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Der Graf von Monte Christo 1

Der Graf von Monte Christo 1

Titel: Der Graf von Monte Christo 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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hätten.«
    »Oh, gnädige Frau, sie haben wenigstens etwas, was alles das ersetzt: den Fanatismus. Napoleon ist der Mohammed des Abendlandes; er ist für alle diese gewöhnlichen, aber im höchsten Grade ehrgeizigen Menschen aus dem Volke nicht nur ein Gesetzgeber und Meister, sondern auch ein Sinnbild, das Sinnbild der Gleichheit.«
    »Der Gleichheit!« rief die Marquise. »Napoleon das Sinnbild der Gleichheit! Und was wollen Sie denn mit Herrn von Robespierre machen? Mir scheint, Sie haben ihm seinen Platz genommen, um ihn dem Korsen zu geben; ich dächte aber, wir hätten an einer Usurpation gerade genug.«
    »Nein, gnädige Frau«, antwortete Villefort, »ich lasse jeden auf seinem Piedestal: Robespierre auf dem Platze Ludwigs XVI., auf seinem Schafott, Napoleon auf dem Vendômeplatz auf seiner Säule; nur hat der eine die Gleichheit gemacht, welche erniedrigt, der andere die, welche erhebt; der eine hat die Könige bis zur Guillotine erniedrigt, der andere das Volk bis zum Th
    ron erhoben. Das soll
    nicht heißen«, fügte Villefort lachend hinzu, »daß beide nicht infa-me Revolutionäre und die Tage, an denen beide abtreten mußten, nicht zwei glückliche Tage für Frankreich wären, würdig, in gleicher Weise von den Freunden der Ordnung und der Monarchie gefeiert zu werden; aber es erklärt auch, weshalb Napoleon, wenn er auch gefallen ist, um sich hoff entlich nie wieder zu erheben, seine begeisterten Anhänger bewahrt hat; hatte doch Cromwell, der nicht halb das war, was Napoleon gewesen ist, auch die seinen!«
    »Wissen Sie, Villefort, daß das, was Sie da sagen, auf eine Meile nach Revolution riecht? Aber ich verzeihe Ihnen; man kann nicht Sohn eines Girondisten sein, ohne daß einem etwas anhaften bleibt.«
    Eine tiefe Röte überzog Villeforts Stirn.
    »Mein Vater war allerdings Girondist, gnädige Frau«, sagte er, »aber mein Vater hat nicht für den Tod des Königs gestimmt, mein Vater war geächtet von derselben Schreckensherrschaft, die Sie ächtete, und es hat nicht viel daran gefehlt, daß er seinen Kopf auf dasselbe Schafott legte, auf dem der Kopf Ihres Vaters gefallen ist.«
    »Ja«, sagte die Marquise, ohne daß diese blutige Erinnerung die geringste Veränderung in ihren Zügen bewirkte; »nur hätten sie dasselbe für gänzlich entgegengesetzte Prinzipien bestiegen, und der Beweis dafür ist, daß meine ganze Familie dem Königshaus treu geblieben ist, während Ihr Vater sich beeilt hat, sich auf die Seite der neuen Regierung zu schlagen, und daß, nachdem der Bürger Noirtier Girondist gewesen, der Graf Noirtier Senator geworden ist.«
    »Liebe Mutter«, sagte Renée, »du weißt doch, daß von diesen häß-
    lichen Erinnerungen nicht mehr gesprochen werden sollte.«
    »Gnädige Frau«, antwortete Villefort, »ich schließe mich dem Fräulein von Saint-Méran an und bitte demütigst um Vergessen der Vergangenheit. Wozu über Dinge reden, die selbst dem Willen Gottes entzogen sind? Gott kann die Zukunft ändern, aber nicht die Vergangenheit. Wir Menschen können, wenn nicht sie ableug-nen, so wenigstens einen Schleier darüber werfen. Nun wohl, ich habe mich nicht nur von den Ansichten, sondern auch von dem Namen meines Vaters getrennt. Mein Vater war oder ist vielleicht jetzt noch Bonapartist und nennt sich Noirtier; ich bin Royalist und nenne mich Villefort. Lassen Sie in dem alten Stamme einen Rest revolutionären Saftes sterben und sehen Sie, gnädige Frau, nur den Sprößling, der von diesem Stamme aufschießt, ohne sich ganz davon ablösen zu können, ich möchte fast sagen, ohne sich ganz von ihm loslösen zu wollen.«
    »Bravo, Villefort«, rief der Marquis, »gut geantwortet! Auch ich habe der Marquise immer Vergessen der Vergangenheit gepredigt, ohne daß ich es je von ihr erlangen konnte; Sie werden hoff entlich glücklicher sein.«
    »Nun wohl denn«, sagte die Marquise, »wir wollen die Vergangenheit vergessen; seien Sie aber wenigstens in Zukunft unbeugsam, Villefort. Vergessen Sie nicht, daß wir uns bei Seiner Majestät für Sie verbürgt haben und daß Seine Majestät auf unsere Empfehlung geruht haben, vergessen zu wollen« – sie reichte ihm die Hand –, »wie ich auf Ihre Bitte vergesse. Nur wenn Ihnen irgendein Verschwörer in die Hände fällt, so denken Sie daran, daß man um so mehr auf Sie aufpaßt, als man weiß, daß Sie aus einer Familie sind, die vielleicht mit diesen Verschwörern in Verbindung steht.«
    »Ach, gnädige Frau«, sagte Villefort, »mein Beruf

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