Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Graf von Monte Christo 1

Der Graf von Monte Christo 1

Titel: Der Graf von Monte Christo 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
Vom Netzwerk:
gewöhnt war, seine Zeit zu verlieren. Nach acht Tagen war das Schiff wieder mit Waren ge-füllt; es handelte sich darum, diese Ladung steuerfrei von Livorno fortzubringen und am Ufer der Insel Korsika auszuschiff en, wo sie von Händlern übernommen und nach Frankreich gebracht werden sollte.
    Man fuhr ab. Als der Patron am anderen Morgen auf Deck kam, was er stets ziemlich früh tat, fand er Dantès auf die Schiff swand gestützt, mit seltsamem Ausdruck eine Masse Granitfelsen betrachtend, die die aufgehende Sonne mit rosigem Licht übergoß; es war die Insel Monte Christo.
    Die »Junge Amalie« ließ sie drei viertel Meilen steuerbord liegen und setzte ihren Weg nach Korsika fort.
    Dantès dachte daran, daß er nur ins Meer zu springen brauche und in einer halben Stunde in diesem gelobten Land wäre. Aber was sollte er dort beginnen, ohne Werkzeuge, um seinen Schatz zu entdek-ken, ohne Waff en, um ihn zu verteidigen? Was würden zudem die Matrosen sagen, was der Patron denken? Er mußte warten. Er hatte vierzehn Jahre auf die Freiheit gewartet und konnte wohl jetzt, da er frei war, ein halbes oder ganzes Jahr auf den Reichtum warten.
    Der Abend kam; Edmund sah die Insel in allen Farben der Dämmerung und für jeden anderen unsichtbar sich in der Dunkelheit verlieren; er aber konnte sie mit seinen an die Dunkelheit des Kerkers gewöhnten Augen noch sehen.
    Am folgenden Tag erwachte man auf der Höhe von Aleria.
    Den ganzen Tag wurde gekreuzt; am Abend leuchteten Feuer an der Küste auf. An der Verteilung dieser Feuer erkannte man jedenfalls, daß man ausladen konnte; denn auf dem Fahrzeug wurde anstatt der Flagge eine Laterne aufgezogen, und man näherte sich bis auf Büchsenschußweite dem Ufer.
    Dantès hatte bemerkt, daß der Patron bei Annäherung an das Land zwei kleine Kanonen aufgestellt hatte, die, ohne viel Geräusch zu machen, eine hübsche Ladung Viertelpfünder auf tausend Schritt senden konnten.
    Für diesen Abend aber war diese Vorsicht überfl üssig; alles ging aufs ruhigste und höfl ichste zu. Vier Boote näherten sich leise dem Schiff , das sein eigenes Boot ins Wasser ließ, und um zwei Uhr morgens war die ganze Ladung der »Jungen Amalie« aufs feste Land geschaff t.
    Noch in derselben Nacht würde der Gewinn verteilt; jeder Mann empfi ng hundert toskanische Pfund, das heißt ungefähr achtzig Franken.
    Aber die Expedition war noch nicht beendet; man fuhr nach Sardinien, um neue Ladung an Bord zu nehmen.
    Diese zweite Unternehmung ging ebenso glücklich vonstatten wie die erste; diesmal war die Ware nach Lucca bestimmt.
    Dort gab es Streit mit den Zollwächtern; einer davon blieb tot auf dem Platze, und zwei Matrosen wurden verwundet. Unter ihnen befand sich Dantès; eine Kugel war ihm durch die rechte Schulter gegangen.
    Jacopo, der ihn, als er ihn fallen sah, für tot gehalten hatte, war auf ihn zugesprungen, hatte ihn aufgerichtet und dann als guter Kamerad gepfl egt.
    Edmunds Wunde schloß sich schnell. Nun wollte er Jacopo versuchen und bot ihm für die empfangene Pfl ege seinen Anteil am Gewinn an; aber Jacopo wies dies voll Unwillen zurück.
    Aus dieser Art Zuneigung, die Jacopo dem jungen Mann vom ersten Augenblick an gewidmet hatte, ergab sich, daß auch Edmund dem Matrosen eine gewisse Teilnahme zuwendete. Aber Jacopo verlangte nicht mehr; er hatte in Edmund instinktmäßig die Überlegenheit über seine Stellung erraten, die dieser den anderen zu verbergen vermocht hatte.
    Während der langen Tage, da das Schiff auf sicherem Meer nur der Hilfe des Bootsmanns am Steuerruder bedurfte, machte nun Edmund mit einer Seekarte in der Hand den Lehrer Jacopos, und wenn dieser ihn fragte: »Wozu soll ein armer Matrose wie ich das alles lernen«, so antwortete Edmund: »Wer weiß? Vielleicht wirst du eines Tages Kapitän eines Schiff es; dein Landsmann Bonaparte ist ja auch Kaiser geworden.«
    Jacopo war nämlich Korse.
    Zwei und ein halber Monat waren schon mit diesen Fahrten verfl ossen. Edmund war ein ebenso geschickter Küstenfahrer geworden, wie er ehemals ein kühner Seemann war; er hatte mit allen Schleichhändlern der Küste Bekanntschaft angeknüpft und kannte alle Freimaurerzeichen, woran sich diese Halbpiraten untereinander erkennen.
    Zwanzigmal war er an der Insel Monte Christo vorübergekom-men, aber kein einziges Mal hatte er Gelegenheit gefunden, dort zu landen.
    Er hatte sich nun vorgenommen, nach Ablauf seines Engagements eine kleine Barke auf eigene Rechnung zu mieten, was er

Weitere Kostenlose Bücher