sich von der Kirchentür bis zum Schafott und um dasselbe herum. Der ganze Platz war von Männern und Frauen dicht besetzt. Viele Frauen hielten ihre Kinder auf den Schultern.
    Auf einmal öff nete sich die Kirchentür. Eine Brüderschaft von Büßenden, jeder von ihnen in einen grauen Sack gehüllt, der bloß an den Augen Löcher hatte, kam zuerst. Sie hielten brennende Kerzen in den Händen, und voraus ging das Oberhaupt der Brüderschaft.
    Hinter den Büßenden ging ein Mann von hohem Wuchs; er hatte nichts als eine Leinwandhose an, an deren linker Seite ein großes Messer in einer Scheide hing; auf der rechten Schulter trug er eine schwere eiserne Keule. Dieser Mann war der Henker. Hinter dem Henker gingen erst Peppino, dann Andrea, in der Reihenfolge, in der sie hingerichtet werden sollten. Jeder wurde von zwei Geistlichen begleitet. Keinem von beiden waren die Augen verbunden. Peppino ging festen Schrittes; er wußte ohne Zweifel schon, was für ihn vorbereitet war. Andrea wurde an jeder Seite von einem Geistlichen gestützt. Beide küßten von Zeit zu Zeit das Kruzifi x, das ihnen der Beichtiger darreichte.
    Franz fühlte, wie ihm bei diesem Anblick die Beine zu wanken begannen; er schaute Albert an. Dieser war weiß wie sein Hemd und warf seine Zigarre, obwohl sie erst zur Hälfte geraucht war, weit von sich. Der Graf allein schien unbewegt zu sein. Ja, es schien sogar, als ob eine leichte Röte die fahle Blässe seiner Wangen färbte. Seine Nase weitete sich wie die eines wilden Tieres, wenn es Blut wittert, und seine geteilten Lippen ließen seine Zähne sehen, die weiß, klein und spitz waren wie die eines

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