Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Graf von Monte Christo 2

Der Graf von Monte Christo 2

Titel: Der Graf von Monte Christo 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
Vom Netzwerk:
nete den Schlag, Morrel sprang aus dem Wagen und entfernte sich. Auf der Freitreppe wartete Bertuccio; der Graf ging ihm entgegen. »Nun?« fragte er ihn.
    »Sie wird ihr Haus verlassen«, antwortete Bertuccio.
    »Und ihr Sohn?«
    »Florentin, sein Kammerdiener, meint, daß er das gleiche tun wird.«
    »Kommen Sie.«
    Monte Christo ging mit Bertuccio in sein Arbeitszimmer, schrieb den Brief an Albert und übergab ihn dem Verwalter.
    »Beeilen Sie sich«, sagte er; »vorher lassen Sie Haidee sagen, daß ich zurück bin.«
    »Da bin ich«, sagte das junge Mädchen. Sie war, als sie den Wagen einfahren hörte, heruntergeeilt. Ihr Gesicht strahlte vor Freude, als sie den Grafen wohlbehalten wiedersah. Bertuccio ging.
    Was eine Tochter empfi ndet, die einen geliebten Vater wieder-sieht, was eine Geliebte fühlt, die mit ihrem angebeteten Geliebten wieder vereint ist, all dieses Glück und Entzücken empfand Haidee in den ersten Augenblicken nach der Rückkehr des Grafen, die sie mit solcher Ungeduld erwartet hatte. Monte Christos Freude war nicht weniger groß, wenn er sie auch weniger zeigte. Für Herzen, die lange gelitten haben, ist die Freude das, was der Tau ist für die von der Sonne ausgetrocknete Erde. Herz und Erde nehmen diesen wohltuenden Niederschlag in sich auf, und nichts erscheint davon außerhalb. Seit einigen Tagen begann Monte Christo zu erkennen, was er seit langer Zeit nicht mehr zu glauben gewagt: daß es zwei Mercedes auf der Welt gab, daß er doch glücklich sein könne.
    Plötzlich öff nete sich die Tür. Der Graf zog ärgerlich die Augenbrauen zusammen.
    »Herr von Morcerf!« sagte Baptistin, als ob dieses Wort allein seine Entschuldigung enthielte.
    In der Tat hellte sich das Gesicht des Grafen auf.
    »Welcher?« fragte er. »Der Vicomte oder der Graf?«
    »Der Graf.«
    »Mein Gott!« rief Haidee. »Ist es denn noch nicht zu Ende?«
    »Ich weiß nicht, ob es zu Ende ist, mein geliebtes Kind«, sagte Monte Christo, indem er beide Hände des jungen Mädchens nahm,
    »aber das weiß ich, daß du nichts zu fürchten hast.«
    »Oh, es ist aber der Elende …«
    »Dieser Mann vermag nichts gegen mich, Haidee«, entgegnete Monte Christo; »Anlaß zur Furcht bestand nur, als ich mit seinem Sohn zu tun hatte.«
    »Du wirst nie erfahren, was ich gelitten habe, Herr«, sagte das junge Mädchen.
    Monte Christo lächelte. »Beim Grabe meines Vaters schwöre ich dir«, sagte er, indem er die Hand über das Haupt des Mädchens ausstreckte, »daß, wenn sich ein Unglück ereignet, es mich nicht treff en wird.«
    »Ich glaube dir, Herr, als wenn Gott mit mir spräche«, sagte das Mädchen, indem es dem Grafen seine Stirn bot. Monte Christo drückte auf diese reine und schöne Stirn einen Kuß, der zwei Herzen schlagen machte, das eine ungestüm, das andre heimlich und leise.
    O mein Gott, sagte der Graf für sich, solltest du mir gewähren, daß ich noch lieben kann! – »Lassen Sie den Herrn Grafen von Morcerf in den Salon eintreten«, sagte er zu Baptistin, während er die schöne Griechin zu einer geheimen Treppe geleitete. –
    Morcerfs Besuch hatte einen besonderen Anlaß. Während Mercedes ihre Kleinodien ordnete, ihre Schubladen abschloß und die Schlüssel zusammenlegte, um alles in vollständiger Ordnung zurückzulassen, hatte sie nicht bemerkt, daß ein bleiches, fi nsteres Gesicht an einer zum Korridor führenden Glastür erschienen war, von wo man nicht nur sehen, sondern auch hören konnte. Derjenige, der da hereinsah, sah und hörte alles, was bei Frau von Morcerf vorging, ohne daß er selbst gehört oder gesehen wurde.
    Von der Glastür aus ging der Mann mit dem bleichen Gesicht zum Schlafzimmer des Grafen von Morcerf und hob dort den Vorhang eines Fensters, das zum Hof hinausging. Er blieb da zehn Minuten unbeweglich und stumm stehen, auf das Klopfen seines eignen Herzens hörend. Diese zehn Minuten schienen ihm endlos lang.
    So hatte Albert bei der Rückkehr seinen Vater bemerkt, der auf ihn wartete, und hatte den Kopf abgewandt.
    Das Auge des Grafen erweiterte sich; er wußte, daß die Beleidigung, die Albert dem Grafen von Monte Christo angetan hatte, derartig gewesen war, daß sie einen Kampf auf Tod und Leben nach sich ziehen mußte. Da Albert nun wohlbehalten zurückkehrte, war er, der Graf, also gerächt. Ein Strahl unbeschreiblicher Freude erhellte das fi nstere Gesicht. Aber er wartete vergebens darauf, daß Albert zu ihm käme, um ihm seinen Triumph mitzuteilen. Daß sein Sohn vor dem

Weitere Kostenlose Bücher