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Der Graf von Monte Christo 2

Der Graf von Monte Christo 2

Titel: Der Graf von Monte Christo 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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Mauer gezeichnete Meridian, mit dessen Hilfe der Abbé Faria die Stunden gezählt hatte; dann die Reste des Bettes, auf dem der arme Gefangene gestorben war.
    Bei diesem Anblick schwellte ein sanftes und zärtliches Gefühl, ein Gefühl der Dankbarkeit, sein Herz; zwei Tränen fi elen aus seinen Augen.
    »Hier war der irrsinnige Abbé«, sagte der Führer; »von daher hat ihn der junge Mann aufgesucht.« Und er zeigte Monte Christo die Öff nung des Ganges, der auf dieser Seite nicht verschlossen worden war. »Ein Gelehrter«, fuhr er fort, »hat an der Farbe der Steine erkannt, daß die beiden Gefangenen ungefähr zehn Jahre miteinander verbracht haben. Die Ärmsten! Sie haben sich in diesen zehn Jahren sehr langweilen müssen.«
    Dantès nahm einige Louisdors aus der Tasche und reichte sie diesem Mann, der ihn zum zweitenmal bedauerte, ohne ihn zu kennen.
    Der Führer nahm das Geld; als er aber beim Licht der Fackel den Wert der Summe erkannte, sagte er: »Sie haben sich geirrt.«
    »Wieso?«
    »Sie haben mir Gold gegeben.«
    »Ich weiß wohl.«
    »Wie! Sie wissen es?«
    »Ja.«
    »Es ist Ihre Absicht, mir dieses Gold zu geben?«
    »Ja.«
    »Und ich kann es mit gutem Gewissen behalten?«
    »Ja.«
    Der Hausmeister sah Monte Christo voll Staunen an. Er konnte an sein Glück nicht glauben.
    »Mein Herr«, sagte er, »ich verstehe Ihre Freigebigkeit nicht.«
    »Das ist leicht zu verstehen, mein Freund«, antwortete der Graf,
    »ich bin Seemann gewesen, und Ihre Geschichte hat mich mehr als einen anderen rühren müssen.«
    »Da Sie so freigebig sind, mein Herr, verdienen Sie, daß ich Ihnen etwas anbiete«, sagte der Führer.
    »Was hast du mir anzubieten, mein Freund? Muscheln, Stroharbei-ten? Ich danke.«
    »Nein, nein; etwas, was sich auf die Geschichte, die ich Ihnen eben erzählt habe, bezieht.«
    »So!« rief der Graf lebhaft. »Was denn?«
    »Hören Sie«, antwortete der Hausmeister. »Ich habe mir gesagt: Man fi ndet immer etwas in einem Zimmer, wo jemand fünfzehn Jahre gefangen gewesen ist! Und habe mich daran gemacht, die Mauern zu untersuchen.«
    »Ah!« rief Monte Christo, indem er sich des doppelten Verstecks des Abbé erinnerte. »In der Tat!«
    »Bei sorgfältigem Suchen«, fuhr der Hausmeister fort, »entdeck-te ich, daß es am Kopfende des Bettes und unter dem Herd des Kamins hohl klang.«
    »Ja«, sagte Monte Christo, »ja.«
    »Ich nahm die Steine heraus und fand …«
    »Eine Strickleiter, Werkzeuge?« rief der Graf.
    »Woher wissen Sie das?« fragte der Hausmeister erstaunt.
    »Ich weiß es nicht, sondern errate es«, antwortete der Graf; »das sind gewöhnlich die Gegenstände, die man in den Verstecken der Gefangenen fi ndet.«
    »Ja«, sagte der Führer, »eine Strickleiter und Werkzeuge.«
    »Und du hast sie noch?« rief Monte Christo.
    »Nein; ich habe alle diese Kuriositäten an Besucher verkauft; aber ich habe noch etwas.«
    »Was denn?« fragte der Graf voll Ungeduld.
    »Eine Art Buch, das auf Leinwandstreifen geschrieben ist.«
    »Oh«, rief Monte Christo, »das Buch hast du noch?«
    »Ob es ein Buch ist, weiß ich nicht«, antwortete der Hausmeister;
    »aber ich habe es noch.«
    »Hole es mir, mein Freund«, sagte der Graf, »und wenn es das ist, was ich vermute, so sei ohne Sorge.«
    »Ich will’s Ihnen bringen«, sagte der Hausmeister und eilte fort.
    Der Graf kniete vor den Trümmern des Bettes nieder, aus dem der Tod für ihn einen Altar gemacht hatte.
    »Oh, mein zweiter Vater«, sagte er, »du, der du mir Freiheit, Wissenschaft, Reichtum gegeben hast; du, der du kanntest Gut und Bös, nimm mir, wenn nach unserm Tode irgend etwas von uns bleibt, was beim Klang der Stimme derjenigen erbebt, die auf der Erde geblieben sind, nimm mir diesen Rest des Zweifels, der, wenn er sich nicht in Überzeugung verwandelt, zum Gewissensbiß werden wird.«
    Der Graf senkte den Kopf und faltete die Hände.
    »Da, mein Herr!« sagte eine Stimme hinter ihm. Monte Christo erbebte und sah sich um.
    Der Hausmeister hielt ihm jene Leinwandstreifen hin, auf die der Abbé Faria alle Schätze seines Wissens ausgegossen hatte. Dieses Manuskript war das große Werk des Abbé Faria über das Königtum in Italien.
    Der Graf griff begierig danach, und seine Augen fi elen zuerst auf das Motto; er las: »Du wirst dem Drachen die Zähne ausreißen und die Löwen unter die Füße treten, sagt der Herr.«
    »Ah«, rief er, »das ist die Antwort! Dank, Vater, Dank!«
    Er zog eine kleine Brieftasche hervor, die zehn

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