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Der Graf von Monte Christo 2

Der Graf von Monte Christo 2

Titel: Der Graf von Monte Christo 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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christlichen Ermahnungen des Priesters, sein überzeugendes mildes Wort dem Greis den Mut zurückgegeben; denn seit dem Augenblick, da er mit dem Abbé allein geblieben war, hatte seine Verzweifl ung einer Ruhe Platz gemacht, die für alle, die sich seiner großen Liebe zu Valentine erinnerten, etwas Überraschendes hatte.
    Villefort hatte den Greis seit dem Morgen des Todestags nicht wiedergesehen. Der ganze Hausstand war erneuert worden: Ein neuer Kammerdiener war für ihn, ein neuer Diener für Noirtier angenommen worden; zwei Mädchen waren in den Dienst der Frau von Villefort getreten, alle, selbst der Portier und der Kutscher, zeigten neue Gesichter. In einigen Tagen stand die Eröff nung der Schwurgerichtssitzung bevor, und Villefort arbeitete, in seinem Zimmer eingeschlossen, mit fi eberhafter Tätigkeit an dem Prozeßmaterial gegen den Mörder Caderousses. Dieser Fall hatte, wie alles, was mit dem Grafen von Monte Christo in Beziehung stand, in der Pariser Welt großes Aufsehen erregt. Die Beweise waren nicht überführend, da sie auf einigen von einem sterbenden Galeerensträfl ing geschriebenen Worten beruhten, die seinen früheren Bagnogefährten beschul-digten, aber auch Haß oder Rachsucht entsprungen sein konnten.
    Der Staatsanwalt jedoch war der Überzeugung, daß Benedetto der Schuldige sei, und er wollte aus dem schwierigen Sieg in dieser Angelegenheit eine der Genugtuungen der Eigenliebe ziehen, die allein imstande waren, sein erstarrtes Herz ein wenig aufl eben zu lassen.
    Die Vorbereitungen zu dem Prozeß gingen also rasch vorwärts, dank der unermüdlichen Arbeit Villeforts, der die nächste Sitzungsperiode des Gerichts damit eröff nen wollte. Der Staatsanwalt muß-
    te sich mehr als je zurückziehen, um die Menge von Gesuchen, die man um Zulassungskarten an ihn richtete, nicht beantworten zu müssen.
    Seit dem Begräbnis Valentines war auch erst so wenig Zeit verfl ossen, der Schmerz des Hauses war noch so neu, daß niemand sich wunderte, den Vater so ganz und gar seiner Pfl icht hingegeben zu sehen, die ihm in seinem Kummer die einzige Ablenkung bot.
    Ein einziges Mal, und zwar am Tag nach dem zweiten Besuch Bertuccios bei Benedetto, als dieser den Namen seines Vaters hatte erfahren sollen, hatte Villefort seinen Vater gesehen. Es war Sonntag, und Villefort war abgespannt in den Garten gegangen, wo er immer auf ein und demselben Weg auf und ab ging, düster, von einem unerbittlichen Gedanken verfolgt.
    Als sich seine Augen mechanisch dem Hause zuwandten, in dem er seinen Sohn lärmend spielen hörte, der aus seiner Pension zu-rückgekehrt war, um den Sonntag und Montag bei seiner Mutter zu verbringen, sah er an einem der geöff neten Fenster seinen Vater.
    Herr Noirtier hatte sich ans Fenster schieben lassen, um die letzten Strahlen der noch warmen Sonne zu genießen, die auf den sterbenden Blumen und vergilbenden Blättern spielte. Das Auge des Greises war auf einen Punkt gerichtet, den Villefort nur undeutlich wahrnahm. Dieser Blick Noirtiers war so gehässig, so wild, so brennend vor Ungeduld, daß der Staatsanwalt, der alle Eindrücke dieses Gesichts, das er so gut kannte, zu deuten vermochte, sich von seinem Weg abwandte, um zu sehen, auf wen dieser vielsagende Blick fi el.
    Da sah er unter einer Gruppe fast schon entblätterter Linden seine Frau mit einem Buch in der Hand sitzen; sie unterbrach von Zeit zu Zeit ihre Lektüre, um ihrem Sohn den Ball wieder zuzuwerfen, den dieser hartnäckig vom Salon in den Garten warf.
    Villefort erblaßte, denn er wußte, was der Greis sagen wollte.
    Noirtier hielt seine Augen immer noch auf denselben Punkt gerichtet; plötzlich aber wandte sich sein Blick von der Frau auf den Gatten, und nun war Villefort selbst dem Angriff dieser blitzenden Augen ausgesetzt, die mit dem Gegenstand auch ihre Sprache gewechselt hatten, ohne jedoch ihren drohenden Ausdruck zu verlieren.
    Frau von Villefort, die von all diesen drohenden Leidenschaften, deren Kreuzfeuer sich über ihrem Kopfe traf, keine Ahnung hatte, behielt in diesem Augenblick den Ball ihres Sohnes und machte diesem ein Zeichen, ihn nebst einem Kusse selbst zu holen; aber Eduard ließ sich lange bitten; die mütterliche Liebkosung schien ihm wahrscheinlich keine genügende Belohnung für die Mühe, die er sich machen würde. Endlich entschloß er sich, sprang aus dem Fenster mitten auf ein Blumenbeet und eilte schweißbedeckt auf seine Mutter zu. Frau von Villefort wischte ihm die Stirn, drückte ihre

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